Settlers Creek
hast ihn getroffen«, sagte Paul ungläubig.
Sie gingen hin, und Box stieß den Vogel mit dem Fuß an. Offensichtlich war er tot. Jetzt im Gras wirkte er viel kleiner als auf dem Pfosten. Ein paar schwarze Federn lagen neben ihm. Der Schnabel stand offen, und ein wenig Blut lief aus einem halbgeöffneten Auge.
Genau da erschien Pop. Sie hatten ihn nicht den Hügel heraufkommen sehen. Auf einmal stand er vor ihnen. Er schimpfte nicht und schrie sie nicht an, doch er sah bedrohlich aus. Mit leiser Stimme erklärte er ihnen, was geschehen würde. Und zeigte die Alternativen auf.
Pop stand über sie gebeugt, während Paul und Box abwechselnd den Vogel rupften. Als sie damit fertig waren, gab Pop Box sein gutes Jagdmesser.
»Warum muß ich das tun?«
»Du bist der, der ihn getötet hat.«
Box hielt den Körper des Vogels gegen den Zaunpfahl und drang mit dem Messer unterhalb des geschwollenen Kropfs in den Vogel ein. Er spürte, wie zerbrechlich die Knochen waren und wie dünn die Muskeln. Die Eingeweide waren noch immer warm, sie ließen sich nicht leicht herausnehmen, Box mußte mit dem Finger nachhelfen. Er kratzte sie heraus und ließ sie ins Gras fallen. Kopf und Krallen schnitt er ab.
Am Abend kochte Dee den Vogel und servierte ihn auf Kartoffelpüree. »Das reicht gerade für euch beide«, sagte sie dazu. »Wir wollen euch nichts von eurem leckeren Essen wegnehmen. Zumal ihr es selbst gejagt und erlegt habt.« Die Großeltern wären mit Lammfleisch zufrieden, sagten sie. Box und Paul durften nicht vom Tisch aufstehen, bis sie alles aufgegessen hatten. Das war eine der längsten Mahlzeiten seines Lebens gewesen.
Jetzt grinste Box reumütig. Nach diesem Abendessen war die Aalpopulation so sicher wie eine geschützte Tierart.
Er sprang über den schmalen, weißschäumenden Bach und die algenüberzogenen Steine hinweg ans andere Ufer und kletterte den Abhang hoch. Er stieg über den herunterhängenden Weidezaun und in der Sonne weiter den steilen Hügel hinauf. Das Gras war höher, als er es je gesehen hatte. Dee hielt keine Schafe mehr, es gab nicht mal eine Ziege, um Gras und Unkraut niedrig zu halten, und die Pfade, die das Vieh benutzt hatte und denen er früher den Berg hinauf folgen konnte, waren seit Jahren überwuchert.
Der Abhang wurde immer steiler, und nach zehn Minuten Kletterei war Box außer Atem. Er blieb stehen und wandte sich um. Das war nicht der höchste Punkt der Farm – der Kraterrand lag noch ein ganzes Stück über ihm –, doch von hier aus hatte er einen freien Blick.
Er sah das Haus und dahinter drei große Gewächshäuser, in denen Pop Tomaten gezogen hatte, seit seinem Tod standen sie leer. Die fetteste und vornehmste von Dees drei Katzen stolzierte mit erhobenem Schwanz über den Rasen am Haus. Von hier oben konnte er alles sehen: die Obstplantage und den Gemüsegarten, die Felder, auf denen Generationen von Saxtons Tomaten, Salat und einmal sogar Karotten für den Markt in der Stadt geerntet hatten; den Bach, der wie eine dunkle Narbe das Land durchschnitt.
Box kam die Fotografie von Randall, Augustus’ ältestem Sohn, in den Sinn. Seit Box’ Kindertagen, solange er denken konnte, hing sie bei Dee im Flur. Sie war eines der Dinge, mit denen Box sein ganzes Leben verbracht hatte; sie war ihm so vertraut wie die Muttermale auf seinen Armen, so selbstverständlich, daß er sie nicht mehr sah. Doch jetzt, hier oben am Rand des Lands, dachte er an diese Fotografie.
Randall ist darauf noch ein junger Mann, breitschultrig und muskulös geht er hinter zwei Zugpferden her, die Zügel locker in der Hand. Rings um ihn steigen Staubwolken auf. Den ganzen Tag sog er mit jedem Atemzug diesen Staub ein, und Erde färbte die Linien seiner rissigen Hände dunkel. Das war sein Leben bis zu seinem Tod. Das Feld, auf dem Randall steht, ist leer – fünfzig Jahre später würde dort der Packschuppen mit seinem roten Ziegeldach stehen –, mit der Hand aus dem Buschland geschlagen, das einst die gesamte Bucht umgab. Das Feld fällt sanft zum Hafenbecken ab, als sollten die Reihen reifender Tomaten, die bald hier wachsen würden, schon mal dem blauen Wasser vorgeführt werden. Beim Arbeiten konnte Randall über das ganze Hafenbecken schauen, über Quail Island hinweg bis zu den Hügelketten des Kraterrands in der Ferne. Der höchste Punkt der Halbinsel, Mount Herbert, war an klaren Tagen immer zu sehen. Man konnte Flundern und Kabeljau im Hafenbecken und Aale in den Flüssen fischen. Die Familie
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