Septimus Heap 05 - Syren
Sir. Keine ... keine Menschenseele, Sir, und das ist die Wahrheit, Sir, ehrlich.«
»Schon gut, schon gut, ich glaube dir. Wann wird sie hier sein?«
»Morgen, Sir.«
Milo nickt beifällig und reicht dem Mann einen kleinen Beutel mit Geldstücken. »Für deine Bemühungen. Den Rest bei Lieferung. Bei pünktlicher und diskreter Lieferung.«
»Vielen Dank, Sir.« Der Mann verbeugt sich, und im nächsten Moment hat ihn die Dunkelheit verschluckt.
Milo lässt den Blick über sein verdutztes Publikum gleiten. »Nur eine kleine Anschaffung. Etwas ganz Besonderes für meine Prinzessin.« Er lächelt Jenna stolz an.
Jenna lächelt halb zurück. Irgendwie mag sie Milos Art – und irgendwie auch wieder nicht. Es ist sehr verwirrend.
Später, als sie an Milos Schiff, der Cerys, ankommen, ist Jenna weniger verwirrt – die Cerys ist das schönste Schiff, das sie je gesehen hat, und selbst Nicko muss zugeben, dass es besser ist als der stinkende Fischerschuppen.
* 1 *
1. Beförderung
S e ptimus Heap, Außergewöhnlicher Lehrling, erwachte, als seine Hausmaus einen Brief für ihn auf sein Kopfkissen legte. Schlaftrunken öffnete er die Augen, und mit einem Gefühl der Erleichterung erinnerte er sich, wo er war – wieder in seinem Zimmer oben im Zaubererturm. Queste beendet. Und dann fiel ihm ein, dass Jenna, Nicko, Snorri und Beetle noch nicht wieder zu Hause waren. Er setzte sich auf, mit einem Mal hellwach. Ganz gleich was Marcia sagte: Heute würde er hinfliegen und sie zurückholen.
Er griff nach dem Brief und wischte ein paar Mäusekötel von seinem Kissen. Vorsichtig faltete er das kleine Stück Papier auseinander und las:
KANZLEI MARCIA OVERSTRAND,
AUSSERGEWÖHNLICHE ZAUBERIN.
Septimus, ich würde dich gern um Punkt zwölf in meinem Studierzimmer sprechen. Ich hoffe, es passt dir.
Marcia
Septimus stieß einen leisen Pfiff aus. Seit fast drei Jahren war er jetzt Marcias Lehrling, aber noch nie hatte er eine Verabredung mit ihr gehabt. Wenn Marcia ihn zu sprechen wünschte, unterbrach sie ihn gewöhnlich bei dem, was er gerade tat, und fing einfach an zu reden. Und Septimus musste augenblicklich innehalten und zuhören.
Heute aber, am zweiten Tag nach seiner Rückkehr von der Queste, schien es, als hätte sich etwas verändert. Während er den Brief ein zweites Mal las, nur um sicherzugehen, drang von fern der Glockenschlag der Turmuhr im Tuchhändlerhof durchs Fenster. Er zählte die Schläge – elf – und atmete erleichtert auf. Es wäre nicht gut, wenn er zu seiner allerersten Verabredung mit Marcia zu spät käme. Er hatte lang geschlafen, aber auf Marcias Geheiß. Außerdem hatte sie zu ihm gesagt, dass er die Bibliothek heute Morgen nicht sauber zu machen brauche. Er betrachtete den regenbogenfarbenen Sonnenstrahl, der durch die lila Fensterscheibe blinzelte, schüttelte den Kopf und grinste – daran könnte er sich gewöhnen.
Eine Stunde später, bekleidet mit der neuen grünen Lehrlingstracht, die im Zimmer für ihn bereitgelegen hatte, klopfte Septimus höflich an Marcias Tür.
»Komm herein, Septimus«, drang Marcias Stimme durch das dicke Eichenholz. Er stieß die knarrende Tür auf und trat ein. Marcias Studierzimmer war ein kleiner getäfelter Raum mit einem großen Schreibtisch unter dem Fenster und einem Hauch Magie in der Luft, der Septimus auf der Haut kribbelte. An den Wänden reihten sich Regale, die überquollen von abgegriffenen, in Leder gebundenen Büchern, vergilbten, mit lila Bändern verschnürten Papierbündeln und unzähligen braunen und schwarzen Glasgefäßen, deren Inhalt so alt war, dass nicht einmal Marcia recht wusste, was sie damit anfangen sollte. Zwischen den Gläsern entdeckte Septimus etwas, was der ganze Stolz und die ganze Freude seines Bruders Simon war – einen schwarzen Kasten, auf dem in der kringeligen Schrift der Heaps Spürnase stand. Septimus warf verstohlen einen Blick aus dem hohen, schmalen Fenster. Er liebte die Aussicht aus Marcias Fenster – ein atemberaubendes Panorama über die Dächer der Burg hinüber zum Fluss und weiter bis zu den grünen Hängen der Ackerlande. In weiter, weiter Ferne schimmerten verschwommen die blauen Vorberge der Ödlande im Dunst.
Marcia saß hinter dem Schreibtisch auf ihrem sehr abgewetzten – aber sehr bequemen – großen lila Stuhl. Sie bedachte ihren Lehrling, der heute ungewöhnlich gut gekleidet war, mit einem liebevollen Blick und lächelte.
»Guten Tag, Septimus«, sagte sie. »Setz dich doch.« Sie
Weitere Kostenlose Bücher