Setz dich über alles weg
ist Maler, Tapezierer,
Kindermädchen, Gentleman und Künstler, und keine Arztfrau sollte ihn missen
müssen. Wir ziehen ihn in allem und jedem zu Rate; natürlich löste er auch das
Schabenproblem.
Am Nachmittag räumte ich sämtliche
Schubladen, Töpfe, Pfannen, Teller und Geräte aus den Schränken und wollte die
ganze Küche mit unverdünntem Clorox abwaschen, um zu sehen, ob der Geruch den
Kakerlaken ebenso zuwider sein würde wie mir. Da hörte ich ein schallendes
Gelächter, blickte auf und sah Dick mit gespreizten Beinen dastehen, die Daumen
in den Trägern seiner mit Farbe beschmierten Arbeitshose.
»Der Doktor hat gesagt, ihr hättet
dankbare Patienten — und Küchenschaben. Und beides zusammen sei Ihnen zuviel
geworden. Immerhin hat es Sie gezwungen, die Schränke auszuräumen.« Er ging
herum und klopfte die Wände ab. Jedesmal wenn er klopfte, kam eine mißmutige
Küchenschabe zum Vorschein, wedelte empört mit den Fühlern und verschwand in
einer Ritze.
»Ja, es ist das alte Holz! An diese
Küche wollten wir schon immer mal ‘rangehen. Ich werde einen Tischler und ein
paar Elektriker besorgen — und nächste Woche geht’s los.« Er reichte mir eine
große Dose mit Pulver. »Streuen Sie das inzwischen in alle Ritzen und in den
Ausguß. Möglich, daß es die kleinen Biester nicht umbringt, aber sie werden
nicht mehr gar so frech sein. Eigentlich sind sie unschädlich, aber sie machen
die Frauen nervös. Streuen Sie das Pulver an alle Stellen, wo Wasser ist!«
Er nahm sich eine Handvoll Kekse aus
der Dose und eine Flasche Milch aus dem Kühlschrank. »Wir werden diese Seite
der Küche aufmachen, damit Sie beim Kochen die Cascades und den See sehen können
— dann wird der Schmorbraten noch schmackhafter werden!« Er trank die Milch und
aß die Kekse und watschelte zur Tür. »Auf Wiedersehen!«
Nach dem Abendessen bestreute ich alle
erreichbaren Winkel der Küche mit dem Pulver, schüttete etwas davon in die Wäschetruhe
und rund um die Waschtröge im Keller. Gerade als ich zu Bett gehen wollte,
schrie Mari aus dem Badezimmer: »Mama! Im Badezimmer ist ein texanischer
Ohrwurm!« Ich stand auf, holte die Dose, bestreute den ganzen Badezimmerboden
und der Sicherheit halber auch den halben Flur mit dem hellblauen Pulver.
In der Woche darauf erschien Dick mit
seinen Leuten. »Das da ist Mississip — er ist Tischler — das da ist Worden, er
hat eine Elektro-Installationsfirma — das da ist McNaughten, Rohrleger.« Mit
strahlender Miene hörte Dick zu, wie Mississip sagte: »Es freut mich, Sie
kennenzulernen, gnädige Frau. Ich bin ein großer Verehrer Ihres Herrn Gemahls.
Sie haben eine wunderbare Aussicht.« Er verbeugte sich und schwenkte seinen
gewaltigen Cowboyhut.
›Das-da-ist-Worden‹ drehte das Licht an
und sagte: »Ein reines Wunder, daß nicht das ganze Haus längst abgebrannt ist.
Sämtliche Leitungen müssen ‘raus — wo sind die Schaltdosen?« Und er schob den
Zahnstocher aus dem einen Mundwinkel in den anderen.
›Das-da-ist-McNaughten‹ ging hin und
musterte mißtrauisch den Ausguß. »Bleirohre — hab’ ich mir gedacht! Muß alles
‘raus!«
›Das-da-ist-Mary‹ blickte in den grauen
feuchten Novembertag hinaus, betrachtete Mississip, wie er herumspazierte und
im Geist Fenster, Türen und Wände entfernte, und fragte Dick, ob sie seiner
Meinung nach bis Weihnachten fertig sein würden.
»Sicher — mit Leichtigkeit!« erwiderte
Dick, warf einen Blick in die Keksdose und suchte sich ein Schokoladekeks aus. »Das
schmeckt den Kindern, was? Ich persönlich ziehe Ingwerplätzchen vor. Von
Schokolade wird mein Ausschlag schlimmer. Allergie, sagt der Doktor.« Er kniff
die Augen zusammen und blickte zur Decke empor. »Wir werden die Decke um einen
halben Meter senken — sie ist dann leichter sauberzuhalten — wir streichen sie
hellgelb - und die Schränke blau, das heißt innen — « Er hämmerte gegen eine
Schranktür, und zwei Kakerlaken fielen auf den Tisch. Zu meinem Erstaunen
liefen sie nicht weg, sondern waren allem Anschein nach tot.
»Am besten, man baut neue Schränke,
wenn man schon dabei ist!« Dick kratzte sich nachdenklich den Arm. »Nein — es
wird nicht lange dauern. Diese Herren sind alle bei Ihrem Mann in Behandlung
gewesen, und sie werden sich die größte Mühe geben.«.Er holte ein kleines
Notizbuch aus der Tasche, setzte sich an den Küchentisch und begann zu
schreiben. »Machen Sie Kaffee, dann tun wir uns zusammen und rechnen alles
genau
Weitere Kostenlose Bücher