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Serum

Serum

Titel: Serum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. Scott Reiss
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während sie herunterschaltete und die Ausfahrt nach Rye nahm, einem Küstenort. Zurück blieb eine Andeutung von Möglichkeiten, die nichts mit Profit, Gefängnis, Mord und Lügen zu tun hatten.
     
    Die Lage von Keatings Anwesen hätte nicht ungünstiger für unsere Zwecke sein können. Die kleinen, kurvigen Sträßchen würden eine Flucht sehr erschweren, falls Eisner oder die Polizei auftauchten.
    Das könnte eine noch üblere Falle sein, als Danny befürchtet hat.
    »Nach Kanada sind es nur neun Stunden«, scherzte Gabrielle, während sie vor ein paar Wächtern in Schlips und Jackett anhielt. Die Männer verglichen die Namen mit einer Gästeliste. Sie wirkten wie Polizisten außer Dienst, befehlsgewohnt. Wahrscheinlich Cops aus Rye, die sich am Wochenende ein paar Dollar extra verdienten – bewaffnet, gut ausgebildet und per Funk mit der Zentrale verbunden. Genau das, was ich jetzt brauchte.
    »Denken Sie daran, Gabrielle, wir gehen nie gleichzeitig ins Haus. Jemand muss draußen bleiben und aufpassen, ob die Polizei kommt.«
    Den Anweisungen der Wachen folgend, parkte sie den Saab in einer langen Reihe entlang des Wendekreises am Ende der Auffahrt.
    Das Anwesen lag an der Spitze einer Landzunge, die in den Atlantik hinausragte. Der einzige mögliche Fluchtweg führte durch einen nur achthundert Meter breiten, bewaldeten Streifen. Die hübschen Sträßchen waren derart unübersichtlich, dass man stellenweise nicht einmal sehen konnte, was hinter der nächsten Kurve lag. Über die riesigen Rasenflächen der benachbarten Landsitze war eine unbeobachtete Flucht zu Fuß kaum möglich. Es war das ideale Gelände für eine Treibjagd.
    Mit anderen Worten: Man kam leicht hinein, aber schwer wieder heraus. »Nehmen Sie den Ersatzschlüssel«, schlug Gabrielle vor, während sie hinter einem taubenblauen Mercedes-Cabrio parkte. Sekunden später füllte ein Honda Odyssey den Rückspiegel und keilte uns ein. Sie seufzte. »Nicht dass es viel nützen würde.«
    »Lassen Sie den Schlüssel stecken, Ma’am«, sagte ein Posten, als wir ausstiegen. Er hakte Gabrielles Namen auf seiner Liste ab. Nach meinem fragte er nicht. Ich war offensichtlich ihr Gast. »Machen Sie sich keine Sorgen um den Wagen. Er steht hier sicher.«
    »Da fühlt man sich so beschützt.« Der Mann war wie geblendet von ihrem Lächeln. Nichts war mehr von der Trauer zu sehen, die sie in sich trug. Gute Schauspielerin, dachte ich beeindruckt.
    Sie hängte sich bei mir ein, während wir mit anderen, lässig elegant gekleideten Gästen in der prallen Mittagssonne die Auffahrt entlangschlenderten. Eine Jazzband spielte hinter dem Haus eine uninspirierte Version von »Take the A Train«. Ich roch Fleisch auf dem Grill und den salzigen Duft des Ozeans. In den Geruch von frisch gemähtem Gras mischte sich der ölige Dunst von versteckten Moskito-Spiralen.
    »Ich könnte einen Drink vertragen«, sagte Gabrielle. »Aber keine Sorge, ich werde der Versuchung widerstehen.«
    Das mit grauen Schindeln getäfelte »Cottage« sollte wohl an ein französisches Chateau aus dem 18. Jahrhundert erinnern. Zwei identische, dreigeschossige Flügel schlossen sich an die mit wildem Wein bewachsene zentrale Eingangshalle mit riesiger Fensterfläche an. Eichenhaine flankierten das Haus. Gezähmte und koordinierte Schönheit, ganz zu Keating passend. Das Haus musste ein Vermögen gekostet haben und seine Erhaltung ebenfalls.
    Es erinnerte mich irgendwie an die künstliche »Trainingsstadt« des FBI in Quantico mit ihren falschen Ladenfronten, imitierten U-Bahn-Tunnels und Kaufhausparkplätzen voller beschlagnahmter Autowracks, wo man lernte, mit minimalem Verlust an Menschenleben Geiseln zu befreien und Terroristen zu überwältigen. Eine Hollywoodkulisse.
    Ich war zwei Wochen lang dort ausgebildet worden, als Ersatzmann für die spezielle Eingreiftruppe des FBI. Chili-Wettbewerbe hatten leider nicht im Lehrplan gestanden.
    Aber ich hatte gelernt, wie man die Landschaft las, Fluchtrouten erkannte oder Stellen, wo die bösen Jungs einen anständigen FBI-Agenten in einen Hinterhalt locken konnten.
    Heute war ich in der Rolle des Bösewichts und würde durch einen sich zuziehenden Kordon schlüpfen müssen.
    Gabrielle bemerkte: »Ich kenne ein großartiges japanisches Restaurant in Montreal. Sind Sie sicher, dass Sie hierbleiben wollen?«
    »Servieren die auch Chili?«
    Unter unserem Geplänkel verbarg sich Nervosität. Zwei weißbefrackte Mädchen im Collegealter servierten geeiste

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