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Septembermann: Lovestory (German Edition)

Septembermann: Lovestory (German Edition)

Titel: Septembermann: Lovestory (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liz Ambros
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schwerwiegenden, aber Ärzte sind auch nur Menschen. Sie können sich irren. Er fühlt sich von Ballast befreit.
     
    *
     
    Peters Farbe weicht aus dem Gesicht.
    „Stefanie, was ist passiert? Sprich!“
    „Stefan hat nach einer kühnen Vorstellung die Bühne des Lebens verlassen.“
    Das Telefon vibriert in Peters Hand, als er ihre theatral ischen Worte vernimmt. Jane, die mithört, umschlingt ihren Bauch, lehnt sich an die Wand, reißt den Mund auf und hält die Finger dagegen.
    „Dein Freund ist tot? Ein böser Traum …“, sie ve rstummt mitten im Satz.
    „Nein! Nein, gib mir Truc, Stefanie!“
    „Boss, es ist bittere Realität“, bestätigt er mit tränenschwerer Stimme.
    „Ich nehme den nächsten Flieger.“ Jane nickt bejahend.
    Peter geht steif eine Hand hinter dem Rücken mit versteinerter Miene lange Schritte über den Parkettboden. Seine Gedanken eilen mit fliegender Hast zum bewegenden Abschied seines Freundes am Flughafen in Saigon.
    Hat er sein nahes, leibliches Ende geahnt? Man hört oft in vergleichbaren Fällen, dass sich Me nschen kurz vor ihrem Tod sonderbar benommen haben.
    Stefan stirbt in Vietnam? Sein Wunsch, mit Stefanie alt zu werden bleibt unerfüllt. Definitiv. Der Sensenmann war schneller. Peter schüttelt entgeistert den Kopf und sackt auf der cognacfarbenen Couch in sich zusa mmen.
     
    Wenn jemand unerwartet stirbt, bleibt den Hinterbliebenen zunächst kaum Zeit das Unausweichliche zu verarbeiten. Sie müssen nüchterne Entscheidungen treffen. Formalitäten. Sterbeurkunde. Bestattungsfragen. Überführung. Zuzüglich erschwert durch ausländische Bestimmungen. Für Doreen, Tino und Ben wird sich mit einem Schlag alles ändern. Keiner spricht mitten im Leben vom Tod. Stefanie schwimmt, unfähig das Geschehene ihrer Familie zu vermitteln.
    „Peter, ich kümmere mich um zwei Flugtickets. Für dich und Doreen?“
    „Ja. Ich fahre zu ihr und überbringe die grausame Nachricht.“
     
    Der Verstand diktiert den Patchworklern, was zu tun ist. Doreen und Peter packen. Cora quartiert sich umgehend in ihrer Zweitwohnung mit Tino und Ben bei Jane ein. Der Große sitzt unbeweglich auf dem Bett und schaut teilnahmslos aus dem Fenster zum Goldfischteich und fixiert eine weiße Seerose, die ihre Knospe strahlend schön geöffnet hat. Der kleine Ben kreischt so laut, dass Struppi und Felix hinter das Sofa flüchten. Seine Kinderseele weigert sich, zu akzeptieren, dass sein Opi gestorben ist.
    „Wann kommt er von seiner Dienstreise zurück?“, will er andauernd wissen und trampelt blindwütig auf den B oden.
    Cora kann seine Gefühlsausbrüche nachempfinden. Sie nimmt ihn tröstend in den Arm und versucht, ihm zu vermitteln, dass das Leben ab und zu Glücksschatten wirft, die keiner abwe hren kann.
    Als Jane ihre Eltern telefonisch von diesem Unglück informiert, reagieren sie minutenlang mit betr etenem Schweigen.
    „Wir fahren morgen früh los und sind am späten Nac hmittag bei euch.“
    Es ist dieser Satz, den sich Jane und Cora wünschen, zu hören. „Danke, Mam , gute Fahrt“, wünscht ihre Tochter.
    Papa Horst wird für Tino und Ben in dieser traurigen Situation eine wichtige Bezugspe rson sein, während ihre Mutter und Oma in Vietnam die behördlichen Dinge regeln. Tino hat sich erst kürzlich in einem schweren, expressiven Prozess von seinem Vater abgenabelt und jetzt dieser nächste familiäre Nackenschlag, der endgültig ist. 
    Doreen wird die Arbeit ablenken. Sie muss den Unterhalt für sich und die Jungs verdi enen, Jens, ihr Geschiedener, zahlt unregelmäßig. Außerdem will sie unabhängig von ihm sein. Tino ist stolz auf seine Mutter, dass sie es allein schafft. Stefanie wird in einem Meer der Verzweiflung versinken, schätzt Peter und überlegt, wie er das abwenden kann.
     
    *
     
    Viele Flugstunden liegen hinter Peter und Doreen, als sie Truc mit hängenden Schultern vom Saigoner Flughafen abholt. Peter fordert ihn auf, ihm die näheren Umstände des Unfalls zu schildern und erfährt, dass Duy, Stefan und Truc während des Tanzabends einen Plan ausheckten. Aus Jux und Tollerei fuhren sie in der Nacht mit dem Schmuggelschiff  nach Kambodscha.
    In den sumpfigen Niederungen der Wasserstraße scha ukelten sie mit dem Motorboot an die Südgrenze, ruderten von Ufer zu Ufer und luden Zigaretten, Alkohol und Elektrogeräte auf ihre Nussschale. Stefan stellte sich als Handlanger zur Verfügung und beherzigte ihre Anweisungen, weil er keine Ahnung von diesen Geschäftspraktiken

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