Septimus Heap 03 - Physic
ans Licht.
»Aaaah!« Er fuhr in die Höhe, setzte sich kerzengerade hin und nahm den tiefsten Atemzug seines Lebens. Und dann noch einen und noch einen und noch einen.
»Sep, geht es dir gut?« Jenna klopfte ihm den Rücken. »Kriegst du wieder Luft?«
»Aah ... aah ... aah ...« Septimus pumpte sich noch ein paar Mal die Lungen voll.
»Alles in Ordnung, Sep. Du bist hier in Sicherheit.«
»Ah ...« Septimus kniff die Augen zusammen und sah sich um. Er saß auf dem Fußboden in einem kleinen Salon im hinteren Flügel des Palastes. Es war ein gemütliches Zimmer. Im Kamin flackerte ein Feuer, und auf dem Kaminsims brannten jede Menge dicke Kerzen, die unablässig auf die Platte darunter tropften. Der Salon hatte einst zu den Lieblingsräumen Königin Etheldreddas gehört, die dort jeden Nachmittag gesessen, ein Gläschen Honigwein getrunken und erbauliche Geschichten gelesen hatte. Inzwischen war es Sarah Heaps Zimmer. Auch sie saß jeden Nachmittag dort. Nur trank sie Kräutertee und las Liebesromane, die sie sich von ihrer Freundin Sally Mullin borgte. Königin Etheldredda hielt nichts von Sarah Heaps Einrichtungsgeschmack, und schon gar nichts von Liebesromanen. Und die allgemeine Unordnung im Salon war in ihren Augen eine Schande, aber was konnte sie schon tun? Geister mussten sich mit den Unarten der Lebenden abfinden.
Die Königin hatte ihren üblichen missbilligenden Ausdruck im Gesicht, als sie den tropfnassen Septimus betrachtete. Er saß dampfend in einer Pfütze schlammigen Wassers am Feuer und roch deutlich nach Burggraben. Etheldredda saß auf dem einzigen Stuhl, der aus ihrer Zeit als Königin noch geblieben war. Es war ein unbequemer Holzstuhl mit gerader Lehne, den Sarah schon seit Längerem ausrangieren wollte. Silas hatte vor ein paar Tagen ein angebissenes Schinkensandwich auf dem Sitz liegen gelassen, und darauf thronte Königin Etheldredda nun wackelig.
»Ich vertraue darauf«, sagte sie und durchbohrte Septimus mit einem stechenden Blick, »dass du deine Lektion gelernt hast, junger Mann.« Septimus hustete ein paar schleimige Grabentangblätter aus und spuckte sie auf den Teppich.
»Pünktlichkeit ist eine Zier«, verkündete Königin Etheldredda. »Unpünktlichkeit ist ein Laster. Lebt wohl.« In sitzender Position verharrend, schwebte sie von ihrem Stuhl ein, zwei Meter in die Höhe, warf einen angewiderten Blick auf das Schinkensandwich und entschwand durch die Decke. Ihre Füße, die in reich bestickten und extrem spitzen Schuhen steckten, baumelten noch zwei oder drei Sekunden lang über Jenna und Septimus, ehe sie ganz langsam verblassten.
»Glaubst du, sie ist fort?«, flüsterte Jenna, nachdem sie sicherheitshalber etwas Zeit hatte verstreichen lassen. Septimus stand auf, um die Zimmerdecke genauer in Augenschein zu nehmen, doch plötzlich flog ihm der Fußboden entgegen, es gab einen dumpfen Schlag, und er lag auf Sarah Heaps Lieblingsflickenteppich. Jenna blickte besorgt. »Du bleibst heute Nacht besser hier. Ich schicke eine Botenratte zu Marcia, damit sie Bescheid weiß.«
Septimus stöhnte. Marcia. Er hatte Marcia ganz vergessen. »Vielleicht solltest du sie lieber nicht wecken«, schlug er vor. »Wer weiß, ob du überhaupt eine Botenratte bekommst. Am besten, ich sage es ihr morgen früh.« Marcia war glatt zuzutrauen, dass sie sofort in den Palast herüberkam und Auskunft von ihm verlangte, was er eigentlich trieb. Und das war eine Frage, die er im Moment nicht so leicht beantworten konnte.
»Geht es dir gut, Sep?«, fragte Jenna.
Septimus nickte, und sofort begann sich das Zimmer zu drehen. »Was ist passiert, Jenna?«, fragte er. »Wie komme ich hierher?«
»Du bist in den Burggraben gefallen – behauptet jedenfalls Königin Etheldredda. Sie sagt, es sei deine eigene Schuld gewesen. Außerdem hättest du dich verspätet. Du könntest von Glück sagen, dass sie zufällig in der Schlangenhelling war und dich gerettet hat ... dich reklamiert hat, wie sie es nennt. Was immer das bedeuten mag.«
»Äh ... das habe ich erst letzte Woche gelernt. Nur kann ich mich nicht erinnern. Mein Gehirn funktioniert nicht richtig.«
»Ist doch kein Wunder. Du wärst fast ertrunken.«
»Ich weiß. Aber ich möchte mich erinnern. Manchmal, wenn jemand beinahe ertrunken ist, funktioniert sein Gehirn hinterher nicht mehr richtig. Was ist, wenn mir das passiert, Jenna?«
»Sei nicht albern, Sep. Ich finde, dein Gehirn ist völlig in Ordnung. Du bist nur müde und
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