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Seraphim

Seraphim

Titel: Seraphim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
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Moment,in dem ich bemerkte, dass Katharinas Herz noch schlug, reagierte ich völlig ohne nachzudenken.«
    »Du hast sie zu Boden gedrückt, als wolltest du ihr etwas Unanständiges antun.«
    »Ich war mir sicher, dass sie einen ähnlichen Krampf hatte wie ich damals. Darum hatte auch die Frau kein Wasser in der Lunge, im Gegensatz zu dem Jungen, Arnulf! Es gibt mehrere Möglichkeiten zu ertrinken. Katharina hatte einen Krampf in der Kehle.«
    »Aber woher wusstest du, wie man den lösen kann?«
    Richard legte den Dolch auf dem Tellerrand ab. »Ich wusste es nicht. Oder vielleicht doch. Ich habe einfach gehandelt.«
    »Eingebung.« Arnulf schüttelte den Kopf. »Muss ein gutes Gefühl sein.«
    Richard nahm ein Stück Brot und steckte es in den Mund. »Was?«
    »Zu sehen, dass die ganzen Anstrengungen, die man all die Jahre gemacht hat, am Ende zu etwas nutze waren.«
    Richard schluckte. Plötzlich musste er lächeln, denn er begriff, dass Arnulf ihm jeden einzelnen seiner selbstverdammenden Gedanken an der Nasenspitze abgelesen hatte. Darum hatte er das Gespräch auf Katharinas Wasserprobe gebracht.
    Richard schloss die Augen und gestattete sich einen Moment der Hoffnung. Vielleicht stimmte es. Vielleicht war er nur dadurch in der Lage gewesen, Katharinas Leben zu retten, weil er erlebt hatte, was er erlebt hatte.
    Vielleicht hatte am Ende doch alles einen tieferen Sinn.
    Es war ein tröstlicher Gedanke, und Richard zwang sich, ihn einen Moment auszukosten, bevor er ihn sich verwehrte.
    Arnulf verdrehte die Augen. »Jetzt iss endlich!«, befahl er rüde. »Oder gib’n Teller rüber, das sieht nämlich verdammt gut aus!«
    * * *
    »Katharina?«
    Die Stimme von Bettine Hoger, die aus der Dunkelheit scholl, ließ Katharina bis ins Mark zusammenfahren. Nach Einbruch der Dunkelheit hatte sie es nicht mehr im Haus ausgehalten, und so hatte sie sich einen Mantel übergeworfen, dessen Kapuze groß genugwar, um ihr Gesicht zu verbergen, und war zu einem Spaziergang durch die Finsternis aufgebrochen.
    Nie im Leben hätte sie erwartet, der Frau des Messingschlägers zu begegnen – und noch dazu von ihr erkannt zu werden. Einem ersten Impuls folgend, wollte sie davonlaufen, doch Bettines Stimme nagelte sie an Ort und Stelle fest.
    »Katharina Jacob, bist du es wirklich?«
    Sie brachte es einfach nicht übers Herz, sich nicht zu erkennen zu geben, also wandte sie sich um und schlug zögernd die Kapuze zurück.
    »Ja, Frau Bettine. Ich bin es.«
    Bettine schlug die Hände zusammen. In dem schwachen Licht einer Laterne, die an einer Hausecke hing, hatte ihr Gesicht eine wächserne Färbung, aber Katharina glaubte trotzdem zu sehen, wie sie gänzlich bleich wurde. Ganz kurz fürchtete sie, die Handwerkersfrau könnte sie für einen Geist halten.
    »Ich lebe, Frau Bettine!«, beeilte sie sich darum zu sagen.
    Bettine kam einen Schritt näher. Mit einer zaghaften Bewegung näherte sie ihre Hand Katharinas Wange, stockte kurz und berührte sie dann. »Wirklich!«, hauchte sie. »Du lebst!« Sie trug ein geziemendes schwarzes Witwenkleid und eine hässliche, ebenfalls schwarze Haube, die nichts von ihren Haaren sehen ließ. »Wie kann das sein?«
    Katharina nahm die Frau am Arm und zog sie in eine dunklere Seitengasse. Aus Angst, dass jemand aus einem der Fenster schauen konnte, schlug sie auch die Kapuze wieder hoch. »Der Inquisitor hat sich geirrt. Ich war nicht tot. Richard Sterner, der Mann, der mich aus dem Wasser gezogen hat, hat mich gerettet.« Ein warmes Gefühl von Zuneigung zu Richard durchflutete sie bei diesen Worten.
    »Weiß deine Mutter ...?«
    »Natürlich!«
    Bettines Stimme war das Lächeln anzuhören, als sie sagte: »Das ist gut!«
    »Ihr dürft niemandem davon erzählen, Frau Bettine, hört Ihr?« In einem der Hinterhöfe wurde eine Tür aufgestoßen, und es klang, als werde ein Eimer Wasser ausgeschüttet. Das Geräusch ließ Katharina zusammenzucken.
    »Natürlich nicht! Was hast du jetzt vor?«
    »Vielleicht werde ich die Stadt verlassen.«
    »O nein!« Wegen der Dunkelheit war Bettine Hogers Gesicht nur ein helles Oval, aber an ihrer Stimme konnte Katharina mehr ablesen, als sie wissen wollte. Sie klang ausdrucksstark und lebendig. Keine Spur von melancholia bei ihr, und das, obwohl sie eigentlich um ihren Mann hätte trauern müssen.
    War Peter Hoger vielleicht der Grund für ihre Krankheit gewesen? Konnte ein Mensch einen anderen krank machen? Katharina dachte an Bertram.
    »Du darfst Nürnberg nicht

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