Septimus Heap 03 - Physic
fest.«
»Vergiss Ullr nicht«, murmelte Snorri. »Vorausgesetzt, wir sind vor Tagesanbruch dort.«
Nicko ruderte schneller. Er hatte lieber einen Panther auf seiner Seite als eine magere rote Katze. Jenna drehte sich um und blickte zum Palast, der rasch hinter ihnen verschwand. Die erfolglose Durchsuchung des Palastes war nun beendet, und in jedem Raum brannte eine Kerze. Das langgestreckte und niedrige gelbe Gebäude erstrahlte im Lichterglanz, und die frisch verschneite Rasenfläche lag davor wie eine weiße Küchenschürze. Obwohl Jenna wusste, dass sich irgendwo in diesen Mauern Königin Etheldredda aufhielt, dachte sie unwillkürlich, was für einen herrlichen Anblick der Palast doch bot, wenn er mit Leben erfüllt war, und für den Fall, dass sie durch irgendein Wunder doch noch in ihre Zeit zurückkehren sollten, nahm sie sich ganz fest vor, ebenfalls in jedem Raum Licht zu machen – zur Feier des Tages.
Jenna sah zu den Fenstern von Esmeraldas – und ihrem – Zimmer hinauf. »Ich bin froh, dass Esmeralda fort ist«, sagte sie.
»Ich auch«, sagte Septimus.
Jenna wunderte sich. »Kennst du Esmeralda etwa?«, fragte sie.
Septimus nickte. »Sie ist nur mit knapper Not entkommen. Marcellus hat sie durch den Königinnenweg geschleust, wurde aber um ein Haar vom Truchsess dabei erwischt. Dann – und das ist der erfreuliche Teil – hat er ein Stück oberhalb des Palastes ihren Mantel ins Wasser geworfen und alles so eingefädelt, dass ihn ein Lakai weiter unten herausgefischt hat. Alle dachten, sie sei ertrunken, und Etheldredda war hocherfreut, wenn man bedenkt, dass sie, wie Marcellus behauptet, die Absicht gehabt hatte, Esmeralda in den bodenlosen Strudel des Finsterbachs zu werfen.
»Marcellus hat sie gerettet?«, fragte Jenna.
»Er ist schließlich ihr Bruder. Esmeralda hat bei ihm gewohnt, und sie war wirklich nett zu mir. Damals sprach sonst keiner mit mir. Die anderen waren alle neidisch auf mich, weil ich Lehrling wurde und sie nur Schreiber blieben.«
Jenna dachte an das Tagebuch. »Dann war der neue Lehrling also du?«
Septimus nickte. Er hob den Dienstbotenkittel hoch und zeigte Jenna die rot-schwarz-goldene Alchimistentracht, die er darunter trug. »Siehst du? Das Zeug trägt der Alchimielehrling.«
Mit dem nächsten Ruderschlag brachte Nicko das Boot um die nächste Biegung, und der Palast entschwand ihrem Blick. Jetzt näherten sie sich der längst vergessenen Werft auf der Ostseite der Burg. Der Fluss war hier tiefer, als es Nicko aus seiner Zeit gewohnt war, der Wind blies kräftiger, und die Strömung war stark. Das kleine Ruderboot glitt an Dutzenden großen Schiffen vorüber, die zum Überwintern am Ufer vertäut waren. Das gespenstische Wimmern des Winds in der Takelage der Schiffe jagte den Insassen des königlichen Beiboots kalte Schauer über den Rücken, und die langen Raureifbärte, die dem verschlungenen Netz von Tauen gewachsen waren und nun im Mondschein glitzerten wie große silberne Spinnweben, trugen nicht dazu bei, dass ihnen wärmer wurde.
»Ist es noch weit, Sep?«, erkundigte sich Nicko, der beim Atmen in kurzen Abständen warme Wolken in die eisige Luft blies. Er wischte die Schneeflocken weg, die seine Wimpern verklebten.
»Es kann nicht mehr weit sein«, antwortete Septimus und spähte zu den Schutthaufen und Gerüsttürmen, die das Ufer überragten.
»Wenn du noch nie an diesem unterirdischen Fluss warst«, fragte Jenna mit klappernden Zähnen, »woher weißt du dann, wo er ist?«
»Der UnterFluss kommt aus dem Alchimiebogen, Jenna. Wir haben eine Karte an der Wand, die seinen Verlauf zeigt. Ich habe oft stundenlang davor gesessen und die Karte angestarrt. Und über dem Bogen prangt ein goldenes alchimistisches Symbol. Ein Kreis mit einem Punkt in der Mitte. Der Kreis stellt die Erde dar, die sich um die Sonne dreht. Außerdem sind sieben Sterne darum herum. Alchimisten lieben die Zahl sieben – leider!« Septimus seufzte schwer.
»Kopf hoch, Sep«, sagte Jenna. »Wenigstens sind wir jetzt alle wieder zusammen.«
Während Nicko ruderte, blickten die anderen zu der Mauer, die am Ufer emporwuchs, und suchten nach dem alchimistischen Symbol. Aber sie sahen nur Steine, Gerüste und halbfertige Wände, die in den bewölkten Nachthimmel ragten. Nacheinander begriffen Jenna, Septimus und Nicko, was sie da vor sich hatten.
»Sie bauen die Anwanden«, sagte Jenna sehr leise.
»Ich weiß«, erwiderte Nicko. »Komisches Gefühl.«
»Wir sind noch gar nicht
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