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Seraphim

Seraphim

Titel: Seraphim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
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verkrümmt. »Versteht doch!«, murmelte er. Sein Kopf kippte nach vorn. »Das Ende ...«
    Richard schob ihn beiseite, rückte seinen Hut zurecht und setzte seinen Weg fort. Er war froh, als er endlich Enzo Pömers Haus erreicht hatte. Es war an der Frontseite nur wenige Schritte breit. Bunt bemalte Schnitzereien, die Ähren und Blumen darstellten, verziertendas dunkle Holz der Balken im oberen Stockwerk. Ein Hausstein führte mit vier Stufen zur Haustür hinauf. Ein schmiedeeisernes Geländer – ebenfalls mit Ährenverzierungen – und ein metallener Klingelzug in der Form eines Fisches waren der einzige Schmuck des sonst eher schlicht gehaltenen Eingangs.
    Richard erklomm die Stufen, indem er jeweils zwei auf einmal nahm. Oben angekommen, betätigte er den Klingelzug. Es dauerte nur wenige Momente, bis im Inneren bedächtige Schritte erklangen. Richard hörte, wie ein Riegel zur Seite geschoben wurde, dann rasselte eine Kette, und die Tür öffnete sich.
    »Guten Morgen, Thomas!«, begrüßte Richard Pömers Diener und warf dabei einen letzten Blick auf die disputierenden Menschen. Der Verrückte, der ihn angegriffen hatte, war nirgends mehr zu sehen. »Weißt du, was in die Leute gefahren ist?«
    Thomas nahm ihm den Hut ab. »Euch auch einen guten Morgen, Herr Sterner. Bedaure, nein. Seit gestern sind sie so. Es heißt, man habe in den Felsengängen unter der Stadt den Leichnam eines himmlischen Engels entdeckt.«
    Richard lachte auf. »Bitte?«
    »Wahrscheinlich eine dieser Schauergeschichten, die in letzter Zeit die Runde machen. Wenn Ihr mich fragt, da ist nichts dran! Kommt bitte herein. Herr Pömer müsste bald aus dem Rathaus zurückkehren, und er hat mich gebeten, Euch schon einmal zum Keller zu geleiten.« Thomas machte einen Schritt zur Seite.
    »Pömer ist im Rathaus?«, fragte Richard und trat über die Schwelle. »Ich wusste gar nicht, dass heute Ratsversammlung ist.«
    »Eine außerordentliche Einberufung.« Thomas streckte den Arm aus, um Richard in den hinteren Teil des Hauses zu bitten. »Er hat selbst erst heute Morgen davon erfahren.«
    Vermutlich wegen des Aufruhrs in der Stadt, dachte Richard und folgte dem Diener tiefer in das langgestreckte und schmale Haus hinein. Ob man in den Felsengängen tatsächlich eine Leiche entdeckt hatte? Das wäre wahrhaftig ein Grund zur Aufregung, hatte man doch erst vor kurzem diesen Verräter, diesen Joachim Gunther gefangengesetzt, der offensichtlich den Untergrund Nürnbergs für einen feindlichen Angriff ausgekundschaftet hatte.
    Wie jedes Mal, wenn Richard von dem Diener durch das Haus Enzo Pömers geführt wurde, musste er an die Gerüchte denken, die über den Getreidehändler kursierten. Die meisten drehten sich um die Frage, warum Pömer ein so schmales, wenig repräsentatives Haus bewohnte. Viele Menschen sahen darin den Beweis dafür, dass Pömers Reichtum nur vorgespiegelt war. Richard jedoch wusste es besser. Pömer waren die fehlenden Giebel und die wenigen Verzierungen völlig egal, und ebenso die geringe Breite des Gebäudes, das sich tief ins Innere des Häuserblocks erstreckte, schmal wie ein Handtuch, düster und eng.
    Pömer hatte es vor vielen Jahren erstanden, kaum dass er die Nürnberger Bürgerrechte erlangt hatte. Obwohl er sich in der Zwischenzeit leicht ein Haus in der Burgstraße hätte leisten können, lebte er nach wie vor in den engen Fluren und in Räumen, die so niedrig waren, dass Richard den Kopf einziehen musste, wenn er unter einem der Dachbalken hindurchging.
    Wenigstens zeigte die Ausstattung seinen Reichtum, dachte Richard, während er an einem breiten seidenen Wandteppich vorbeiging und die Jagdszenerie darauf nur eines kurzen Blickes würdigte. Ein weißer Hirsch, der von eine Meute Hunde gestellt und zerrissen wurde. Richard hatte an der blutrünstigen Szene noch niemals Gefallen finden können. Da waren Pömers Möbel schon eher nach seinem Geschmack. Zum Großteil aus Italien hatte der Getreidehändler sie mitgebracht, und sie waren von erlesener Schönheit. Eine aus rötlichem Kirschholz geschnitzte Truhe war so reich verziert, dass sie aussah wie die verkleinerte Ausgabe eines griechischen Tempels. Eine Gruppe aus Tisch und vier Stühlen trug geschnitzte Muster aus Akanthusblättern, die geradezu lebensecht wirkten. Wenn Richard sie betrachtete, meinte er, sie müssten sich im Luftzug wiegen.
    Am besten jedoch gefielen ihm die Bilder an den Wänden. Es waren keine schweren, in langweiligen Braun- und Goldtönen

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