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Setz dich über alles weg

Setz dich über alles weg

Titel: Setz dich über alles weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Bard
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wenn er krank wäre, würden sie noch bei ihm sein.«
    »Was machen wir jetzt?«
    Während er ins Auto stieg, huschte ein
boshaftes Grinsen über sein Gesicht. »Ich habe Bunny zu ihm geschickt. Es wird
schon werden. Eigentlich fehlt ihm gar nichts mehr.«
    Als ich in Jims Zimmer kam, stocherte
er mürrisch in seinem Essen herum. Neben dem Bett, ungeduldig mit dem Fuße
klopfend, stand eine außerordentlich hübsche Pflegerin in einem kurzen weißen
Kittel, unter dem sie offenbar nur kleine Höschen und einen Büstenhalter hatte.
Sie trug weiße Schuhe mit hohen Absätzen und ein ungebräuchliches Häubchen, das
keck auf dem lockigen blonden Haar saß. Sie roch stark nach ›Nuit de Noel‹.
    »Brav sein, mein Schatz, und alles
schön aufessen! Die Süße paßt auf! Ich kann nicht den ganzen Tag dastehen,
während Sie mit dem Tablett herumspielen. Entweder wird aufgegessen — oder ich
muß Sie füttern.« Sie zupfte ihre Locken zurecht und summte ein paar Takte aus
›Für dich, mein Schatz, für dich!‹ Jim nahm einen Bissen Sahnehuhn und würgte
ihn hinunter. »Mary, ich kann diesen Quark nicht essen. Wenn ich das Zeug nur
anschaue, wird mir übel!« Er blickte auf. Seine großen blauen Augen flehten um
Erbarmen.
    »Wenn Sie nicht krank wären, brauchten
Sie das Zeug nicht anzuschauen.« Bunny warf einen Blick auf ihre Armbanduhr.
Jim verzehrte mit düsterer Miene den letzten Rest des Hühnerragouts und zündete
sich eine Zigarette an. »Junge, werde ich froh sein, wenn ich wieder zu Hause
bin und etwas Genießbares vorgesetzt kriege! Ich wußte ja gar nicht, was für
eine gute Köchin ich geheiratet habe.« Er seufzte und sah mich zärtlich an.
    Bunny nahm das Tablett, stützte es
salopp gegen die Hüfte, öffnete die Tür und sagte: »Setzen Sie ihn auf die
Pfanne, während ich weg bin? Ja? Ich muß nur mal hören, ob man mich angerufen
hat.« Ihr weißes Hinterteil wackelte zur Tür hinaus, zu den gutturalen Klängen
von »Billy Boy‹.
    »Ist das liebe Geschöpf zu deiner
Unterhaltung hier, oder soll sie dich pflegen? Kennst du sie näher?«
    »Nicht in dem Sinn, den dein Ton vermuten
läßt, aber ich habe sie oft hier herumsteigen sehen. Marsh mag sie und schickt
sie manchmal mit seinen Patienten nach Hause. Ich persönlich könnte mir andere
Berufe denken, die besser zu ihr passen würden. Sie nimmt auch die persönlichen
Anrufe für Marsh entgegen. Sie ist nicht übel.«
    Bunny kam mit einem Filmmagazin zurück.
Sie schien mit sich und der Welt zufrieden, man konnte sie förmlich schnurren
hören. Anscheinend hatte Billy Boy angerufen, und alles war in bester Ordnung.
Sie schlängelte sich zu dem Schaukelstuhl hin, nahm Platz, stopfte einen
Kaugummi in den Mund und begann rhythmisch hin und her zu knarren, leise
summend, während sie in der Zeitschrift blätterte.
    Ich wartete atemlos auf die Explosion.
Kaugummi, ein knarrender Schaukelstuhl und Summen — in Anwesenheit eines
Arztes! Hu! Jim runzelte die Brauen und schluckte heftig, aber was er sagte,
war nicht so giftig, wie ich’s erwartet hätte: »Mary, möchtest du so lieb sein
und über die Straße gehen und mir ein Schnitzel und eine Tasse guten Kaffee
besorgen? Hier im Krankenhaus scheint man den Kaffee aus gepreßtem Kehricht und
Abwaschwasser zu brühen.«
    »Hat keinen Zweck — ich müßte ihn ja
doch ins Klosett gießen.« Knarr-knarr. Bunny blätterte geräuschvoll um. »Er muß
immer noch strenge Diät halten. Ehrlich gesagt, ich kann nicht verstehen, warum
sie die Bette Davis mit einer Ponyfrisur herumlaufen lassen. Wenn eine über
Zwanzig ist, sehen die Stirnfransen einfach lächerlich aus, und wenn die Davis
nicht weit über Zwanzig ist, bin ich Shirley Temple. Und weil wir gerade vom
Klosett sprachen — Sie müssen jetzt Ihren Einlauf kriegen.«
    Jims Nasenflügel blähten sich, und an
seinen Mundwinkeln bildeten sich weiße Striche. »Ich will keinen Einlauf
haben!« knurrte er. »Und Sie werden mir keinen Einlauf geben!«
    »Ob Sie ihn von mir kriegen oder von
Ihrer Kleinen, ist mir völlig schnurz. Auf der Tabelle steht »ein Klistier vor
dem Einschlafens Wer es Ihnen verabreichen soll, steht nicht da. Ich hab’s um
acht.« Sie summte ein paar Takte von »Yes, Sir, Baby liebt mich...‹ und ging
zum Nachttisch. »Bitte sich umzudrehen, Herr Doktor!«
    Ich sagte hastig: »Ich gehe jetzt, mein
Schatz, wir sehen uns morgen!« — und dann lief ich durch den Korridor zu der
diensttuenden Schwester, die in ihrem Kämmerchen saß.

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