Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Serum

Serum

Titel: Serum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. Scott Reiss
Vom Netzwerk:
umzusehen.
    »Sie haben Glück«, meinte der Barkeeper. »Ich dachte, er wäre schon nach Hause.«
    Ich folgte Asa Rodriguez auf die Straße hinaus und überlegte, wie ich ihn ansprechen sollte. Aus einem zweigeschossigen Haus drang Klaviermusik – ein Michael-Franks-Song. Ein rosafarbener Mustang fuhr unter den wummernden Klängen eines Rapsongs vorbei. Das Stahlgitter einer Bar rasselte herunter. Ein streitendes Pärchen stand an der Ecke zur Ann Street.
    »Du hast mit ihr geschlafen!«, kreischte die Frau. »Sag mir die Wahrheit! Ich weiß, wenn du lügst!«
    Ich wollte Asa nicht erschrecken, konnte aber auch nicht riskieren, ihn zu verlieren. Vielleicht war er ja auf dem Weg zu seinem Boot. Ich konnte zu ihm aufschließen und irgendeinen Spruch aufsagen wie: »Kennen wir uns nicht von Lenox?«
    Er bog rechts ab auf die Peacon, eine Einbahnstraße durch ein historisches Viertel, gerade breit genug für ein einzelnes Auto. Zu dieser Stunde lag sie verlassen, die Fenster waren dunkel. Ich sah ihn neben einem kleinen Bungalow verschwinden und hörte es plätschern, als er sein Wasser abschlug.
    Ich machte mich bereit, ihn anzusprechen.
    Dann ertönte aus seiner Richtung ein musikalischer Handyton, die ersten acht Noten von »Margaritaville«. Ich wich zurück. Offenbar hatte er inzwischen sein Handy eingeschaltet. Von meinem Standpunkt aus konnte ich ihn deutlich verstehen.
    »Ich wusste, dass es die Amygdala ist. Die Antwort musste im limbischen System liegen. Und der Effekt hält länger an, wenn man die Probe stärker erhitzt, Teaks.«
    Dann schnappte er: »Wenn ich nicht allergisch gegen das verdammte Zeug wäre, würde ich es selbst einnehmen und jetzt zu Ihnen rauffliegen.«
    Und dann, nach einer Pause: »Es ist mir gleich, was im Vertrag steht. Ich hätte ihn nie unterschrieben, wenn ich gewusst hätte, dass ihr Kerle …«
    Teaks musste ihm das Wort abgeschnitten haben. Asa Rodriguez hörte kurz zu und gab dann zornig zurück: »Versuchen Sie nicht, mir zu drohen. Wenn ich den scheiß Zeitungen erzählen will, was wirklich vorgeht, dann tue ich das.«
    Er legte auf.
    Ich wartete, während seine Gestalt sich aus dem Dunkel löste und auf mich zukam.
    Er nickte mir vage zu. Key West ist ein freundlicher Ort. Man hat keine Angst davor, auf der Straße überfallen zu werden. Man grüßt Fremde, selbst bei Nacht und selbst wenn man gerade bedroht wurde.
    »Asa? Asa Rodriguez?«
    Er blieb stehen und versuchte, mich unterzubringen. Er trat näher. Wir waren allein auf der Straße.
    »Ich arbeite für Lenox Pharmaceuticals. Ich bin ein Freund von Kim Pendergraph. Erinnern Sie sich an mich? Wir sind uns in Dwyers Vorzimmer begegnet.«
    Er erstarrte. Natürlich kannte er mich nicht. »Mike Acela«, sagte ich und streckte ihm die Hand entgegen. Seine Reaktion überraschte mich. Er wich entsetzt zurück.
    »O Gott«, schrie er. »Sie! Tun Sie mir nichts!«
    Er wirbelte herum und hetzte davon.
    »Ich will doch nur mit Ihnen reden«, rief ich ihm nach.
    Aber er rannte nur noch schneller und verschwand um die Ecke in die Caroline.
    Heute geht aber auch alles schief, dachte ich. Ich setzte ihm nach.
    Schwerer Fehler.

11
    I
    ch hatte viele Fragen an ihn. Zum Beispiel, ob ein zermahlener, seltener Fisch tatsächlich das Schlachtenglück wenden konnte. Ich wollte ihn fragen, mit welchen Enthüllungen er gerade gedroht hatte.
    »Ich bin nicht das, wofür Sie mich halten«, rief ich.
    Vor allem aber wollte ich wissen, wer ihm geraten hatte, vor mir davonzulaufen.
    Ob er in den Tod des Vorsitzenden verwickelt war?
    Ich vermasselte es. Er war mager, aber schnell, und seine Turnschuhe und Shorts eigneten sich besser zum Rennen als meine Slipper und Khakihosen.
    Asa verschwand um eine weitere Ecke, und ich stampfte hinterher. Er wollte zum Wasser. Der Barmann hatte gesagt, dass sein Boot hinter einer Bar namens Turtle Kraals lag. Ich erinnerte mich, vor drei Jahren dort ein Glas getrunken zu haben, hatte aber keine Ahnung mehr, wie man hinkam.
    Ich rief: »Ich will doch nur mit Ihnen reden«, bog um die Ecke zur Front Street und sah den Hafen vor mir liegen, schwarz und spiegelglatt und voller Boote. Einen knappen Kilometer weiter draußen auf dem Meer, hinter einem Wellenbrecher, breitete sich eine lange, flache Nebelbank aus. Die roten und grünen Positionslichter von Booten auf der Flucht vor dem Gewitter bewegten sich aufs Ufer zu. In einem riesigen Wolkenturm über dem Nebel zuckten Blitze.
    Rechts von mir flüchtete Asa

Weitere Kostenlose Bücher