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Settlers Creek

Settlers Creek

Titel: Settlers Creek Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Nixon
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Knochenmehl. Box füllte seine Lungen mit diesem vertrauten Geruch.
    Pops Gartengeräte hingen an der Rückwand des Schuppens. Eine Werkbank mit Schraubstock stand unter dem schmutzverkrusteten Fenster. Box lehnte die Harke gegen die Wand und zog eine leicht klemmende Schublade auf. Sie war voller Samentüten, die sein Großvater sorgfältig beschriftet hatte. Box’ Erinnerungen an ihn kreisten oft darum, wie sie gemeinsam in den Tomatenreihen gearbeitet hatten oder wie Pop den widerspenstigen Traktor zähmte. Als Kind schon hatte Box verstanden, daß ein großer Teil der Arbeit darin bestand, die Maschinen am Laufen zu halten, damit unter dem Gewicht der Jahreszeiten nicht alles zu Schrott zerfiel. Entropie. Das war ein Begriff, über den Box erst unlängst gestolpert war – als er nämlich Heather bei einer Biologiehausarbeit half –, aber er hatte ihm sofort eingeleuchtet. Sein Großvater hatte sein ganzes Leben damit verbracht, gegen die natürliche Tendenz der Dinge zu Zerfall und Chaos anzukämpfen. Das Transportband im Packschuppen stand immer kurz vor dem Kollaps, die Zäune hingen durch, die Wetterschenkel an der Rückseite des Hauses faulten. Selbst die Tomaten zeigten eine Tendenz zum Chaos, sie sogar besonders. Sie wollten einfach nicht in geraden Reihen wachsen. Die Ranken hingen herunter und verdrehten sich und schienen sich über jede Pflanzenkrankheit zu freuen und jeden Schädling zu begrüßen, der des Weges kam. Das Unkraut zwischen ihnen gedieh prächtig und mußte ständig herausgerissen werden.
    Box betrachtete die Geräte, die noch an der Schuppenwand hingen. Viele fehlten. Sein Großvater hatte für jede Arbeit das passende Werkzeug gehabt. Als er klein war, hatte er nicht begriffen, warum sein Großvater um jedes Werkzeug an dieser Wand mit einem dicken schwarzen Filzstift dessen Kontur gemalt hatte. Er hatte geglaubt, es wären die Schatten eines Hammers, einer Säge oder eines Stemmeisens, die zurückblieben, wenn Pop diese Dinge benutzte. Vermutlich hatte er diese Vorstellung aus Peter Pan, was Dee ihm damals vor dem Einschlafen vorlas. Er schaute jetzt auf die schwarzen Markierungen, sie waren verblaßt, aber noch immer sichtbar. Eingehüllt vom Geruch nach Leinöl und Erde, blieb er lange stehen und starrte auf diese Wand verlorener Schatten.
***
    Der Bach verlief am Grund einer Rinne, die wie ein Axthieb in ihr Land schnitt. Trauerweiden waren irgendwann zwischen die Farnbäume und die anderen einheimischen Pflanzen gesetzt worden. Box trat in den kühlen Schatten der Bäume und kletterte den Abhang zum Bachbett mit seinen rundgeschliffenen Steinen hinab. Er stand an einem tiefen Becken, dessen Wasser die Farbe zu lange gezogenen Tees hatte – nicht mal der von Dee war so dunkel. Box konnte nicht auf den Grund sehen. In seiner Kindheit hatte es dort Aale gegeben, wahrscheinlich auch jetzt noch. Vielleicht waren es sogar dieselben; Aale konnten sehr alt werden. Sie wären jetzt nur größer. Er konzentrierte den Blick auf das Wasser am jenseitigen Rand des Beckens, wo Farne über den Bach hingen, doch er sah keine dunklen Schatten hin- und herflitzen.
    Box und Paul war streng verboten worden, die Aale in dem Bach zu jagen. Andere Kinder hatten immer wieder damit angegeben, wie viele Aale sie mit ihren Speeren erlegt hatten, doch Pop hatte die Vorschrift erlassen, daß man nur töten durfte, was man essen wollte. Und Aale wollten sie auf keinen Fall essen, diese schleimigen Riesenwürmer, die sich von Unrat ernährten und Entenküken verschlangen.
    Paul hatte immer gesagt, daß Pop das nicht ernst meinte, bis zu dem Tag, als sie mit einer Schleuder oben am Wassertrog waren. Sie hatten sie am Morgen im Geräteschuppen gebastelt. Der Y-förmige Rahmen bestand aus drei geklauten Metallkleiderbügeln, die sie im Schraubstock zusammengedreht hatten, dann klebten sie Isolierband in einer dicken Schicht um den Griff. Das Gummiband zwirbelten sie aus einem mehrfach geflickten Fahrradschlauch zusammen. Als Munition nahmen sie verrostete Schraubenmuttern.
    Als der Ältere beanspruchte Paul, zuerst zu schießen. Box schaute ihm zu bei seinen vergeblichen Versuchen, Vögel zu treffen, zumeist Spatzen. Ein Fehlschuß nach dem anderen. Nach einem Dutzend Fehlschüssen gab er verärgert auf.
    »Das Scheißding funktioniert nicht, es schießt nicht geradeaus.« Er gab Box die Schleuder.
    Box sah eine Amsel auf einem Zaunpfahl, zielte und schoß. Der Vogel zuckte zusammen und fiel nach hinten.
    »Du

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