Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Setz dich über alles weg

Setz dich über alles weg

Titel: Setz dich über alles weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Bard
Vom Netzwerk:
»Miss O’Connel, könnten
wir bei Jims Entlassung Bunny nach Hause mitnehmen? Kommt sie zu Patienten ins
Haus?«
    Miss O’Connel lächelte mir vielsagend
zu. »Aber sicher! Nachts wird sie nicht dasein, sie macht keinen Nachtdienst —
zuviel Kavaliere — aber es ist. ihr egal, wo sie pflegt — falls man das
»pflegen« nennen kann. Heute nacht ist die kleine Brown dran.«
    Ich beschloß, umzukehren und Jim
besonders zärtlich gute Nacht zu sagen. Bunny war eben dabei, wegzugehen und
ein sanftes kleines Mäuschen namens Miss Brown zu instruieren. »Er hat seinen
Einlauf, sein Essen und sein Schlafmittel bekommen. Wenn du willst, kannst du
ihm den Rücken massieren, ich habe keine Zeit mehr. Tjüssing!« Sie winkte zum
Abschied mit der Hand und lief den Korridor entlang, um sich umzuziehen.
    Jim war Miss Browns erster Fall, und
natürlich mußte es ein Arzt sein, den sie zu pflegen hatte. Mit nervöser Hast
strich sie die Decken zurecht und sah aus, als bereute sie, daß sie nicht den
Rat ihrer Lehrerin befolgt und Stenographie und Tippen gelernt hatte.
    Als sie Jim das Thermometer in den Mund
stecken wollte, fuhr er sie an. »Lassen Sie das sein! Ich habe seit mindestens
drei Tagen kein Fieber mehr.«
    Er legte das Thermometer auf den
Nachttisch und lächelte mir i zu. »Hast du mir etwas zu lesen mitgebracht? Wenn
du bloß daran denken wolltest, mir meine Fachzeitschriften mitzubringen — ich
habe eine Menge nachzuholen.« Er strampelte unwillig die Decken los, die Miss
Brown so sorgfältig zurechtgestopft hatte. »Lassen Sie mein Bett zufrieden —
ich kann ja die Füße nicht mehr bewegen! Und hören Sie mit dem Gezappel auf,
Sie machen mich verrückt!«
    Miss Brown brach in Tränen aus und lief
aus dem Zimmer. Ich gab ihm das Kalbsschnitzel, das ich mit Dr. Marshs
Erlaubnis besorgt hatte, und leitete die von Betty empfohlene Behandlung ein —
eine fürchterliche Szene. Ich begann mit einem kleinen Prolog: »Nun hör mal zu,
du schimpfendes präpotentes Ekel!« — erwähnte dann nebenbei, daß zwar meine
medizinischen und chirurgischen Kenntnisse mangelhaft sein mochten, daß ich mir
jedoch darüber im klaren sei, was ein verwöhnter Bengel ist — zählte meine
verschiedenen Chefs auf, die ich bisher, bevor er krank wurde, für die
unausstehlichsten Lümmel gehalten hätte, die auf Gottes Erdboden herumlaufen,
und schloß mit einem Hinweis auf die Tatsache, daß die Bards aus einem weitaus
härteren Holz geschnitzt seien als sämtliche Browns dieser Welt
zusammengenommen.
    An einem riesigen Stück Fleisch kauend,
sah er mich nachdenklich an. »Mhm, gut! Weißt du — «, er steckte die zweite Hälfte
auf einmal in den Mund—, »wenn du böse wirst, kriegst du ein rotes Gesicht, und
deine Haare sträuben sich. Du siehst dann aus wie eine gefüllte Tomate. Mehr
komisch als furchteinflößend. Du solltest es mit einer ruhigen, wohlmodulierten
Stimme versuchen und nur wenige ausgewählte Worte verwenden — nicht
drauflosplappern! Das würde viel besser wirken. Versuch’s mal!« Ich machte ein
finsteres Gesicht und fing zu blubbern an. »Psst! Nebenan liegen kranke Leute!«
Triumphierend legte er sich zurück. Jetzt war ich an der Reihe. Ich hielt den
Rand des Nachttischchens fest, um ihm nicht eine Ohrfeige zu geben — aber ich
senkte tatsächlich die Stimme zu einem leidenschaftlich bewegten Geflüster.
    Dann kam Dr. Marsh mit einer verweinten
Miss Brown und einer gestrengen Miss O’Connel herein. Jim sagte sofort: »Warum
kann ich nicht übermorgen nach Hause, Marsh?«
    »Das hängt ganz von dir ab. Wenn du
versprichst, im Bett zu bleiben, dich ordentlich aufzuführen und nicht mit
deinen Patienten zu telefonieren, darfst du nach Hause. Aber wenn du dich wie
ein störrischer Maulesel benimmst, kommt Bunny nicht mit.«
    »Ich benehme mich doch nicht wie ein
Maulesel — oder finden Sie, Miss Brown?« Miss Brown hielt offenbar diesen
Vergleich für durchaus unzulänglich — sie gab einen schnüffelnden Ton von sich
und schüttelte den Kopf. »Tu’ ich denn nicht alles, was man mir sagt?« Er
lächelte gewinnend.
    Miss Brown zog es vor, sich nicht
festzulegen. »Ich habe bisher noch keine Erfahrung in Einzelpflege. Der Herr
Doktor ist mein erster Fall« — und dabei sah sie aus, als ob sie, wenn das ein
typischer Fall wäre, gern darauf verzichten würde, Erfahrungen zu sammeln.
    Dr. Marsh hatte sich die Tabelle
angesehen und blickte auf. »Und vergiß nicht — wenn Mary anruft und sagt, du
bist

Weitere Kostenlose Bücher