Serum
auf mir.
Keating nahm die Sonnenbrille ab und ergriff Gabrielles Hände. »Ich bin ja so froh, dass Sie gekommen sind, und es tut mir sehr leid, dass …«
Er verstummte, als er mich endlich erkannte. Gabrielle zog mich näher an sich wie einen Geliebten, den sie stolz zum ersten Mal der Familie vorstellte.
»Mike kennen Sie ja«, sagte sie und sah mich schmachtend an. »Er war wirklich toll in dieser schlimmen Zeit.«
»Er ist der zuverlässige Typ«, erwiderte Keating, als würde sein Lächeln die Tatsache auslöschen, dass er mich gefeuert und getäuscht hatte. Sein Händedruck war fest und herzlich. Wenn er wusste, dass ich wegen Mordes gesucht wurde, ließ er es sich nicht anmerken. »Ich bin froh, dass Gabrielle jemanden hat, auf den sie sich verlassen kann«, sagte er.
»Mein Dad konnte sich auf Sie verlassen«, erwiderte sie.
Keating nickte uns traurig zu. Als ihr Begleiter wurde ich als ebenbürtig behandelt, jedenfalls nach außen hin. Ich fragte mich, ob Keating schon von Asa Rodriguez’ Tod erfahren hatte.
»Gabrielle Dwyer, Mike Acela«, stellte er uns seinem Gesprächspartner vor. »Das ist mein guter Freund Alonzo Otto vom Büro des Direktors der Nationalen Geheimdienste. Al, das ganze Land dankt Ihnen Ihren unermüdlichen Einsatz für unsere Sicherheit.«
Der Colonel hatte eine starke, athletische Präsenz. Sein Handschlag war fest, seine Augen waren schwarz, die Zähne weiß, und ich fragte mich sofort, welche Art von Lächeln das wohl war.
»Ich glaube, ich kenne jemanden, der für Sie arbeitet«, sagte ich zu Otto. »Major Carl Eisner.« Es war ein Versuchsballon.
»Tut mir leid, der Name sagt mir nichts. Für mich arbeiten viele Leute.« Otto nippte an einer bernsteinfarbenen Flüssigkeit in seinem Highball-Glas. Eis und ein grünes Blatt schwammen darin herum., »Ein ausgesprochen harter Offizier«, fügte ich hinzu.
»Das ist manchmal notwendig.«
»Und bei welchen Gelegenheiten?«
Otto und Keating wechselten einen schnellen Blick, der eine versteckte Botschaft enthielt. Der Colonel entschuldigte sich mit der Begründung, er müsse nach Washington zurück. Jetzt blieb nur noch die Frage, ob ich hier wegkam, bevor Eisner oder die Polizei auftauchten.
Keating seufzte und wandte sich ebenfalls zum Gehen. »Nun, amüsieren Sie sich gut, Sie beide. Ich sehe da drüben einen alten Freund. Gabrielle, wir müssen uns über ein paar Dinge unterhalten, die die Firma betreffen. Darf ich Sie nächsten Monat anrufen?«
»Es war ein Päckchen in meiner Post«, sagte ich. »Von Dwyer.«
Das stoppte ihn. Wir hatten seine volle Aufmerksamkeit.
»Mit einer Disk«, erklärte ich. »Und Memos. Mögliche Syntheseformeln für HF-109, oder soll ich lieber sagen: Enhance?«
Er setzte die Sonnenbrille wieder auf, und ich sah mein eigenes Spiegelbild darin. »Haben Sie die Disk dabei?«, fragte er ruhig. Ich war vom Lakaien zur Bedrohung aufgestiegen.
Ich informierte ihn, dass es inzwischen mehrere Kopien der Disk gab, und er schlug vor, sich im Haus weiterzuunterhalten.
»Da sind wir ungestörter«, meinte er.
Natürlich würde ich da nicht sehen können, ob die Polizei oder Eisner eintrafen.
»Eigentlich würde ich lieber mit Ihnen und Schwadron gemeinsam reden.« Die Zeit wurde knapp. Ich musste meine beiden Verdächtigen auf einmal aufs Korn nehmen.
»Der? Warum? Ich bin der Aufsichtsratsvorsitzende.«
Er will ihn nicht dabeihaben. Gut.
»Ich habe die Disk«, sagte ich, was weitere Erklärungen überflüssig machte.
»Also gut«, gab er achselzuckend nach und fügte hinzu: »Da ist er ja schon …« Ich folgte seinem Blick und sah Tom Schwadron auf uns zukommen, trotz der Hitze im eleganten Seersucker-Jackett und mit der unvermeidlichen Fliege. Er schien aus der Richtung zu kommen, in die Colonel Alonzo Otto verschwunden war.
»Gabby«, sagte Schwadron und drückte Gabrielle an sich wie ein gutmütiger Onkel. Sein Lächeln und seine Wärme wirkten so echt, dass ich sogar unter diesen Umständen einen Hauch von Zuneigung zu dem Kerl spürte.
»Ich bin ja so froh, dich zu sehen. Und da ist ja auch Mike Acela.« Er schüttelte mir die Hand und sagte zu Keating: »Sehen Sie? Ich sagte Ihnen doch, dass er ein anständiger junger Mann ist. Gabby mag ihn, und eine bessere Empfehlung gibt es nicht.«
Keating enthielt sich eines Kommentars. Gabrielle verkündete, lieber draußen warten zu wollen.
»Ich habe Hunger«, meinte sie.
Als ob sie damit jemanden täuschen könnte.
Sie würde Schmiere
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