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Serum

Serum

Titel: Serum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. Scott Reiss
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Getränke.
    »Willkommen zum großen Kochwettbewerb, Ma’am, Sir. Wir haben Apfelsaft, Wodka Tonic oder Coke«, sagte die eine.
    »Ich nehme Saft«, sagte Gabrielle. »Und du, Liebling?«
    »Ich auch.«
    »Möchten Sie ein Programm?«, fragte die andere, eine hübsche Blondine. Auf ihrem Tablett lagen weiße Karten mit erhabenem Golddruck.
    »Programm?«, fragte ich.
    »Die Rezepte«, erklärte sie. »Chef Keating versus Chef Schwadron. Nach den letzten sechs Jahren steht es drei zu drei. Heute schlägt die Stunde der Entscheidung. Sie können mit Ihrer Karte abstimmen. Die Wahl ist geheim. Der Sieger sucht einen wohltätigen Zweck aus. Der Verlierer spendet fünftausend Dollar.«
    Gabrielle nahm eine Karte. »Hmm«, meinte sie. »Texas-Kettensägen-Massaker-Chili vom ehrenwerten Tom Schwadron. Klingt lecker. Oklahoma-Tornado-Killer-Chili von unserem verehrten Gastgeber. Liebling, ich kann mich nie zwischen den beiden entscheiden.«
    »Wir müssen erst mehr wissen«, stimmte ich zu.
    »In Vegas stehen die Wetten vier zu eins für Mr Keating«, sagte das Mädchen mit einem wie festgefrorenen Lächeln. Offenbar leierte sie einen auswendig gelernten Text herunter. »In Atlantic City liegt Mr Schwadron vorne.«
    »Welchen Bewerber unterstützen die Nationalen Geheimdienste?«, fragte Gabrielle.
    Das Mädchen lachte herzlich, ohne zu wissen, worüber.
    »Gabrielle, lass uns unsere Stimme abgeben«, meinte ich.
    Wir schlenderten hinters Haus. Das einzige Anzeichen von Anspannung bei Gabrielle war der feste Griff ihrer Finger um meinen Oberarm. Ich hatte mir unterwegs ein leichtes Jackett und Khakihosen besorgt, außerdem Prada-Schnürschuhe mit Gummisohlen, die sich für eine schnelle Flucht ganz gut eigneten. Gabrielle war immer noch ganz in Weiß.
    Die Sonne fühlte sich eigenartig an auf meinem Gesicht, das seit Jahren nicht mehr bartlos gewesen war.
    »Was sagt man dazu? Da ist Alicia Dent«, flüsterte Gabrielle und wies dabei auf eine kleine Rothaarige in einem langen gelben Strandkleid. Sie drehte sich um, als spürte sie unsere Blicke. Es war tatsächlich die Journalistin aus Washington. Sie wandte sich wieder ihrem Begleiter zu, einem pausbäckigen, schlampig wirkenden jungen Mann, der einfach immer nur nickte.
    »Willst du sie nach den Rücktritten fragen, Mike?«
    »Erst Keating und Schwadron. Wir haben nicht viel Zeit.«
    Die Gäste verteilten sich in kleinen Grüppchen über die Rasenfläche, die zum Meer hin abfiel. Neben einem Dock standen ein paar Teenager unter einer Wolke blauen Zigarettendunstes. Die Band spielte in einem grün-weiß gestreiften Zelt, das an den Seiten offen war und in dem Tische mit Erfrischungen standen. Am Sandstrand sonnte sich mindestens ein Dutzend Leute. Ein Pärchen schob seetüchtige Kajaks in die von Felsen gesäumte Bucht.
    »Da ist Keating«, sagte ich. Mein ehemaliger Boss war in ein Gespräch mit einem athletisch aussehenden Fremden mittleren Alters vertieft, dessen Haltung mir vage militärisch vorkam. Er trug einen hellblauen Sommeranzug. Pechschwarzes, zurückgekämmtes Haar. Dunkle Haut. Ein Drink in der Hand. »Warum ist Keating nicht beim Kochen?«
    »Das geschieht am Vortag. Die Chilis stehen im Zelt. Aber es gibt normalerweise auch Hummer, Muscheln und Maiskolben.«
    Während wir auf Keating zugingen, wurde mir bewusst, dass viele der Gäste Gabrielle anstarrten und miteinander tuschelten, möglicherweise aus Neugier, vielleicht hielten sie es aber auch für schlechten Stil, dass die trauernde Tochter auf eine Party ging.
    Keating war ganz in Weiß gekleidet, wie ein Tennisspieler aus den 1920er Jahren. Dazu trug er eine blaue Sonnenbrille.
    Die Augen des Mannes, mit dem er sich unterhielt, verengten sich bei meinem Anblick, obwohl ich ihn nicht kannte. Das gefiel mir nicht. Er wandte sich ab.
    »Mike«, sagte Gabrielle, »danke, dass du im Wagen den Mut hattest, einfach so dazusitzen.«
     
    Meine Strategie, meine Verdächtigen zur Rede zu stellen, kam mir mehr und mehr wie ein Hasardspiel vor. Während wir auf Keating zugingen, fühlte ich mich völlig exponiert. Gabrielles Absätze versanken im Rasen, und sie schwankte leicht.
    »Montreal klingt immer verlockender«, meinte ich.
    »Bill Keating! Was für eine wunderbare Party«, unterbrach Gabrielle die Unterhaltung zwischen den beiden Männern.
    Keatings Sonnenbrille schwenkte zu uns herum. Sein höfliches Gastgeberlächeln wurde eine Spur wärmer. Der Blick des anderen Mannes ruhte mit unverhohlenem Interesse

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