Setz dich über alles weg
schmerzlos oder
das Geld zurück!« — »Warum sich genieren müssen — auch Sie können wunderschöne
neue Zähne bekommen!« — entströmten meiner Schreibmaschine, und ich fühlte mich
beruhigt.
Gegen drei Uhr rief meine Schwester
Betty an. »Na, wie gefällt es dir, mit einem Arzt verheiratet zu sein?« fragte
sie. Ich erwiderte: »Weißt du einen guten Scheidungsanwalt?« Betty sagte: »Was
mag aus dem alten Musiker geworden sein, mit dem wir beide verlobt waren? Ich
habe ein Geschenk für Jim. Ich begleite dich morgen ins Krankenhaus.«
»Ja, mach das, Betty! Vielleicht kannst
du ihn dazu kriegen, daß er ißt und sich benimmt!« Betty lachte: »Kein Mensch
wird ihn dazu kriegen, daß er sich benimmt. Er ist ein kranker Mann, und das
will er dir ordentlich unter die Nase reiben.«
Als ich am nächsten Morgen mit Betty
erschien, saß Miss O’Connel, die diensttuende Schwester, neben Jims Bett. Sie
erhob sich. »Nur guten Tag sagen! Er braucht Ruhe.« Ich tätschelte Jims
schlaffe Hand und stellte ihr Betty vor. Miss O’Connels abweisende Miene — »Nein,
nein, keine Besucher!« — wich einem unwilligen: »Guten Tag.«
»Jim, Betty hat dir etwas Feines
mitgebracht.« Als ich ihn auf die Stirn küßte, kam sie mir ungewöhnlich heiß
vor. Er warf sich unruhig hin und her, sagte: »Hallo, Bets, du siehst fabelhaft
aus!« und schloß die Augen. Diesmal machte er einen richtig kranken Eindruck
und benahm sich auch danach.
Wir gingen hinaus und trafen im
Korridor Dr. Marsh, der auf Nummer 603 zusteuerte. Als ich ihm Betty
vorstellte, sagte er ein wenig gereizt: »Sie sind aber keine Arztfrau, wie? —
Schade!« Betty beehrte ihn mit einem gewinnenden Lächeln und erwiderte: »Gott
sei Dank, nein! Aber auch ich habe meine Sorgen« — und dann fragte sie, ob es
Jim wirklich besser gehe oder nur, wie es in den Krankenhäusern zu heißen
pflegt, »den Umständen angemessen«.
»Es hat keine Komplikationen gegeben,
Mary. Eine leichte Reaktion auf die intravenöse Einspritzung — aber das Fieber
ist schon wieder gefallen. Ich rufe Sie heute abend zu Hause an. Alles in
Ordnung — nur keine Angst!« Mit ernster Miene verschwand er in Jims Zimmer.
»Er sieht nett aus — gefällt er uns?«
Betty schnüffelte. »In Krankenhäusern riecht es immer so traurig. Komm, Mary —
gehen wir Kleider anprobieren, die wir uns nicht leisten können! Was kann Jim
schon passieren, wenn zweihundert Ärzte und zwei- oder dreitausend Schwestern
nur danach lechzen, daß er Symptome bekommt, damit sie hinstürzen und ihm
helfen dürfen!«
»Was du dir einbildest! Zwei Schwestern
sind bereits weggelaufen, und die Ärzte tun, als ob Jim ein Versuchskaninchen
wäre.«
»Vielleicht ist er’s!« Wieder
schnüffelte sie und schüttelte sich. »Warum machst du ihm nicht eine richtige
tolle Szene? Du mußt natürlich warten, bis er das Schlimmste überstanden hat,
aber wenn er dann Rekonvaleszent ist und, wie Oma sagt, »genauso wie alle
Männer!«, dann sollst du ihn noch schlimmer anbrüllen, als er jetzt die anderen
anbrüllt. Wetten, daß es wirkt!«
Die Aussicht war so erfrischend, daß
ich gleich viel besser gelaunt war, und den ganzen Nachmittag über probierten
wir Hüte auf, um festzustellen, wer von uns am gräßlichsten aussehen könne.
Dann gingen wir zu meiner Mutter essen. Es war himmlisch, wieder im Schoß der
Familie zu sein. Alle tanzten sie herum, kochten wie die Wilden, erzählten mir,
was für Ekel ihre diversen Chefs seien, bemitleideten mich, weil ich mit einem
Arzt verheiratet war, und benahmen sich überhaupt sehr herzlich und trostreich.
Anne und Joan, Bettys Kinder, fielen über mich her, voller Gier, noch mehr von
»Messern und Blut‹ zu hören, und während ich ihnen Geschichten erzählte, kam
ich mir bald nicht mehr gar so dramatisch vor.
Als ich am nächsten Abend ins
Krankenhaus kam, begegnete mir Dr. Marsh am Haupteingang. Meine nervöse Frage
beantwortete er mit einem Lächeln und einem Tätscheln. »Ich möchte behaupten,
daß er so gut wie gesund ist. Er hat Miss Wayne und Miss Witherspoon
hinausgeworfen, und die Brown wartet nur auf eine Gelegenheit, um ebenfalls zu
verschwinden.« Er lachte voller Stolz. »Die Wayne macht ihn nervös — sie
fummelt zuviel herum. Die Witherspoon redet ihm zuviel. Es sind meine besten
Operationsschwestern, aber ich kann sie nicht zwingen, bei einem Patienten zu
bleiben, der sich nicht fügen will. Sowie er sie nicht mehr brauchte, sind sie
gegangen. Freilich,
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