Septimus Heap 03 - Physic
durchgefroren.«
»Aber ... oh, jetzt fällt es mir wieder ein!«, rief er plötzlich. »Es stand in der neusten Ausgabe des Geisterführers. Genau. Reklamieren: die Beförderung von lebenden Wesen durch Geister zu dem Zweck, sie in eben jenem, nämlich lebenden Zustand, zu erhalten. Äh ... das kann die Rettung aus einer unmittelbaren, lebensbedrohlichen Gefahr sein oder auch eine in die Zukunft gerichtete Maßnahme, die die Begegnung mit einer nahenden Gefahr verhindern soll. Der Fall, von dem am häufigsten berichtet wird: Jemand wird von Geisterhand zur Seite gestoßen und auf diese Weise davor bewahrt, von einem durchgehenden Pferd niedergetrampelt zu werden. Na bitte, mein Gehirn funktioniert noch.« Septimus schloss die Augen und machte ein erleichtertes Gesicht.
»Was denn sonst«, sagte Jenna beschwichtigend. »Aber du bist patschnass, Sep. Ich hole dir trockene Sachen. Ruh dich aus, ich suche inzwischen die Nachtputzfrau.«
Sie schlich auf Zehenspitzen hinaus und ließ Septimus auf dem Teppich dösend zurück. Königin Etheldredda passte Jenna draußen vor der Tür ab.
»Ah, Enkeltochter«, sagte sie mit ihrer hohen, durchdringenden Stimme.
»Was ist?«, fragte Jenna gereizt.
»Wie geht es deinem lieben Adoptivbruder?«
»Meinem Bruder geht es gut, danke der Nachfrage. Würde es Ihnen etwas ausmachen, mich vorbeizulassen? Ich möchte ihm ein paar trockene Sachen holen.«
»Deine Manieren lassen zu wünschen übrig, Enkeltochter. Du weißt, dass ich dem Jungen das Leben gerettet habe.«
»Ja. Vielen Dank. Das war ... sehr nett von Ihnen. Aber dürfte ich jetzt bitte vorbei?« Jenna versuchte, seitlich an dem Geist vorbeizuschlüpfen, denn sie wollte nicht durch ihn hindurchgehen.
»Nein, darfst du nicht.« Königin Etheldredda trat vor sie hin und versperrte ihr den Weg. Ihre Züge nahmen einen frostigen Ausdruck an. »Ich habe dir etwas zu sagen, Enkeltochter, und ich rate dir, gut zuzuhören. Wenn du es nämlich nicht tust, wird dein Adoptivbruder sehr darunter zu leiden haben.«
Jenna hielt inne – sie wusste, was eine Drohung war. Die Königin beugte sich zu ihr herunter, und eine Eiseskälte erfüllte die Luft. Dann flüsterte sie ihr ins Ohr, und Jenna wurde so kalt wie in ihrem ganzen Leben noch nicht.
* 9 *
9. Die geplatzte Prüfung
» A l ther, was soll das heißen, er hat im Palast übernachtet?«, rief Marcia am nächsten Morgen in aller Frühe. »Weshalb denn?«
»Nun ja ... äh ...«, antwortete Alther verlegen, »das ist ein bisschen kompliziert, Marcia«.
»Ist es das nicht immer, Alther?«, raunzte Marcia. »Ist Ihnen klar, dass er seine Prüfung im Zukunftsvorhersagen versäumt, wenn er nicht bald erscheint?«
Marcia Overstrand saß an ihrem Schreibtisch in der Pyramidenbibliothek oben im Zaubererturm. Die Bibliothek wirkte düster im fahlen Morgenlicht, und die wenigen Kerzen, die Marcia entzündet hatte, begannen zu flackern, als sie ärgerlich die Prüfungsunterlagen auf den Tisch plumpsen ließ. Ihre grünen Augen funkelten zornig, während Alther Mella an den Regalen entlangschwebte und sich einige Lieblingsbücher genau beguckte.
»Das ist sehr unangenehm, Alther. Ich habe gestern den ganzen Tag damit zugebracht, die Prüfung im Zukunftsvorhersagen vorzubereiten. Sie muss vor 7.07 Uhr beginnen. Jeder spätere Zeitpunkt ist ausgeschlossen, weil dann ja alles, was er vorhersagen soll, schon angefangen hat zu passieren – und dann ist es nur noch Telepathie und Erkenntnis, und darum geht es hier nicht!«
»Gönnen Sie dem Jungen eine Pause, Marcia. Er ist letzte Nacht in den Burggraben gefallen und ...«
»Er ist was?«
»In den Burggraben gefallen. Ich finde wirklich, Sie sollten die Prüfung verschieben ...«
»Wieso ist er in den Burggraben gefallen, Alther?«, fragte Marcia argwöhnisch.
Darauf bedacht, das Thema zu wechseln, schwebte Alther zu Marcia zurück und setzte sich gemütlich auf die Schreibtischecke. Er wusste, dass er es später bereuen würde, und dennoch konnte er sich nicht verkneifen zu bemerken: »Tja, vielleicht hätten Sie vorhersagen müssen, dass so etwas passieren würde, dann hätten sie für die Prüfung einen späteren Termin angesetzt.«
»Das finde ich überhaupt nicht lustig«, bellte Marcia und blätterte in ihren Papieren. »Aber ich muss sagen, dass Ihr Verhalten schrecklich vorhersagbar wird, Alther. Vorhersagbar kindisch. Sie bringen viel zu viel Zeit damit zu, mit Septimus herumzufliegen und damit anzugeben. Und das in
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