Septimus Heap 04 - Queste
nicht...«
»Du hast nicht zu denken, Mädchen. Du hast nur zu tun, was dir gesagt wird. Ich möchte, dass für die Prinzessin und ihren Vertrauten ein Tipi vorbereitet wird. Morgen früh werden wir es brauchen.«
»Ach. Dann wird sie wirklich ...«
»Hör auf zu plappern. Und vergiss nicht, das Tipi zu sichern.«
Bryony machte einen unbeholfenen Knicks und eilte davon. Wie sicherte man ein Tipi?, fragte sie sich. Wie nur?
Ephaniah wurde übel – jetzt wusste er, was Morwenna am Morgen von ihm verlangen würde. Deshalb der Schlummertrunk, wie sie ihn genannt hatte. Der sollte dafür sorgen, dass er bis dahin Ruhe hielt. Ephaniah verfluchte sich. Was war er nur für ein einfältiger Narr gewesen. Er hatte ein Versprechen gegeben, das er gar nicht halten konnte. Leise schlich er zu dem anderen Gästetipi, in dem Jenna, Septimus und Beetle schliefen. Ihm schwirrte der Kopf. Was sollte er ihnen sagen?
Als er entdeckte, dass das Tipi leer, war er erleichtert – aber die Erleichterung hielt nicht lange an. Bald plagten ihn alle möglichen Befürchtungen. Wo waren sie hin? Warum hatten sie ihm nicht Bescheid gesagt? Hatten sie kein Vertrauen zu ihm? Hatte er im Schlaf ihre Hilferufe nicht gehört? Noch ganz benommen humpelte er aus dem Sommerzirkel und den gewundenen Pfad hinab. Sein weißes Gewand leuchtete im Mondlicht so hell, dass Bryony ihn bemerkte. Doch sie traute sich nicht, der Hexenmutter etwas zu sagen, was sie aufregen könnte. Gleich darauf war Ephaniah im Wald verschwunden und schlug humpelnd – und unbehelligt von den Nachtgeschöpfen des Waldes, die Riesenratten lieber mieden – den Weg zur Burg ein.
Im Morgengrauen stand er am Burggraben und sah zu, wie Gringe die Zugbrücke herunterließ. Er bezahlte seinen Silberpenny und humpelte durch, ohne Gringes aufdringlich neugierige Blicke zu bemerken.
»In meinem Beruf bekommt man allerhand zu sehen«, sinnierte Gringe später, während er zusah, wie Mrs. Gringe zum Frühstück den Eintopf vom Vorabend aufwärmte. »Heute Morgen habe ich eine riesige Ratte gesehen. Mit Brille.«
Mrs. Gringe brach mit der Gewohnheit, ihrem Mann nicht zuzuhören. Sie hielt im Rühren inne und spähte in die braunen Tiefen des Kochtopfs. »Die Pilze kamen mir gleich so merkwürdig vor«, sagte sie.
»Was für Pilze?«, fragte Gringe verwirrt.
»Gestern Abend. Sie hatten so eine komische Farbe. Ich selbst habe keine gegessen.«
»Aber mich hast du sie essen lassen?«
Mrs. Gringe zuckte mit den Schultern und schöpfte Gringes Teller voll. »Besser, du liest die Pilze heraus.«
»Nein danke«, erwiderte Gringe, stand auf und stapfte zur Zugbrücke zurück. Gegen Mittag sagte er sich, dass die Wirkung der Pilze wohl langsam nachließ. Abgesehen davon, dass er gesehen zu haben glaubte, wie Lucy um die Ecke spähte – was ihn völlig außer Fassung brachte –, hatte er keine weiteren Erscheinungen.
Ephaniahs düstere Stimmung wurde nicht besser, als er an diesem Morgen ins Manuskriptorium zurückkehrte und den neuen Empfangsangestellten dort sitzen sah, die Füße auf dem Tisch und mit offenem Mund eine schwarze Schlange – sein Frühstück – kauend. Merrin glotzte den Konservator nur unverschämt an und kaute weiter. Es kam nicht häufig vor, dass Ephaniah das Sprechvermögen vermisste, aber als er sah, wie der Schwanz der Schlange geräuschvoll im Mund des Burschen verschwand und wie dessen Stiefel den Schreibtisch zerkratzten, den Beetle jeden Morgen liebevoll poliert hatte, überkam ihn das unwiderstehliche Verlangen zu brüllen: Nimm die Füße vom Tisch!
Und dann plötzlich war er froh, dass er nicht sprechen konnte. Denn noch während er erbost auf das anstößige Stiefelpaar starrte, bemerkte er, dass an der Sohle des rechten Stiefels ein kleines rundes Stück Papier klebte. Sein Instinkt, geschärft durch jahrelanges Zusammenfügen von Dingen, sagte ihm, dass dieser Schnitzel zu etwas gehörte, und er war sich auch ziemlich sicher, zu was. Während er sich den Stiefeln näherte, huschte ein Ausdruck von Angst über Merrins Gesicht – was führte der Rattenmann im Schilde? Dann ging alles blitzschnell. Plötzlich hielt Ephaniah den Papierschnitzel in der Hand, und Merrin sprang auf und schrie: »Gehen Sie weg von mir, Sie Verrückter!«
Während der Empfangsangestellte die Reste der Schlange wieder heraushustete, stürmte Ephaniah in den Keller, schlug die mit grünem Stoff bezogene Tür hinter sich zu und sperrte ab. Und als er dann seinen Fund genauer
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