Septimus Heap 03 - Physic
einer losen Platte seiner Rüstung herum. »Das können nur Sie wissen, Prinzessin. Und wo, wenn ich fragen darf, waren Sie?«
»Ich war hier, Sir Hereward. Und Sie auch.«
»Aha.«
»Ich war hier, vor fünfhundert Jahren.«
Sir Hereward, der als alter Geist schon zu den durchsichtigeren gehörte, verblasste beinahe vollkommen. Doch er erholte sich so weit, dass er sagen konnte: »Und Sie sind zurück. Wohlbehalten. Und nur zwei Tage sind vorbei. Es ist ein Wunder, Prinzessin Jenna, und mir fällt ein großer Stein vom Herzen. Seit Sie mir gesagt hatten, dass Sie Jenna hießen, machte ich mir Sorgen, dass sie eines Tages spurlos verschwinden würden.«
»Sie haben nie etwas gesagt.«
»Ich dachte mir, dass Sie das lieber nicht wissen wollen. Es ist besser, wenn man nicht weiß, was die Zukunft bringt.« Jenna dachte an Marcellus Pye, der wusste, dass er mindestens fünfhundert kalte und dunkle Jahre allein im Altweg verbringen musste, und sie nickte.
»Ich hätte so viele Fragen zu dem, was in der Vergangenheit geschah, Sir Hereward.«
»Immer nur eine auf einmal, Prinzessin. Ich bin jetzt ein alter Geist, und mein Gedächtnis lässt etwas nach.«
»Dann nur eine für heute: Ist Hugo sicher nach Hause gekommen?«
Sir Hereward blickte verdutzt: »Hugo?«
»Erinnern Sie sich nicht mehr an Hugo?«, fragte Jenna. »Er war bei uns. Na, eigentlich bei Septimus. Er trug die Uniform eines Palastdieners, die ihm viel zu groß war.«
Sir Hereward schmunzelte »Ach ja, ich erinnere mich. Hugo. Seine Mutter freute sich sehr, ihn zu sehen.«
»Da bin ich aber froh. Er war süß.«
»Ja. Er wurde später ein wunderbarer Physikus, und das, so sagte er immer, habe er nur dem jungen Septimus Heap zu verdanken.
Aber ich möchte Sie jetzt nicht länger aufhalten. Sie werden in Ihr Zimmer gehen und sich ausruhen wollen.«
Jenna schüttelte den Kopf. Die Erinnerung an die kleinen Prinzessinnen, die hinter der Wandverkleidung weinten, war noch zu frisch. »Nein, noch nicht, danke, Sir Hereward. Ich werde mich noch an den Fluss setzen.«
Die Herbstsonne hatte die alten Planken des Landungsstegs erwärmt, und Jenna, durch Billy Pots Drachenmisthaufen angenehm vor dem Wind geschützt, saß mit Ullr auf dem Schoß da und ließ ihre Füße in das überraschend warme Wasser des träge fließenden Flusses baumeln. Neben ihr stand eine blau-weiße Untertasse mit zerdrückten Maiskörnern, und an dem Mais knabberte eine kleine, nackte Ente. Während Jenna zusah, wie der Mais nach und nach in dem Entchen verschwand, wurden ihr die Lider schwer, und die Decken und Kissen, die sie aus Sarah Heaps Salon mitgebracht hatte, schienen unwiderstehlich.
So kam es, dass Alice Nettles und Alther Mella einige Zeit später, als sie mit dem Boot der Oberzollinspektorin am Landungssteg des Palastes anlegten, einen gleichmäßig atmenden Haufen Häkeldecken vorfanden, auf dem oben drauf eine rote Katze mit schwarzer Schwanzspitze und eine kleine, stoppelige Ente schliefen.
»Das ist Jenna!«, rief Alice, die Jennas dunkles Haar und das goldene Diadem erkannte. »Wie kommt sie denn hierher?«
»Bist du sicher?«, fragte Alther, der es nicht glauben konnte. Er war mit Alice in den Palast gekommen, um den Eltern die schreckliche Nachricht von Jennas und Nickos Verschwinden zu überbringen. Eigentlich hatte er alleine herfliegen wollen, aber Alice hatte darauf bestanden, ihn zu begleiten, und so war er dem Zollboot auf seiner langen Fahrt den Fluss hinauf gefolgt, in banger Furcht vor dem Augenblick, da er den Eltern die Wahrheit sagen musste.
»Überzeuge dich selbst.« Alice lächelte. »Sie schläft tief und fest.«
Sanft blies Alther die Decke von Jennas Gesicht und überzeugte sich selbst. Jenna regte sich unter seiner zarten Berührung, schlief aber erschöpft weiter.
»Am besten, wir lassen sie schlafen«, sagte Alice. »Es ist ein warmer Nachmittag, und es wird ihr nicht schaden.«
»Merkwürdige Enten haben sie hier«, sagte Alther, als er mit Alice über den sonnenüberfluteten Rasen zum Palast ging. »Muss wohl eine neue Züchtung sein.«
* 48 *
48. Der Sendezauber
D i e Schatten auf dem Rasen wurden länger, und Jenna schlief noch immer zusammengerollt unter ihren Decken. Ein Stück entfernt saßen Alther und Alice, die im Palast nach Silas und Sarah Heap gesucht, aber weder ihn noch sie gefunden hatten, im Gras, blickten von Weitem auf den Fluss und unterhielten sich leise. Auf der anderen Seite des Palastes kamen Marcia
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