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Setz dich über alles weg

Setz dich über alles weg

Titel: Setz dich über alles weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Bard
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nach den
besonderen Fähigkeiten der einzelnen Damen und gingen daran, die Arztfrauen
durchzuhecheln, die dem Verein nicht angehörten. Manchmal war es schwierig,
über dem Lärm der Nähmaschine alle Einzelheiten aufzuschnappen, deswegen lösten
wir uns an der Maschine ab.
    Mein Beitrag hieß Fairy Trimbull — ein
richtiges Lämmlein — übertrieben hübsch — und so rührend dankbar, weil sie
neben einem Arzt wohnt — ich hätte nur eine Unvorsichtigkeit begangen und ihr geraten,
zu Dick Martin zu gehen — diese Fünf-Namen-Listen seien so kalt und
unpersönlich — ihr Akzent sei wunderbar. »Du hast sie kennengelernt, Maggie —
ist sie nicht reizend?«
    Maggie sagte: »Mhm! Aus dem tiefsten
Süden — wie die Krokodile! Nimm dich vor ihr in acht, mein Schatz!«
    Dann erzählte ich ihnen von dem guten
›Darf-ich-mir-noch-einen-nehmen» — und daß Fee sagte, sie würde keinen Arzt
über die Schwelle lassen, der nach Alkohol röche — so etwas Unlogisches — so
etwas Lächerliches — so etwas Unsinniges — ihr Webster säuft wie ein Loch — Fee
scheint es ihm nicht übelzunehmen und sagt, alle Männer im Süden tränken, aber
sie habe eine Aversion gegen Ärzte, die sich auch nur den kleinsten Tropfen
gönnen...
    Faith meinte: »Ach, das kriegt Tod die
ganze Zeit zu hören — besonders von den richtigen Alkoholikern. Sowie sie
erfahren, daß der Flerr Doktor ein Glas Bier getrunken hat, schreien sie Zeter
und Mordio. Erstaunlich, aber wahr!«
    Ich ging hinauf, um nachzusehen, ob das
Kinderregiment noch schlafe, und als ich zurückkam, hörte ich: »- ich kann da
nicht hingehen — ältere Frauen, und sie haben Dienstmädchen — sich scheiden
lassen, um einen anderen Arzt zu heiraten, das nennt man »Aus dem Regen in die
Traufe» kommen — die Schwester hat ihm ins Gesicht gesagt, es sei ein normaler
Uterus, und sie würde nicht dulden, daß er operiert, stellt euch vor, daß das
alte Ekel sich so etwas sagen lassen muß — etwa siebenhundert Visiten, und die
Teufel haben nicht einen Cent bezahlt, erzählen die schrecklichsten Dinge über
ihn, und jetzt bezahlen sie einem Chiropraktiker zehn Dollar bar für jede
Behandlung...« Vertraut und recht harmlos — keine Namen — weder die Namen der
Krankenhäuser noch die der Ärzte. Das macht den Tratsch schaler, aber auch
ungefährlicher.
    Um drei Uhr ertönte ein Schrei aus dem
ersten Stockwerk — ihm folgten wie die absteigende Skala eines Xylophons eine
Reihe weiterer Schreie. Die Kinder waren aufgewacht, und die Sitzung war zu
Ende.
     
    Für einen so beklagenswerten einsamen
Menschen führte Fee ein recht bewegtes Gesellschaftsleben. Sie hatte eine Menge
anderer Südstaatler entdeckt und verbrachte jeden Tag, von früh bis spät, mit
Besuchen. Web und Winky standen morgens auf, frühstückten und gingen dann wie
ihre Mutter auf Besuchstour. Winkys Vogelappetit, von dem uns ständig erzählt
wurde, war wahrscheinlich eine Folge seines großen Kuchenverbrauchs. »Darf ich
noch eins haben?« war ein vererbter Charakterzug.
    Gleich nach dem Frühstück wurde an
unsere Tür geklopft. Web und Winky zogen die Mützen, verbeugten sich aus den
Hüften und sagten: »Guten Morgen, gnädige Frau. Wir möchten Sie gern besuchen.
Aber wenn wir lästig fallen, schicken Sie uns weg.« Es war so gut wie
ausgeschlossen, auf so erlesene Manieren mit saurer Miene zu reagieren, deshalb
ließ ich sie immer hereinkommen. Ein paar Augenblicke lang waren sie beflissen
höflich, erkundigten sich nach unserem Befinden, nach den Kindern, nach dem
Doktor. Da sie normale kleine Jungen waren, ging dann die Hölle los, und sie
fingen an, die Wände einzureißen.
    Gegen neun Uhr, nachdem sie den Inhalt
der Keksdose verspeist und ich mehr durchgemacht hatte, als ich ertragen
konnte, schickten sie sich an zu gehen. Der Abschied verlief ebenso zeremoniös
wie die Ankunft, Sie hielten die Mütze in der Hand, verbeugten sich aus den
Hüften, ließen den Herrn Doktor schön grüßen, wünschten mir einen vergnügten
Tag, den Kindern einen gesunden Schlaf und gingen weg. Dann spazierten sie zu
dem Haus hinüber, das südlich von uns lag, und ich sah sie, mit der Mütze in
der Hand, an der Tür läuten. Fee schickte sie nicht zur Schule, denn sie
sollten nicht die Sprache der Yankees lernen.
    Fees täglicher Tratsch bei einer Tasse
Tee war fast ebenso erfrischend wie die gute alte Zeit mit Maggie. Gegen fünf
Uhr kam sie angestürzt, erzählte mir, was Sue Ellen über ihren Mann

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