Setz dich über alles weg
klingelte es an der Tür. Ich nahm Mari
und Sally unter je einen Arm und ging öffnen.
»Ich heiße Fairfax Trimbull. Es ist mir
schrecklich unangenehm, daß ich Sie belästigen muß, aber ich kann den Kaffee
nirgends finden.« Sie folgte mir in die Küche, um Kaffee zu holen. »Ohne einen
Schluck Kaffee kann Webster keinen Handgriff tun — was für entzückende Kinder —
Mädchen, nicht wahr? Ich finde Mädchen himmlisch. Drei? Mein Gott, sind Sie
glücklich! Webster sagt, er ist froh, daß wir Jungens haben, aber ich möchte so
gern ein kleines Lämmchen, das ich schön anziehen kann — nicht wahr, du
Kullerauge!« Sie langte nach Mari, die sich in ihren Schoß kuschelte. Mit einem
Akzent, der so südstaatlerisch war wie Jazz und Rumsirup, fuhr sie fort: »Haben
wir uns da nicht eine schreckliche alte Baracke auf den Hals geladen? Ich
schwöre, ich habe sie mir nicht einmal angesehen, ich war froh, ein Dach über
den Kopf zu bekommen. Web hat nur sechs Monate hier zu tun — aber mit zwei
kleinen Jungs — wir konnten nicht in eine Mietwohnung ziehen.«
Ich beruhigte sie und sagte, die
McNairs würden das Haus nicht vermietet haben, wenn sie nicht nach Chicago
übersiedelt wären. Sie betrachtete mich mit ihren riesigen blauen Augen und
sagte: »Sie sind aber klug, woher wissen Sie das alles? Web und Winky werden
mit Vergnügen auf Ihre Babies aufpassen — sie lieben Babies — wenn Sie Athlene
ausborgen wollen, sagen Sie es nur! — Sie ist eine gute Köchin. Vielen Dank für
den Kaffee«, und damit verschwand sie.
Seit ich Kinder hatte, wußte ich, wie
wichtig und bequem es ist, mit den Nachbarn auf gutem Fuß zu stehen. Selbst
Mrs. Dunny meinte es auf ihre wunderliche Art gut mit mir, und sie war auch ein
wahrer Segen, wenn ich schnell mal in den Laden laufen und die Kinder für ein
Weilchen allein lassen mußte. Zwischen ihr und Großpapa herrschte eine Art
Waffenstillstand. Jeder guckte erst durchs Küchenfenster, um zu sehen, ob der
andere da sei, und wenn die Luft rein war, kam er ins Haus und trat den Dienst
an. Ich beschloß hinüberzugehen und die neuen Nachbarn zu fragen, ob sie nicht
vor dem Essen einen Cocktail mit uns trinken wollten.
Mrs. Trimbull öffnete die Tür. »Guten
Abend, kommen Sie herein und nehmen Sie Platz! Wissen Sie, ich habe mir eben
überlegt, ob es nicht das klügste wäre, die ganze Hütte in Brand zu stecken und
nach Louisiana zurückzufahren. So ein Durcheinander habe ich noch nicht
gesehen!«
»Trinken Sie einen Cocktail mit uns!
Übersiedeln ist immer ein Alptraum.«
Sie strahlte. »Ich muß sagen, das ist
reizend von Ihnen!« Sie rief Webster, der im Wohnzimmer war. »Schatz — wo bist
du? Die liebe Mary Jay lädt uns zu Cocktails ein. Meine Großmutter hat Mary
geheißen. Ich heiße Fee — Kindersprache für Fairfax — und das ist Webster!«
Web schüttelte mir herzlich die Hand.
»Nett von Ihnen, daß Sie so freundlich sind!« Ich merkte ihm an, daß er sich
die Schrecken des Umzuges durch ein gelegentliches Schlückchen versüßt hatte,
und lächelte verständnisvoll. Selbst wenn er völlig hinüber wäre — er wackelte
nur ganz wenig — , würde er nicht gegen das grausige Chaos der Koffer, Kisten
und Ballen aufkommen, die den Flur, das Wohnzimmer, die Veranda und
wahrscheinlich auch die obere Etage überschwemmten.
»Kommen Sie so, wie Sie gehen und
stehen, und nehmen Sie die Kinder mit. Wir geben ihnen Kuchen und ein Glas
Milch — oder sie können, wenn es Ihnen recht ist, mit den meinen essen.«
»Oh, vielen Dank!« sagte Fee. »Die
Kinder werden wahrscheinlich schon im Bett liegen — sie sind ganz erschöpft.
Athlene wird auf sie auf passen.«
Das Geklapper in der Küche, das unser
Gespräch begleitet hatte, rührte offenbar von besagter Athlene her, die in
diesem Augenblick hereinkam und sagte: »Schaffen Sie mir bloß die Kinderchen
vom Hals — der eine hat gerade Salatöl in den Wäschekorb gegossen...«
Fee und Web erschienen um sechs, frisch
gewaschen und gut gelaunt. Sie sagte: »Bitte mich nicht anschauen, ich bin
schmutzig wie ein Schwein, und Athlene hat in dem Durcheinander nichts Besseres
für mich finden können als diesen gräßlichen alten Fetzen.« Der gräßliche alte
Fetzen war ein elegantes blaues Wollkleid, das genau dieselbe Farbe hatte wie
ihre Augen. Als sie sich vor dem Kamin auf einen Schemel setzte, das zarte
Gesicht und das schwarze Haar vom Feuerschein umrissen, war ich froh, daß Jim
noch nicht zu Hause war. Meine
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