Serafinas später Sieg
Nadi, Fiamettas Mutter, tanzte mit einem Medici-Prinzen und einem der Donati-Grafen und zog sich dann am Arm des jüngeren Frescobaldi erschöpft in den Garten zurück. Mit dem hübschen Angelo würde sie erst später tanzen – wenn Fiametta zu Bett gegangen war und Lorenzo irgendeinen alten Langweiler gefunden hatte, mit dem er Backgammon spielen konnte. Als er ihr vorgestellt wurde, hatte sie Interesse in Angelos Augen aufflackern sehen und amüsiert festgestellt, daß er es sofort wieder erlöschen ließ. Daran hatte sie erkannt, daß der Junge nicht nur gut aussah, sondern auch klug war. Als sie auf einer Steinbank in einer der Grotten saß und der Frescobaldi-Grünschnabel vor ihr kniete und ihre Füße mit Küssen bedeckte, dachte Giulia mit Freuden an die vor ihr liegende Woche.
Mit finsterem Gesicht beobachtete Nencia, Fiamettas jüngere Schwester, das Bankett vom obersten Treppenabsatz aus und kaute neidvoll an ihren Fingernägeln. Fiametta sah, wie sie wütend durch das Geländer spähte, und lachte daraufhin noch ausgelassener und tanzte noch schwungvoller, um Nencia zu zeigen, wie köstlich sie sich amüsierte. Mama hätte sich beinahe von Nencia beschwatzen lassen, ihr zu gestatten, an dem Fest teilzunehmen. Doch als Fiametta das hörte, stampfte sie mit dem Fuß auf und erklärte, sie werde mit niemandem sprechen oder tanzen, wenn Nencia erscheine. Das Kind hatte die großen blauen Augen und leuchtend roten Haare der Mutter geerbt, war klein und zierlich – und kokettierte mit Begeisterung. Selbst wenn sie, wie jetzt, mürrisch dreinschaute, war sie hübsch – und das, obwohl sie nicht, wie Fiametta, ständig damit beschäftigt war, ihr Aussehen zu verbessern, indem sie Unmengen von Milch trank und Kalbfleisch aß, um einen vornehm blassen Teint zu bekommen, oder ihren Haaren Glanz zu verleihen, indem sie sie mit allen möglichen Mittelchen behandelte.
Früher hatte Fiametta davon geträumt, einen Prinzen zu heiraten und – wie ihre Mutter – in einem florentinischen Palazzo über ein Heer von Dienstboten zu gebieten und jeden Tag ein anderes Kleid zu tragen. Doch es hatte kein Prinz um sie angehalten: Kein Wunder, dachte Fiametta mit einem bitteren Lächeln – alle verfügbaren Prinzen waren in Mama verliebt! Und bald würden sie sich in Nencia verlieben. Angesichts dieser Umstände wäre eine Ehe mit Angelo geradezu als Glücksfall zu betrachten. Er sah gut aus, hatte tadellose Manieren, besaß eine große Tuchhandelsfirma und ein Schiff, daß er nach ihr, Fiametta, genannt hatte. Signor Guardi hatte Papa reichlich Honig um den Mund geschmiert, indem er seine seidenverarbeitenden Werkstätten, seine geschickten Weber und Färber bewunderte. Wenn er sie heiraten wollte, war es unerläßlich, Papa zu hofieren: Wenn seiner Werbung entsprochen würde, gewänne er nicht nur sie, sondern auch den Nadi-Besitz, und es hing nicht von ihr ab, ob die Ehe zustande käme.
Als sie im Laufe der komplizierten Schritte einer Gaillarde Angelos Hand nahm, dachte sie darüber nach, wie es wohl wäre, das Bett mit ihm zu teilen. Sie wußte, was von ihr erwartet würde. Mama hatte zwar noch keine Zeit gefunden, mit ihr darüber zu sprechen, aber sie hatte Hunde auf der Straße beim Kopulieren beobachtet – und eines der Dienstmädchen mit seinem Liebhaber auf dem Dachboden. Sie war sicher, daß diese Prozedur ihr nicht gefiele, doch sie wußte, daß sie sie würde ertragen müssen. Die einzige Möglichkeit, unbehelligt zu bleiben und dennoch Macht zu erlangen, böte der Eintritt in ein Kloster – mit dem Ziel, die Position der Mutter Oberin einzunehmen –, aber dazu würde Papa niemals seine Einwilligung geben.
Am folgenden Morgen schickte Lorenzo Nadi nach Angelo.
Der junge Mann verbeugte sich respektvoll, als er das Arbeitszimmer, einen eindrucksvollen Raum mit bücherbedeckten Wänden und einer Täfelung aus poliertem Buchenholz, betrat. Die Decke war geschnitzt, der Kamin aus Marmor. Angelo hatte nur vier Stunden geschlafen als er sich zurückzog, saß Lorenzo noch immer beim Backgammon, doch obwohl der Ältere demnach eine noch kürzere Nacht hinter sich haben mußte, wirkte er erstaunlich frisch.
»Ah – Angelo. Nehmen Sie Platz.« Signor Nadi deutete auf einen Sessel vor dem Schreibtisch, hinter dem er saß, und auf dem sich Papiere stapelten und mehrere Federkiele lagen. Aus der Länge des Briefes, den sein Gegenüber vor sich liegen hatte, schloß Angelo, daß dieser bereits seit einer Weile
Weitere Kostenlose Bücher