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Serenade für Nadja

Serenade für Nadja

Titel: Serenade für Nadja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zülfü Livanelli
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nämlich völlig unglaubwürdig war.
    »Spinnst du?«
    Tarık kicherte.
    »Wirst schon sehen!«
    Dann legte er auf. Wahrscheinlich beeilte er sich, für den Abend mit einer anderen etwas auszumachen. Ich kochte vor Wut und zischte »Mistkerl!«, was zum Glück niemand hörte.
    Ich ging schon eine Weile mit Tarık aus, und das, obwohl mir von Anfang an klar war, dass es nichts mit ihm werden konnte. So war ich ständig hin- und hergerissen, ob ich nun Schluss machen sollte oder nicht.
    Er reagierte wohl deshalb so gleichgültig, weil er mich nicht mehr erobern musste und wir uns ohnehin regelmäßig sahen. Das war es aber nicht allein. Seit er an der Börse spekulierte und dabei einiges verdiente, besaß er Selbstvertrauen im Übermaß. Auf jeden, der nicht Geld scheffelte, schauten solche Leute nur noch herab.
    Aber vielleicht tat ich ihm ja unrecht. Nach meinen schlechten Erfahrungen mit Ahmet neigte ich dazu, alle Männer über einen Kamm zu scheren. Es fiel mir schwer, überhaupt zu benennen, was mich an Tarık störte. War er nett zu mir? Auf seine Art, ja. War er hilfsbereit, eine Unterstützung? Das hatte er schon mehrfach unter Beweis gestellt. Gab er mir das Gefühl, attraktiv zu sein? Ja, auch das. Was also war es dann? Ich wusste es nicht, wusste es wirklich nicht. Irgendwie hatte ich an Tarık etwas auszusetzen, das ich nicht einmal benennen konnte.
    Auf einmal merkte ich, dass ich während meiner Grübelei unablässig das Handy auf dem Tisch herumdrehte. Sollte ich Tarık eine SMS schicken? »Ruf mich nie wieder an!« Daran gedacht hatte ich schon oft, doch war ich nicht entschlossen genug für diesen Schritt. Außerdem hatte ich Tarık mein bisschen Erspartes überlassen, damit er eben an der Börse mehr daraus machte.
    Ich hörte erst auf damit, als es klingelte. Yeşim war dran, von der Unikanzlei. Wir sollten zum Essen aufbrechen.
    In den schwarzen Mercedes stiegen diesmal nur der Professor und der Rektor. Ich folgte in einem anderen Dienstwagen.
    Das Essen sollte in einem schicken Restaurant innerhalb des Topkapı-Palasts stattfinden. Als ich durch das riesige Eingangstor des Palastes kam, fiel mir ein, dass man dort früher die Köpfe Hingerichteter ausgestellt hatte. Durch jahrelange Betreuung ausländischer Gäste hatte ich mich ein wenig zur Fremdenführerin entwickelt.
    Es nahmen noch andere Professoren an dem Essen teil. Ich setzte mich weitab von Professor Wagner und dem Rektor an den großen Tisch, von dem man aufs Meer hinuntersah. Ohnehin verstand ich kein Deutsch, und auch das viele Englischreden hatte mich ermüdet.
    Einfach in Ruhe zu essen war mir dennoch nicht vergönnt, da sich neben mich der junge Dozent setzte, der mir jedes Mal mit seinen Anzüglichkeiten auf die Nerven ging. Ich hatte hünkârbeğendi bestellt, und es drängte mich, dem Professor zu erzählen, warum dieses Auberginengericht ausgerechnet »Es hat dem Sultan gefallen« hieß, nämlich weil ein Gast von Sultan Abdülaziz,die französische Kaiserin Eugénie, eine heikle Esserin, sich davon sehr angetan gezeigt hatte. Doch saß Professor Wagner, ganz aufrecht und mit sorgfältig gescheiteltem Haar, zu weit weg von mir.
    »Worüber lächeln Sie denn?«
    »Ich lächle doch gar nicht.«
    »Ach kommen Sie, vor mir brauchen Sie es nicht zu verbergen. Sie haben doch gerade an etwas Angenehmes gedacht, was weiß ich, an ein Abenteuer vielleicht. Ich habe doch Verständnis für so was.«
    Er wedelte bedeutsam mit dem Zeigefinger, als würde er zugleich über etwas Ernstes reden und doch auch scherzen. Das war überhaupt so seine Art. Um sich gegen eine Abfuhr zu wappnen, behielt er immer einen spöttischen Unterton bei.
    Als der Kaffee serviert wurde, atmete ich auf. Bald würden wir aufstehen und ich den aufdringlichen Kerl endlich loswerden.
    Als wir zur Uni zurückkehrten, war schon alles vorbereitet. Wir nahmen im gut gefüllten Audimax unsere Plätze ein. Zuerst trat der Rektor an das Pult und hieß Professor Wagner im Namen der ganzen Universität noch einmal willkommen.
    Danach trat der Rechtsprofessor Hakkı vor und würdigte seinen Kollegen in den höchsten Tönen. Durch seine Arbeiten in der Türkei und die von ihm hervorgebrachten Akademiker zähle Professor Wagner zu den Wegbereitern einer modernen türkischen Universitätsausbildung. Hakkı bezeichnete sich selbst als einen Schüler Wagners und bat diesen schließlich, nun selbst an das Pult zu treten.
    Wagner stellte sich an das Pult und ließ erst einmal seine

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