Setz dich über alles weg
für ein paar
Tage Ihre Arbeit sausen und bleiben Sie zu Hause. Bis nachher!«
Das war ein Witz! Die Arbeit sausen
lassen! Die Frau eines Arztes, wenn sie überhaupt arbeitet, hat etwas
Anständiges und Passendes zu tun, hat Krankenschwester oder technische
Assistentin zu sein und nicht ihr Leben damit zu verbringen, Rundfunkprogramme
durch Reklamesendungen zu stören. Von Tag zu Tag wurde mir immer klarer, daß
Ärzte gut daran täten, ihresgleichen zu heiraten, und sich nicht ihre Bräute
aus fremden Gefilden zu holen.
Ich ging in die Küche und begann das
Eis in einem Geschirrtuch zu zerstampfen. Das Tuch bekam große Löcher, und die
Eisbrocken flogen in der Küche herum. Ich nahm den Wäschesack, den Yuri mir
aufmerksamerweise aus der japanischen Wäscherei besorgt hatte, schüttete den
Inhalt dreier Gefrierkästen hinein und begann mit einem Hammer
draufloszuschlagen. Als ich dann endlich ein kleines bißchen Eis in die Wärmflasche
gestopft hatte, war es schon geschmolzen, und ich mußte von vorn anfangen. Aus
dem Schlafzimmer kam lautes Geschrei. »Um Gottes willen, Mary, was machst du
denn? Hackst du Holz?« Ich konnte mich kaum des Verlangens erwehren,
hinaufzulaufen und Jim mit dem Hammer auf den Kopf zu hauen.
»Ich mache nur die Eisbeutel zurecht,
Liebling! Ich komme gleich!« Meine Selbstbeherrschung war ein Musterbeispiel
ehelicher! Anpassungsfähigkeit, und ich kam mir wie eine Heldin vor.
Als ich mit meiner triefenden Opfergabe
erschien, schielte Jim mit einem bösen Auge unter den Decken hervor. »Mach dir
nicht die Mühe, Eis zu zerklopfen, ich lasse mir keine Eisbeutel auf den Bauch
legen. Alle Chirurgen sind verrückt, und Marsh ist der allerverrückteste. Leer
die Wärmflaschen aus und fülle sie mit kochendem Wasser. Ich will ein Kotelett
mit gebratenen Zwiebeln haben, etwas Salat und eine Tasse guten Kaffee, den ich
mir wahrscheinlich selber werde machen müssen.« Er setzte sich auf und
schwenkte die Beine über den Bettrand. »Sieh in der untersten Schublade nach
und gib mir ein Paar Wollsocken.«
»Soll ich sie dir anziehen?«
»Nein. Ich bin nicht gelähmt.« Er nahm
die Socken und begann sie vorsichtig und mühselig anzuziehen; dabei ächzte er
wie eine Säge. Dann wickelte er sich eine Decke nach Indianerart um die Hüften,
zog den Bademantel darüber, schlüpfte außerdem in den Jagdrock und band alles
mit der Bademantelschnur fest. Als er zur Tür humpeln wollte, verzog sich sein
Gesicht vor Schmerz. Er zögerte einen Augenblick, schwankte und fiel dann
rücklings aufs Bett.
Ich bat ihn, sich nicht anzustrengen,
mir zu sagen, was er haben wolle, und ich würde es mit Freuden holen. Das Atmen
fiel ihm schwer, er rang nach Luft und stieß zwischendurch hervor: »Den Kaffee
sorgfältig abmessen, ein gehäufter Teelöffel für jede Tasse kochenden Wassers —
eine Prise Salz ins Wasser, bevor der Kaffee aufkocht — die Tasse vorher
anwärmen — ich glaube, ich mag keine gebratenen Zwiebeln — nur ein Kotelett mit
Salat. Und bevor du gehst, füll mir die Wärmflaschen!« Seine Instruktionen
zeigten mir, daß nicht nur ich mich den Erfordernissen des ehelichen
Zusammenlebens anzupassen verstand.
Er legte sich wieder hin, und ich
placierte die heißen Wärmflaschen auf seinen Bauch — genau so, wie Dr. March es
mir für die Eisbeutel vorgeschrieben hatte. Dann flehte ich zu Gott, die
Internisten möchten recht und die Chirurgen unrecht haben.
Ich stellte Jims Essen auf ein Tablett
und schlich auf Zehenspitzen die Treppe hinauf. Er schlummerte friedlich. Ich
ging also wieder hinunter und aß es selber auf.
Gegen sechs Uhr kam Dr. Marsh, maß Jims
Temperatur und sagte: »Fein! Ich habe mir gleich gedacht, es wird nachlassen.
Morgen machen wir eine Blutprobe. Ich verständige dich.«
Gegen halb neun sank ich dankbar ins
Bett, und wir beide verbrachten eine ruhige Nacht.
Als wir morgens aufwachten, sagte Jim:
»Ich fühle mich glänzend — könnte es mit sämtlichen Chirurgen aufnehmen!
Salmonella — wie ich’s gleich gesagt habe.« Ich fragte ihn abermals, ob
Salmonella ein medizinisches Wortspiel sei und bedeute, jemand habe zuviel Salm
gegessen, oder ob es dasselbe sei wie Ptomainvergiftung und ob er frühstücken
wolle.
»Weder noch! Es handelt sich um eine
Art Paratyphus. Ptomain — übrigens wird das Wort nur noch selten angewandt —
entsteht, wenn man Lebensmittel verzehrt, die durch saprophytische
Mikroorganismen zersetzt worden sind.« Er ging zum Spiegel und
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