Septimus Heap 01 - Magyk
und Junge 412 lag im Dunkeln neben ihr.
Jenna setzte sich benommen auf und rieb sich den Hinterkopf, den sie sich angeschlagen hatte. Etwas sehr Seltsames war geschehen. Sie versuchte sich zu erinnern. Es war nicht ihre Flucht vor dem Jäger und auch nicht der Sturz ins Leere. Es war etwas noch Seltsameres. Sie schüttelte den Kopf, um wieder klar denken zu können. Das war es. Jetzt fiel es ihr wieder ein.
Junge 412 hatte gesprochen.
* 35 *
35. Unter der Erde
» D u kannst ja sprechen«, sagte Jenna und rieb sich die Beule am Kopf.
»Klar kann ich sprechen«, erwiderte Junge 412.
»Aber warum hast du es dann nicht getan? Du hast nie ein Wort gesagt. Bis auf deinen Namen. Ich meine, deine Nummer.«
»Mehr sollen wir auch nicht sagen, wenn wir in Gefangenschaft geraten. Dienstgrad und Nummer. Sonst nichts. Und das habe ich getan.«
»Du warst doch gar nicht in Gefangenschaft. Wir haben dich gerettet.«
»Ich weiß. Das heißt, heute weiß ich es. Damals habe ich es nicht gewusst.«
Jenna fand es sehr merkwürdig, sich nach all der Zeit mit Junge 412 zu unterhalten. Und noch merkwürdiger war, dass sie es in einem stockfinsteren Loch taten.
»Wenn wir doch nur Licht hätten«, sagte sie. »Ich muss ständig daran denken, dass der Jäger da oben herumschleicht.« Sie erschauderte.
Junge 412 fasste in seinen Hut, zog den Drachenring heraus und steckte ihn an seinen rechten Zeigefinger. Er passte perfekt. Er legte die andere Hand über den Ring, um ihn zu wärmen und dazu zu bringen, sein goldenes Licht zu spenden. Der Ring sprach darauf an, und ein sanftes Leuchten ging von seinen Händen aus, bis er Jenna, die im Dunkeln zu ihm herübersah, deutlich erkennen konnte. Junge 412 war überglücklich. Der Ring leuchtete heller denn je, und bald saßen sie in einem warmen Lichtkreis auf dem sandigen Boden im Tunnel.
»Das ist ja irre!«, sagte Jenna. »Wo hast du ihn gefunden?«
»Hier unten«, antwortete Junge 412.
»Was? Du hast ihn eben gefunden? Gerade eben?«
»Nein, früher schon.«
»Wann früher?«
»Früher eben – weißt du noch, wie wir uns im Nebel verlaufen haben?«
Jenna nickte.
»Na ja, damals bin ich hier heruntergefallen. Ich dachte, hier kommst du nie wieder raus. Und dann fand ich den Ring. Es ist ein magischer Ring. Er hat zu leuchten angefangen und mir den Weg nach draußen gezeigt.«
So war das also gewesen, dachte Jenna. Jetzt war ihr alles klar. Nicko und sie waren damals stundenlang herumgeirrt und hatten ihn gesucht, und er hatte gemütlich in der Hütte gesessen, als sie endlich durchgefroren und durchnässt nach Hause kamen. Sie hatte doch gewusst, dass er irgendein Geheimnis hatte. Und dann war er die ganze Zeit mit dem Ring herumgelaufen und hatte ihn niemandem gezeigt. Da steckte mehr dahinter.
»Es ist ein schöner Ring«, sagte sie und betrachtete den goldenen Drachen, der sich um seinen Finger wand. »Kann ich ihn mal haben?«
Etwas widerstrebend zog er ihn vom Finger und gab ihn ihr. Sie nahm ihn vorsichtig, doch das Licht begann zu verblassen, und rings um sie wurde es wieder dunkel. Bald war das Licht des Ringes erloschen.
»Hast du ihn etwa fallen lassen?«, fragte Junge 412 vorwurfsvoll.
»Nein«, sagte Jenna, »ich halte ihn noch in der Hand. Aber bei mir funktioniert er nicht.«
»Natürlich funktioniert er. Es ist ein magischer Ring. Komm, gib ihn wieder her. Ich zeige es dir.« Er nahm den Ring, und sofort wurde es im Tunnel wieder hell. »Siehst du, es ist ganz einfach.«
»Für dich vielleicht«, sagte Jenna, »aber nicht für mich.«
»Wieso denn nicht?«, fragte Junge 412 verwirrt. »Das verstehe ich nicht.«
Aber Jenna hatte verstanden. Sie hatte es oft genug erlebt. Nicht umsonst war sie in einer Zaubererfamilie aufgewachsen. Sie wusste nur zu gut, dass sie selbst keine magischen Kräfte hatte, doch sie spürte es genau, wenn ein anderer welche besaß.
»Nicht der Ring hat magische Kräfte«, erklärte sie Junge 412, »sondern du.«
»Ich habe keine magischen Kräfte«, sagte Junge 412. Das klang so bestimmt, dass Jenna nicht widersprach.
»Na egal, auf jeden Fall ist es besser, wenn du den Ring behältst«, sagte sie. »Und wie kommen wir jetzt hier raus?«
Junge 412 steckte sich den Drachenring an und machte sich auf den Weg durch den Gang. Selbstbewusst führte er Jenna um all die Kurven und Biegungen, die ihn beim ersten Mal so verwirrt hatten, bis sie auf dem Treppenabsatz anlangten.
»Aufpassen«, sagte er. »Letztes Mal bin ich da
Weitere Kostenlose Bücher