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Serum

Serum

Titel: Serum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. Scott Reiss
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zuversichtlich, wie Sie tun.«
    Danny streckte mir seine Handgelenke entgegen. Purpurrote Flecken leuchteten mir entgegen. Ehrfürchtig flüsterte er: »Es ist wie eine laute Stimme in meinem Kopf. War es bei dir auch so, Boss?«
    Und plötzlich traf es mich auch wie ein Schlag mit dem Schmiedehammer. Niemand wird nach Ludenhorff suchen.
    Diesmal war es Gewissheit, genau wie Schwadron’ vorhergesagt hatte. Beim ersten Mal war es wie eine einzelne Stimme in meinem Kopf gewesen, diesmal jedoch wie ein ganzer Chor, der meine Synapsen im Gleichklang schwingen ließ.
    Er lügt.
    »Eine Studiengruppe, hm?«, sagte ich.
    Ludenhorff sah zwischen Danny und mir hin und her. Der Bluff war misslungen. Seine Zuversicht versank in einem Chaos widerstreitender Gefühle, während ihm die Gesichtszüge entglitten. Er wusste nicht mehr weiter. Er wusste nicht, welche Rolle er spielen sollte. Er begriff, dass er nur noch er selbst sein konnte. Ich wusste es.
    »Fragestunde, Paul«, sagte Danny.
    Ludenhorff wirkte von Panik erfüllt. Verzweifelt. Er saß in der Falle.
    Und dann tat er etwas, das mich verblüffte.
    Er fing an zu singen.
    Nein, eigentlich schrie er. Kreischte aus vollem Hals ein Weihnachtslied.
    Danny stieß die Luft aus. »Was macht er denn … ›Jingle Bells‹? Was soll das?«
    Ich starrte fassungslos auf die unwirkliche Szene vor mir.
    Es war Wahnsinn. Verrückt. Er schrie die Worte einfach heraus – schrill, sich überschlagend, fieberhaft. Kaum verständlich. Ein Lied für frohe Stunden aus der Kehle eines Mannes, der blutüberströmt an einen Stuhl gefesselt saß.
    »Jingle Bells, Jingle Bells …«
    Er ist übergeschnappt, dachte ich.
    Aber dann traf mich die Erkenntnis meiner geschärften Sinne. Ich begriff, was er tat, und es war völlig logisch und folgerichtig, so logisch, dass es mich mit Staunen und Hoffnung erfüllte.
    Er ist nicht verrückt! Er blockt uns absichtlich ab.
    »Lalalaaaa …!«
    Jetzt ergab der Gesang einen Sinn.
    Er versucht, seine eigenen Gedanken zu übertönen. Er weiß, dass 109 ihn sonst verraten wird.
    Und noch etwas anderes sah ich jetzt kristallklar. Er hat seit Stunden geblufft.
    »Knebele ihn, Danny.«
    Ich zog einen Holzstuhl heran, so dass ich Ludenhorff direkt gegenübersaß. Die Augen quollen ihm aus den Höhlen. Schweißtropfen traten auf seine Stirn, und die Nasenflügel blähten sich über dem Knebel wie die eines verschreckten Pferdes. Er drehte den Kopf weg und presste die Augenlider fest zusammen. Er hatte Angst, mich anzusehen. Er wusste, was dann geschehen würde.
    »Nur ein paar Fragen«, meinte ich freundlich.
     
    Es gibt eine spezielle Technik, die man bei Verhören unter 109 beachten muss, und wir kamen bald dahinter. Man stellt Ja-nein-Fragen und reduziert so die Antwortmöglichkeiten, um den Verhörten besser lesen zu können.
    »Wie weit nach oben reicht die Verschwörung um 109? Weiß der Präsident Bescheid?«
    Er konnte nicht antworten, aber das musste er auch nicht. Ich spürte die Antwort.
    Ludenhorff schien es nicht zu wissen.
    »Der Stabschef des Weißen Hauses?«, fragte ich. Er hatte keine Ahnung. Ich versuchte es mit dem Namen eines ultrarechten politischen Strategen, der das Ohr des neuen Präsidenten besaß.
    Er schüttelte den Kopf, versuchte, mich zu narren, denn die richtige Antwort donnerte durch meinen Kopf, so real wie der Raum um mich herum. Jajajajaaaaa.
    »Kennen Sie die richtigen Namen der Personen, die morgen die Droge bekommen?«
    Ja.
    »Führt Colonel Otto die eigentliche Lieferung durch?«
    Ja, tönte die Stimme in meinem Kopf.
    »Heiliges Kanonenrohr«, keuchte plötzlich Eisner hinter mir, der gerade hereinkam. Er hielt sich mit beiden Händen den Kopf. Er hatte diesen fassungslosen Blick, den ich nur zu gut kannte. »So ist es also«, sagte er. »Darf ich auch eine Frage stellen?«
    Er trat zu Ludenhorff. »Dann arbeiten Sie und Otto also mit denselben Leuten zusammen. Gehören die zum Six-Thirty-Club?«
    Ja.
    »O Mann. Ich liebe es«, sagte Eisner. »Die meisten Menschen haben etwas zu verbergen. Sie verwenden HF-109, um es herauszufinden. Gehört Alicia Dent zum Six-Thirty-Club?«
    Ja.
    »Also dann«, sagte ich und begann, laut nachzudenken. Am Ende jedes Satzes legte ich eine Pause ein, um die Gewissheit oder das Zögern abzuwarten, das mir den weiteren Weg wies. »Der alte Präsident und A. J. Carbone wurden zum Rücktritt gezwungen, weil sie mit einer bestimmten Agenda, einem bestimmten Masterplan nicht einverstanden

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