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Serafinas später Sieg

Serafinas später Sieg

Titel: Serafinas später Sieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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Gegröle.
Sur les march' du palais
Sur les march' du palais
Il y a un' tant belle fille.
    Jehan de Coniques stieß ein irres Gelächter aus und führte erneut die Flasche zum Mund. Thomas verließ seinen Posten und folgte ihm.
Elle a tant d'amoureux
Elle a tant d'amoureux
Qu'elle ne sait lequel prendre …
    Der Notar torkelte dermaßen, daß er fast die ganze Straße brauchte. Hoch über ihnen öffnete sich ein Fensterladen, und Thomas brachte sich eiligst vor dem Lichtschein in Sicherheit, der plötzlich die Szenerie erhellte. Jemand schimpfte auf italienisch. Jehan de Coniques schüttelte wütend seine Faust und setzte seinen Weg fort. Er steuerte auf den Fluß zu. »La bell' si tu voulais«, sang er weiter, jetzt wieder bedeutend leiser. »Nous dormirons ensemble.«
    Thomas schauderte. Die Hand, mit der er sein Messer umklammerte, wurde feucht.
Dans un grand lit carré
Dans un grand lit carré
Aux belles taies blanches …
    Die brüchige, spöttische Stimme war kaum noch zu verstehen. Jehan hielt inne, lehnte sich an eine Hausecke und hob wieder die Flasche an die Lippen. Thomas drückte sich an die Mauer. Auf dem Arno tanzte der Widerschein der Lichter des Ponte Vecchio. Der Weg gabelte sich hier in eine schmale Gasse und eine breitere Straße. Thomas wartete. Seine Muskeln waren schmerzhaft angespannt.
Dans le mitan du lit
Dans le mitan du lit …
    Der Notar brachte die Strophe nicht mehr zu Ende. Eine Hand packte ihn an der Schulter und riß ihn herum, und die zweite drückte ihm ein Messer in die Rippen.
    »Dans le mitan du lit«, sagte Thomas Marlowe leise, »la rivière est profonde.«
    Jehan de Coniques blinzelte, sein Mund öffnete und schloß sich wie bei einem Fisch auf dem Trockenen. Jetzt, da er ihn so nah vor sich sah, bemerkte Thomas die Spuren, die der Alkohol und die Verbitterung in dem Gesicht hinterlassen hatten. Die grünlich graue Haut war schlaff, dunkle Tränensäcke hingen unter den trüben Augen.
    »La rivière est profonde«, wiederholte Thomas mit einem bösen Lächeln. »Très très profonde. Wollen wir zum Fluß gehen, Monsieur de Coniques?«
    Anfänglich hatte sich zu seiner Befriedigung Entsetzen auf dem Gesicht des Notars gezeigt, doch jetzt war es verschwunden. »Wenn Sie möchten«, antwortete Jehan überraschend deutlich. »Monsieur …?
    »Marlowe«, erwiderte der englische Steuermann. »Thomas Marlowe. Wir haben uns schon einmal getroffen – in einer Taverne in Livorno.«
    Der Notar kniff die Augen zusammen und studierte sein Gegenüber aufmerksam. »Sie sind Engländer«, konstatierte er schließlich.
    »Das ist richtig, aber ich bin nicht hier, um mich mit Ihnen über Geographie zu unterhalten. Kommen Sie, gehen wir.« Er hakte Jehan unter und drückte ihm mit der anderen Hand die Spitze seines Messers in die Seite. Sie machten sich auf den Weg zum Fluß. Für einen unbeteiligten Betrachter mußten sie wie zwei sinnlos betrunkene Freunde wirken, denn Jehan strauchelte immer wieder und riß Thomas jedesmal mit. Er strömte einen säuerlichen Geruch aus, eine unangenehme Mischung aus billigem Wein und ungewaschener Kleidung.
    »Sie haben mir Fragen gestellt«, erinnerte Jehan sich unvermittelt. »In Livorno. Über Angelo.«
    Sie hatten den Uferweg erreicht. Hier unten war es sehr still. Nur das leise Plätschern der Wellen und das Rascheln der Taftrobe des Notars störten die Ruhe. Thomas drängte Jehan gegen eine Hauswand und setzte ihm das Messer auf die Brust. »Das stimmt. Ich habe Sie über Angelo ausgefragt – und über Franco und Serafina Guardi. Sie sagten mir, Angelo sei ein gerissener Bursche.«
    Jehan de Coniques kicherte. »Das kann man wohl behaupten, ein verdammt gerissener Bursche!«
    »Er hat es weit gebracht, nicht wahr, Monsieur de Coniques? Er hat die Firma Guardi in die Hand bekommen, ist Besitzer einer hübschen Galeone und steht im Begriff, ein junges Mädchen aus reichem Hause zu heiraten. Was halten Sie davon, mein Guter?«
    Der Notar schob die Unterlippe vor wie ein schmollendes Kind. »Es spielt keine Rolle, was ich davon halte.«
    »Da irren Sie sich.« Thomas' Stimme klang klar durch die Nacht. Der Regen war stärker geworden. Die Tropfen mischten sich mit dem Schweiß, der an seinem Nacken herunterlief. »Ich möchte wirklich wissen, was Sie davon halten, Jehan. Immerhin haben Sie sich mir gegenüber schon einmal als höchst gesprächig erwiesen.«
    Die halbgeschlossenen Lider des Notars hoben sich. »Ich habe Ihnen gar nichts erzählt!«

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