Serafinas später Sieg
zischte er.
»Aber Monsieur, haben Sie es tatsächlich vergessen? Dann lassen Sie mich Ihre Erinnerung auffrischen. Sie erzählten mir, daß Angelo den Tod seines Arbeitgebers arrangiert habe, um diese Firma übernehmen zu können.«
»Ich habe nie …«
»Sie sagten«, fuhr Thomas unbeirrt fort, »daß er dafür sorgte, daß Franco Guardi und seine Tochter von Korsaren entführt wurden, bevor das Mädchen verlobt werden konnte.«
Der Notar schüttelte den Kopf und hob die Flasche an die Lippen. »Das war ein glücklicher Zufall«, sagte er. »Zumindest für Angelo.« Er kicherte wieder, und Wein rann ihm aus dem Mund über das Kinn und versickerte in seiner regenfeuchten Robe. Thomas hätte ihm am liebsten das Messer zwischen die Rippen gestoßen oder ihn wenigstens geohrfeigt, doch er beherrschte sich. Noch nicht! Noch nicht! Geduld! »Ich brauchte ziemlich lange, um herauszufinden, welcher Plan hinter all dem steckte«, sagte er, »aber schließlich begriff ich es. Wenn es mit rechten Dingen zugegangen wäre, hätte der Korsar Franco Guardi und seine Tochter gegen ein Lösegeld freigelassen. Die beiden hätten ihm ein schönes Sümmchen eingebracht.«
Jehan wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. »Sie waren tot! Für Tote kann man kein Lösegeld verlangen. Franco Guardi starb im Bagno von Algier am Fieber…
»Das stimmt nicht ganz, mein Bester«, widersprach Thomas. »Er starb nicht am Fieber, sondern durch die Peitsche. Und für Serafina hätte man durchaus ein Lösegeld verlangen können, aber es geschah nicht.«
Der Notar starrte ihn verständnislos an. »Zum Teufel, was sagen Sie da?«
»Ich sage, mein geschätzter Herr Notar, daß Serafina Angelos teuflisches Komplott überlebte. Ich habe sie in Algier kennengelernt.«
Die Weinflasche entglitt Jehans Fingern und zerschellte auf dem Kopfsteinpflaster. Der Rotwein wurde vom Regen fortgeschwemmt.
»Ich möchte, daß Sie etwas für mich tun, Monsieur de Coniques«, erklärte Thomas mit kalter Stimme. »Ich möchte, daß Sie niederschreiben, wie der Plan lautete und wie er ausgeführt wurde, wie Angelo mit dem Korsaren zusammenkam, wie Sie Franco Guardis Testament in Angelos Sinn umänderten. Ich habe doch recht, daß Sie diese kleine Korrektur vornahmen, nicht wahr? Ich möchte, daß Sie alles haarklein aufschreiben, von dem Tag an, als die Idee in Angelos Kopf reifte, bis zu dem Tag, als er sein angebliches Erbe antrat. Das Protokoll soll von zwei Zeugen unterschrieben und mit dem ordnungsgemäßen Siegel versehen werden, wie es ein solches Dokument erfordert. Aber das wissen Sie besser als ich, schließlich sind Sie Notar.«
Der Notar stieß ein ersticktes Lachen aus und fragte: »Warum?«
»Warum?« Thomas betrachtete Jehan de Coniques, als sei er ein widerliches Insekt. »Weil ich dafür sorgen will, daß der Besitz wieder in die Hände des rechtmäßigen Eigentümers übergeht. Sollten Sie sich weigern – ich bin bereit, bis zum Äußersten zu gehen.«
Gespenstisch hohl hallte Jehans Gelächter über den Fluß. »Und wenn ich es tue, wird er mich töten: Ich habe es heute in seinen Augen gelesen.« »Er« war natürlich Angelo. »Aber ich werde es trotzdem tun«, sagte er zu Thomas' Überraschung. Er grinste. »La bell' si tu voulais«, zischte er. »Nur wird sie nicht in meinem Bett schlafen, sondern in Angelos. Nicht, daß ich ihn um dieses hochnäsige Miststück beneide …«
Der Ausdruck ließ Thomas schaudern, als habe sich der warme Guß plötzlich in Eisregen verwandelt: Als »hochnäsiges Miststück« hatte der Notar damals in der Taverne in Livorno auch Serafina bezeichnet.
»… aber ich hätte gerne das Geld.« Jehans Stimme wurde schrill und weinerlich. Regen tropfte von seiner langen Nase. »Und seine gesellschaftliche Stellung. Wieso bekommt immer er alles? Schließlich ist er nur ein Bastard. Er hat mir nie gegeben, was mir zustand, er lachte mich nur aus. Ich entstamme einer der ältesten Familien Frankreichs – und er lachte mich aus! Aber wenn diese Hochzeit nicht stattfindet, ist er verloren – und ich werde mit Freuden zusehen, wie er untergeht. Der Bau seines Schiffes hat ihn an den Rand des Abgrunds gebracht.«
»Wie ich hörte, handelt Signor Guardi nicht nur mit Stoffen«, sagte Thomas, »sondern auch mit Zinn.«
Der Notar runzelte die Stirn und starrte ihn mißtrauisch an: »Was wissen Sie darüber?«
Thomas schüttelte den Kopf. »Das ist jetzt nicht wichtig.«
»Er kann in Marseille keine Seide
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