Septimus Heap 04 - Queste
Boden hoch und setzte ihn oben auf ihren Rucksack, von wo er, etwas wacklig thronend, mit missbilligender Miene in die Runde blickte. Schlitternd und leicht nach vorn gebeugt, um die Rucksäcke auszubalancieren, setzten sie ihren Weg fort. Bald wiegten sie sich im gleichmäßigen Rhythmus eines Schlittschuhläufers und nahmen auf dem glatten Eis Tempo auf.
Der Fluss wurde breiter, und als sie den tiefer gelegenen Teil des Tales erreichten, sah Septimus, der vorneweg lief, plötzlich eine riesige weiße Nebelwand vor ihnen emporragen. Er hielt sofort an und wurde von Beetle gerammt, und gleich darauf von Jenna und Ullr, der unter lautem Miauen aufs Eis purzelte.
»Autsch!«, rief Beetle, rappelte sich auf und klopfte sich die Kleider ab. »Du hättest uns warnen können, bevor du die Bremse ziehst.«
»Dazu blieb keine Zeit«, erwiderte Septimus. »Seht mal da.« Er deutete auf den Nebel.
Beetle pfiff durch die Zähne. »Wo kommt der denn her?«
»Den habe ich auch gesehen«, sagte Jenna. »Aber ich dachte, das sei Schnee.«
Das stimmte – die Nebelwand hatte genau dieselbe Farbe wie der Schnee. Sie erstreckte sich von links nach rechts, so weit das Auge reichte, und verschmolz übergangslos mit dem weißgrauen Schneehimmel. Jenna konnte Nebel nicht leiden. Er erinnerte sie immer daran, wie sie am Rand der Marram-Marschen einmal in einem magischen Nebel saß und dem Klicken einer Pistole lauschte, die aus wenigen Metern Entfernung auf ihr Herz zielte. »Ob das Gespenst da drin ist und uns auflauert?«, flüsterte sie.
»Nein«, antwortete Beetle. »Seht, da drüben – das Gespenst hat den Nebel früher bemerkt als wir. Das sind seine Fußabdrücke.« Die Spur des humpelnden Gespenstes bog vom Fluss ab, schlug einen Haken und verschwand ein Stück den Hügel hinauf unter Bäumen.
Sie waren noch mit ihrer Umgebung beschäftigt, als ein dumpfes Rumpeln die Erde erbeben ließ. Etwas kam durch den Nebel auf sie zu. »Hört ihr das?«, fragte Jenna mit weit aufgerissenen Augen und erbleichte.
Septimus und Beetle nickten.
»Wegrennen?«, fragte Beetle, der durch die Sohlen seiner Stiefel spürte, wie der Boden zitterte. »Sofort?«
»Wohin denn?«, fragte Jenna und schaute sich um. Für ihren Geschmack sah es nirgends vertrauenerweckend aus.
Septimus schüttelte den Kopf. »Nein ... nein. Das geht vorüber. Hört doch. Es hat aufgehört. Was es auch gewesen sein mag.«
»Was es auch gewesen sein mag«, grummelte Beetle, »ich wäre ihm nicht gern in die Quere gekommen.«
Oben auf dem Hügel, gar nicht weit entfernt, blieb das Gespenst stehen und blickte hinab auf die drei Gestalten, die unschlüssig am Rand der Nebelbank standen. Es schnitt eine Grimasse und verzerrte Ephaniahs Rattengesicht zu einer boshaften Fratze. Nur ein paar arglose Schritte weiter, dachte es, und der Auftrag wäre erledigt gewesen. Sei’s drum – sollten sie ihr Glück eben bei den Foryx auf dem Pfad am Rande des Abgrunds versuchen. Und wenn sie auch den Foryx entgehen sollten, würde es genau das tun, was ihm sein neuer Meister befohlen hatte. Das Gespenst hatte Respekt vor seinem neuen Meister. Unbeholfen wandte es sich ab und stapfte durch den Schnee davon – langsam hatte es genug von diesem schwerfälligen Körper, den es sich aufgebürdet hatte.
Unten auf dem zugefrorenen Fluss betrachtete Septimus den Kompass und schüttelte ihn gereizt. »Mist, Mist, Mist... hör auf!« Doch die Nadel schenkte seinen Worten keine Beachtung und drehte sich weiter wie wild im Kreis. »Jenna«, schlug er vor, »werfen wir lieber einen Blick in die Karte. Ich glaube, wir sind am Rand des Lochs angekommen.«
»Im wahrsten Sinn des Wortes«, brummte Beetle und schluckte. »Seht mal da!« Die Nebelbank bestand aus wallenden, wirbelnden Schwaden, die von unten nach oben stiegen und sich unentwegt gegeneinander verschoben, sodass der Nebel an manchen Stellen sehr dicht wurde und an anderen beinahe aufriss – und durch eine solche lichte Stelle hatte Beetle gesehen, dass der gefrorene Fluss nur ein paar Schritte weiter zu einem Eiswasserfall wurde und über den Rand eines Abgrunds stürzte.
»Oh ...« Septimus taumelte und schloss die Augen. Ein schreckliches Schwindelgefühl schoss von seinen Fußsohlen nach oben in seinen Kopf. Alles begann sich um ihn zu drehen.
Beetle und Jenna traten vorsichtig näher und spähten über den Rand. Nebel wirbelte herauf und rankte sich mit langen Armen um ihre Füße, dass ihnen die Kälte bis ins Mark drang.
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