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Serafinas später Sieg

Serafinas später Sieg

Titel: Serafinas später Sieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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mehr so schlimm.«
    Auf dem Gang wurden Schritte laut. »Schwester Bonaventura!« flüsterte Maria – und jetzt sah sie zum ersten Mal ängstlich aus.
    Constanza hatte bereits ihren schwarzen Spitzenschal abgenommen und drapierte ihn über das fleckige Oberteil des Kleides ihrer Tochter. »Nichts mehr zu sehen«, lächelte sie. »Ich werde Schwester Bonaventura sagen, daß ich dich mit in die Stadt nehme, um dir ein neues Kleid schneidern zu lassen. Und dann«, fügte sie mit erzwungener Strenge hinzu, »wirst du mir ausführlich von Schwester Esmeralda berichten, von euren Ausflügen zu den Docks – und über den Mann, der dir die Kahvehbohnen geschenkt hat.«
    Thomas setzte Mutter und Tochter beim Schneider ab, er hatte wichtigere Dinge im Kopf als Faltenwurf, Spitzenbesätze, Borten und Ärmelschnitt. Zwischen dem Maßnehmen und der Anprobe gelang es Constanza, ihrer Tochter einen einigermaßen vollständigen Bericht ihrer Erlebnisse zu entlocken, und sie kam zu der Überzeugung, daß Marias Ausflüge nur gelegentliche Fluchten aus der Eintönigkeit bekannter Gesichter und bekannter Umgebung waren. Nichtsdestoweniger nahm sie dem Mädchen das Versprechen üb, nie alleine auszugehen – und nie wieder zu den Docks. Als sie diesen Punkt erwähnte, verdüsterte sich die Miene ihres Kindes, erhellte sich jedoch wieder, als Constanza ihr in Aussicht stellte, sie mit zum Hafen zu nehmen und ihr die Kingfisher zu zeigen. »Das ist eine Ausnahme«, erklärte sie. »Du bist alt genug, um mein Verbot zu begreifen. Schwester Bonaventura betrachtet die Docks bestimmt als etwas ebenso Verwerfliches wie eine Taverne oder ein verrufenes Haus, und wenn sie dahinterkäme, daß ihr zu den Docks geht, würde sie Schwester Esmeralda und dich mit Sicherheit aus dem Kloster verweisen.«
    Maria starrte ihre Mutter entsetzt an, offenbar hatte sie nicht damit gerechnet, daß ihr harmloses Vergnügen solch verheerende Folgen haben könnte.
    Jenseits des Hafens erstreckte sich die See, in allen Grün- und Blauschattierungen schimmernd, glatt wie ein Spiegel bis zum Horizont. Es war Constanzas erste Seereise gewesen. Und wenn nicht die Aussicht darauf, Maria wiederzusehen, sie aufrechterhalten hätte, wäre sie verzweifelt. Sie fühlte sich bedeutend wohler auf festem Boden und ohne den Launen der Naturgewalten ausgeliefert zu sein – aber um zu ihrer Tochter zu kommen, hätte sie es auch auf sich genommen, um den ganzen Erdball zu segeln. Wenn sie der Ansicht gewesen wäre, daß Thomas ihr etwas schuldete, hätte sie diese Schuld jetzt als hundertfach getilgt betrachtet.
    Thomas war nirgends zu sehen, als sie die Gangway der Galeone erreichten, doch Cristofano entdeckte sie, kam ihnen entgegen und geleitete sie auf das Besandeck. Constanza erwartete, daß Maria die Aufmerksamkeit des Jungen fesseln und er ihr das Mädchen für eine kostbare halbe Stunde entführen würde, um ihr alles zu zeigen. Aber es kam anders: William Williams, der auf dem Vordeck dabei war, einen Balken zu zersägen, legte sein Werkzeug aus der Hand, als er der Damen ansichtig wurde, rief Cristofano zu, er solle ihn ablösen, und erbot sich, Maria selbst herumzuführen.
    Es gibt doch nichts Unberechenbareres als die Liebe, dachte Constanza, als sie sich auf einen Holzstoß niederließ. Man konnte nie vorhersehen, wen sie zusammenführen würde. Wenn Thomas Serafina lieben konnte, weshalb sollte der ruhige William, der wortkarge walisische Schiffszimmermann, sich dann nicht zu Constanzas quirliger Tochter hingezogen fühlen? Maria war, weiß Gott, liebenswert. Der Gedanke daran hielt ihre Mutter des öfteren nachts wach.
    Als Thomas Marlowe eintraf, waren William und Maria auf dem Kanonendeck, wo er ihr die Funktion der Waffen erklärte. Constanza sah Thomas an, daß sein Nachmittag, den er damit verbracht hatte, Einkäufe zu machen, wobei er sich der Kontakte bediente, die Jacopo Capriani geknüpft und gefestigt hatte, zufriedenstellend verlaufen war. In einer Hand hielt er seinen unvermeidlichen Hut, in der anderen zwei Maiglöckchensträuße.
    »Für Mutter und Tochter«, sagte er, nachdem er Constanza begrüßt hatte, und sah sich suchend um.
    »Maria ist mit Signor Williams unter Deck«, beantwortete sie seinen Blick. »Er ließ es sich nicht nehmen, ihr das Schiff zu zeigen.« Sie senkte die Stimme. »Ich fürchte, der arme Cristofano ist schwer gekränkt.«
    Thomas warf einen Blick zum Vordeck, wo der Junge mit verbissenem Gesicht seiner Arbeit nachging, und

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