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Serafinas später Sieg

Serafinas später Sieg

Titel: Serafinas später Sieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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Tränen weg und machte sich wieder an ihre Näharbeit.
    Thomas ging zu ihr und legte ihr tröstend die Hand auf die Schulter. »Wo ist Maria jetzt?«
    »Mit Signor Williams unterwegs.« Sie lächelte zu ihm auf. »Ich hoffe, Sie nehmen es mir nicht übel, daß ich ihn von seiner Arbeit wegholen ließ. Ich habe einen Boten zu ihm geschickt – zur Kingfisher. Ich vertraue Signor Williams. Er geht ein paar Stunden mit Maria spazieren – bis Galeazzo aus dem Haus ist.« Sie war mit dem Hut fertig und nahm sich den Unterrock vor.
    »Wir stechen bald wieder in See«, sagte Thomas. »Und William fährt mit.«
    »Ich weiß«, nickte Constanza. »Maria hat es mir erzählt. Ich bitte Sie, unser Gespräch niemandem gegenüber zu erwähnen, dieses Problem ist zu persönlich, und helfen kann mir ohnehin niemand.«
    Er wollte ihr gerade widersprechen, als über ihnen Schritte laut wurden: Galeazzo war aufgewacht und suchte seine Kleidungsstücke zusammen, die er vorher in seiner Ungeduld auf den Boden geworfen hatte.
    »Ich werde gehen«, flüsterte Thomas. »Verzweifeln Sie nicht, ich werde mir etwas einfallen lassen.«
    Wie sollte er eine Lösung finden können? Nein – wie immer war sie auf sich allein gestellt. Doch als sie die Näharbeit beiseite legte und sich auf Galeazzos Erscheinen vorbereitete, war ihr etwas leichter ums Herz. Es hatte ihr gutgetan, sich einem anderen Menschen anzuvertrauen, und sie hatte den Trost einer mitfühlenden Berührung genossen und erkannt, daß sich jemand um sie sorgte.
    Als er wieder aufs Pferd stieg, begann eine Idee in Thomas' Kopf Gestalt anzunehmen. Er war froh, etwas zum Nachdenken zu haben – es lenkte ihn von seiner Furcht vor dem bevorstehenden Gespräch mit Serafina ab.
    Eine fahle Sonne stand an einem fahlen Himmel, die Kälte kündete vom nahenden Winter. Im Rinnstein lagen trockene Blätter, die der Wind dorthin getrieben hatte. Im Hafen wartete die Kingfisher – wahrscheinlich bereits für die Reise in die Levante gerüstet.
    Auch Angelo Guardi war unterwegs – nach Livorno, wo die Fiametta ankerte. Er hatte ihn noch nie gesehen, doch in Thomas reifte die Überzeugung, daß ihrer beider Schicksal miteinander verknüpft war. Es schien ihm, als bedingten die Taten des einen die Taten des anderen. Serafina wußte, daß sie verloren hatte, bevor Thomas den Mund öffnete. Sie erkannte es an seinem Gesichtsausdruck und an seiner Weigerung, sich zu setzen. Er sah übermüdet und ungepflegt aus, Staub lag auf seinem Gesicht und seinen Kleidern. Er warf seinen Hut auf einen Stuhl und sagte: »Ich habe Monsieur de Coniques eine Kostprobe meiner Überredungskunst gegeben, und er erklärte sich bereit zu tun, was ich von ihm verlangte – aber kurz darauf geriet er mit dem Hals in eine Schlinge und fiel in den Arno.«
    Sie hatte Zeit gehabt, sich mit der Möglichkeit einer Niederlage vertraut zu machen. Seit Thomas sie gefragt hatte, wie ihr Leben weitergehen würde, falls er versagte, hatte sie in sich hineingehorcht, um eine Antwort zu finden. Ich werde mein Geschäft weiterführen und meinen Sohn großziehen, hatte sie gedacht, und existieren. Existieren – nicht leben. Und doch empfand sie seine Worte als niederschmetternd. Sie setzte sich abrupt hin – plötzlich trugen ihre Beine sie nicht mehr. Todo mangiado, hallte es durch ihren Kopf, und dann erkannte sie an Thomas' verwundertem Blick, daß sie laut gesprochen hatte. »Das sagten die Gefangenen im Bagno von Algier«, erklärte sie. »Todo mangiado – für immer verloren.« Ein Bild erschien vor ihrem geistigen Auge: eine Leiche mit einem roten Striemen um den Hals. Sie schüttelte den Kopf, um den Anblick loszuwerden, atmete tief durch und fragte leise: »Angelo?« Thomas nickte. »Der Notar hatte Todesangst vor ihm. Es sah zwar wie ein Raubmord aus, aber ich bin sicher, daß Angelo seinen Spießgesellen umgebracht hat. Ich finde es erstaunlich, daß er das nicht schon vor Jahren getan hat. Na ja – vielleicht um der alten Zeiten willen.«
    Daß Thomas Angelo derart sentimentaler Erwägungen für fähig hielt, zeigte Serafina, daß der Engländer den Charakter ihres Kusins noch immer nicht durchschaut hatte. »Nein.« Sie schüttelte den Kopf. »Es muß ihm unzweckmäßig erschienen sein.« Sie standen in dem Salon, in dem Jacopo sich um sein Leben gehustet hatte und Serafina sich – vor einer Ewigkeit, wie ihr schien – ein scharlachrotes und ein purpurrotes Band ins Haar geflochten hatte. Nur um Angelo vernichten zu

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