Septimus Heap 01 - Magyk
auf dem Wasser aufgeschlagen, gingen sie unter wie ein Stein und wurden von der schweren Rüstung auf den schlammigen Grund gezogen. Vor Angst und Kälte nach Atem ringend, hievte sich der Lehrling ans Ufer, schlüpfte unter einen Busch und blieb zitternd dort liegen.
Der Magog beobachtete die Szene ohne jedes erkennbare Interesse. Dann, als der Lärm sich gelegt hatte, suchte er mit seinen langen Armen den schlammigen Grund ab und fischte nacheinander die ertrunkenen Käfer heraus. Er saß zufrieden im Kanu, saugte die Käfer aus und zerkaute sie dann mit seinen scharfen gelben Zähnen samt Rüstung und Schwert zu einem feinen grünen Brei, ehe er sie hinunterschlang.
Der Jäger lächelte und hob den Blick zum Ruderhaus des Hühnerboots. Dass er so leichtes Spiel haben würde, hatte er nicht erwartet. Alle drei waren ihm so gut wie sicher.
»Kommt ihr runter oder soll ich raufkommen und euch holen?«, fragte er kalt.
»Lauf«, zischte Nicko Jenna zu.
»Und was ist mit dir?«
»Mach dir um mich keine Sorgen. Er ist hinter dir her. Hau einfach ab. Los.«
Nicko hob die Stimme und rief dem Jäger zu: »Bitte nicht schießen. Ich komme runter.«
»Nicht bloß du, Kleiner. Ihr kommt alle runter. Das Mädchen zuerst.«
Nicko stieß Jenna weg. »Lauf«, zischte er.
Jenna stand wie angewurzelt da. Auf dem Hühnerboot fühlte sie sich sicher, sie wollte nicht weg. Junge 412 sah das Entsetzen in ihrem Gesicht. Wie oft hatte er sich bei der Jungarmee genauso gefühlt! Da wurde ihm klar: Wenn er Jenna jetzt nicht schnappte, so wie ihn einst Junge 409 geschnappt hatte, um ihn vor den Waldwolverinen zu retten, würde sie sich nicht von der Stelle rühren. Und wenn er sie nicht schnappte, würde der Jäger sie schnappen. Er stieß sie aus dem Ruderhaus, packte sie an der Hand und sprang mit ihr auf der dem Jäger abgewandten Seite vom Boot. Im selben Moment, als sie auf einem Haufen Hühnermist landeten, hörten sie den Jäger fluchen.
»Lauft!«, zischte Nicko.
Junge 412 riss Jenna hoch, aber sie wollte noch immer nicht laufen.
»Wir können Nicko nicht allein lassen«, keuchte sie.
»Ich komm schon zurecht, Jen. Lauf endlich!«, brüllte Nicko, ohne an den Jäger und seine Pistole zu denken.
Am liebsten hätte der Jäger den Jungen auf der Stelle erschossen, aber die Prinzessin war wichtiger als das Zauberergesindel. Und so kam es, dass der Jäger, als Jenna und Junge 412 vom Misthaufen sprangen, über den Drahtzaun kletterten und um ihr Leben liefen, ihnen nachjagte, als gehe es auch um sein Leben.
Ohne Jennas Hand loszulassen, rannte Junge 412 hinter die Hütte und schlug sich in Tante Zeldas Obstbüsche. Gegenüber dem Jäger hatte er den Vorteil, dass er sich auf der Insel auskannte, aber das kümmerte den Jäger nicht. Der wusste genau, wie man eine Beute verfolgte, zumal wenn sie jung und verängstigt war. Wohin konnten die beiden schon flüchten? Es war nur eine Frage der Zeit, bis er sie erwischte.
Junge 412 und Jenna preschten geduckt durch die Büsche und ließen den Jäger, der sich mühsam einen Weg durchs dornige Gestrüpp bahnen musste, weit hinter sich. Doch allzu bald hörten die Büsche auf, und sie gelangten auf die Wiese, die zum Ententeich hinabführte. Hier hatten sie keine Deckung. Im selben Augenblick brach der Mond durch die Wolken, und der Jäger sah seine Beute, die sich deutlich gegen das Marschland abhob.
Junge 412 rannte weiter und zog Jenna hinter sich her, doch der Jäger holte langsam auf, und im Gegensatz zu Jenna, die immer schwerere Beine bekam, wurde er anscheinend nicht müde. Sie liefen um den Ententeich herum und dann den grasbewachsenen Hügel am Ende der Insel hinauf. Dicht hinter sich hörten sie den Jäger. Seine Schritte kamen bedrohlich näher und begannen zu dröhnen, als er den Hügel erreichte und über den hohlen Boden rannte.
Junge 412 lief, Jenna mitschleppend, im Zickzack zwischen den vereinzelten Büschen umher, doch er spürte, dass ihnen der Jäger beinahe so nahe war, dass er Jenna schnappen konnte.
Und dann war der Jäger nahe genug. Mit einem Satz hechtete er nach Jennas Füßen.
»Jenna!«, schrie Junge 412, entriss sie dem Griff des Jägers und sprang mit ihr in ein Gebüsch.
Jenna landete krachend hinter Junge 412 im Gebüsch, aber plötzlich war da kein Gebüsch mehr, und sie purzelte kopfüber in eine dunkle, kalte, endlose Leere.
Ihr Sturz endete jäh auf sandigem Boden. Einen Augenblick später hörte sie neben sich einen dumpfen Aufschlag,
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