Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Settlers Creek

Settlers Creek

Titel: Settlers Creek Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Nixon
Vom Netzwerk:
heruntergebremst. Jetzt glitt der Nissan im Vergleich zu vorher fast in Zeitlupe an den Häusern vorbei.
    Ihm kam es so vor, als würde es schneller gehen, wenn er ausstiege und Mark auf dem Rücken trüge. Natürlich hätte er auch mit Hundert durch die Ortschaft brettern können, doch er wollte nicht riskieren, von einem schlaflosen Polizisten angehalten zu werden, um die Kollekte in dessen dickem Holden zu bereichern. Vermutlich aber schlief der Ortspolizist tief und fest. Um diese Zeit hatte auch das Verbrechen Pause.
    Während er langsam an den Häusern vorbeirollte, stellte sich Box die Menschen vor, die darin schliefen. Rotgesichtige Spießer. Er malte sich aus, wie sie sich in ihren Betten bewegten, den Kopf hin und her drehten, sich auf die Seite rollten, die Decke höher zogen und instinktiv Verwünschungen murmelten gegen diesen gottverdammten Nachtmahr, der mit blutiger Fratze und seinem toten Vogelscheuchensohn hinter sich durch die Nacht ritt.
***
    Er hatte nun die Hügel des Vorgebirges hinter und die weite Ebene vor sich. Die Straße war so schnurgerade, als hätte ein göttliches Lineal sie in die Weizen- und Gerstefelder gezeichnet. Große Bewässerungsanlagen liefen in der Nacht, sie saugten Wasser aus den Flüssen und verspritzten es in gewaltigen Bögen über die Felder; ihre Düsen fingen das Mondlicht ein. Irgend jemand hatte das Fenster an der Fahrerseite runtergekurbelt, es mußte eigentlich er gewesen sein, doch er erinnerte sich nicht daran. Der kühle Luftstrom floß über sein Gesicht und in seinen Mund, trocknete seine Zunge aus, und er wünschte, er hätte eine Flasche Wasser mitgenommen. Im Osten malte sich das bleiche Licht der Stadt an den Himmel. Bald war er zu Hause.
    Er hatte vorgehabt, von Südwesten auf Nebenstraßen in die Stadt zu fahren, doch in dem Nebel, der sich über ihn gelegt hatte, konnte er sich nicht mehr vorstellen, wo er abbiegen mußte.
    Vielleicht war er schon abgebogen.
    Die Straße, auf der er sich befand, sah nicht mehr wie der Highway aus. Die Scheinwerfer führten ihn über eine enge Straße mit Grasböschungen auf beiden Seiten. Hohe Rechtecke ordentlich geschnittener Hecken faßten sie ein.
    Sein Mund war entsetzlich trocken. Seine Augenlider bleischwer. Die Straße geriet ihm immer wieder aus dem Blick. Und dann war sie ganz weg.
    Box hörte ein Geräusch, als kratzten Tausende Fingernägel auf Holz, und dann eine Explosion.
    Und dann, Gott sei Dank, nichts mehr.
Sechsundzwanzig
    Etwas kratzte an Box’ Wange. Ohne die Augen zu öffnen, wischte er es mit der Hand weg, aber es blieb da. Wurde höchstens noch schlimmer. Box stöhnte und öffnete die Augen. Er erwartete, Liz’ Hinterkopf zu sehen, ihr Haar, ein dunkles Knäuel auf dem sonnenblumengelben Kopfkissen.
    Statt dessen war da das Lenkrad. Das beleuchtete Armaturenbrett. Gegen das Glas der Windschutzscheibe gepreßt – er brauchte einige Zeit, bis er begriff, worauf er da blickte –, ein gitterartiges Durcheinander von dünnen Ästen und Zweigen. Der Motor schwieg, die Scheinwerfer brannten.
    Box langte neben sich und tastete nach der Tür. Er fand den Griff und zog daran. Sie öffnete sich einen kleinen Spalt, aber selbst als er sich mit seinem ganzen Gewicht dagegen stemmte, ging sie nicht weiter auf, sondern sprang zurück.
    Der Sicherheitsgurt hielt ihn fest. Er löste ihn und drehte sich um. Mark war noch da.
    Durch die Heckscheibe des Nissans konnte Box den Nachthimmel sehen. Er beugte sich über den Beifahrersitz und versuchte es mit dieser Tür, die leicht aufging. Mühsam zwängte er sich hinter dem Lenkrad heraus und über den Schalthebel auf die Beifahrerseite, dort wand er sich ins Freie. Er fand sich auf Händen und Knien zwischen den Gerüchen nach trockener Erde und Zypressen wieder. Er schob sich durch eine dünne Wand aus Zweigen und gelangte auf eine Grasböschung neben einer leeren Straße.
    Nach dem Standort des Wagens zu schließen, hatte er einen Telefonmasten nur um Haaresbreite verfehlt. Konnte aber keine Hundert draufgehabt haben, nicht als er in die Hecke fuhr. Er erinnerte sich nicht. Sein Fuß mußte vom Gaspedal gerutscht sein, als er einschlief – oder ohnmächtig wurde? So mußte es gewesen sein. Andernfalls wäre er als Toter aufgewacht.
    Er wollte sich gerade daran machen, den Nissan rückwärts aus dem Gebüsch herauszubugsieren, als Scheinwerfer auf der Straße auftauchten. Sie kamen näher und wurden langsamer. Es war ein kleinerer LKW mit der Beschriftung

Weitere Kostenlose Bücher