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Setz dich über alles weg

Setz dich über alles weg

Titel: Setz dich über alles weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Bard
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aus!«
    Mississip kam von der hinteren Veranda
herein: Neue Veranda — neue Küchenwände — neue Fenster — neue Schränke — neues
Linoleum — die Decken senken — neue Ausgußbretter... Er zog sein kleines
Notizbuch hervor, setzte sich neben Dick und begann zu schreiben. Die kahlen
Äste des Pfirsichbaumes scharrten am Fensterglas. Mississip blickte auf.
»Solange die Fenster ‘raus sind, verkleiden wir die Rahmen mit Leinwand, damit
die kleine Dame beim Kochen nicht erfriert.«
    Worden kam aus dem Keller herauf: Neue
Schaltdosen — neue Leitungen — den Herd versetzen — den Kühlschrank versetzen —
ein reines Wunder, daß das Haus nicht schon längst abgebrannt ist — dürfte
keine Inspektion kommen — ein wahres Glück, daß die Inspektoren diesen
Zunderhaufen nicht gesehen haben — eigentlich sollte man, wenn man schon dabei
ist, im ganzen Haus neue Leitungen legen — hat man Kinder, muß man vorsichtig
sein... Als er sich an den Küchentisch setzte, strotzte sein kleines Notizbuch
bereits von praktischen Vorschlägen. Er sagte kurz: »Keine Sahne — ich vertrage
keine Milch!«, fügte ein paar Randbemerkungen hinzu und tat vier Löffel Zucker
in seinen Kaffee.
    McNaughten bildete in den Regen hinaus,
sagte, im Winter habe er stets unter Rheumatismus zu leiden, nur Enten fänden
an diesem Wetter Gefallen: neues Zweizollrohr, neuer Ausguß, alle Bleifassungen
müssen ‘raus — wahrscheinlich taugt auch die Kanalverbindung nichts — nein,
keinen Kaffee! — da kann er nicht schlafen — ja, gerne etwas Tee...
    Ich fragte abermals, ob sie bis
Weihnachten fertig sein würden.
    Dick sagte: »Bestimmt, ganz bestimmt —
da können Sie beruhigt sein!« McNaughten sagte: »Wenn ich die Arbeit richtig
machen sollte, würde ich nicht vor zwei Jahren fertig sein.« Worden sagte: »Es
kommt ganz auf Sie und den Herrn Gemahl an, ob Sie eines Nachts aufwachen
wollen, und das Haus ist voller Rauch! Ich kann bis Weihnachten fertig sein —
andernfalls — « Er zuckte die Achseln. Mississip machte eine tiefe Verbeugung:
»Kleine Frau, wir werden unser Bestes tun — mehr kann der Mensch nicht tun —
auch nicht für eine so entzückende junge Dame.«
    Sie machten sich Notizen auf ihren
Blocks, aßen die Keksdose leer und schoben schließlich die Stühle zurück.
    Dick sagte: »Haben Sie das Pulver
ausgestreut?«
    Ich nickte und zeigte auf die zwei
toten Küchenschaben. »Sie — werden nicht alle draufgehen — aber sie werden
aufhören, die Kinder zu jagen! Schön, bis morgen!« Sie erhoben sich und
marschierten in den Novemberregen hinaus.
    Am nächsten Morgen erschien Mississip
prompt um acht, bewaffnet mit Stemmeisen, Werkzeugkästen, einem zweiten
Tischler — und einem üblen Schnupfen. Er bat mich, den Ölbrenner etwas höher zu
schrauben — er hätte sich noch nicht an die Kälte gewöhnt — trank zwei Glas
heißes Wasser und nahm zwei Aspirin.
    Während sein Gehilfe Jake unmittelbar
vor dem Herd die Werkbank aufzustellen begann, lehnte sich Mississip an die
Wand und erzählte mir, wie oft er schon, seit er im hohen Norden lebte,
erkältet gewesen sei. Er hätte bereits Injektionen bekommen, aber die nützten
nichts, sein Blut sei zu dünn und sein Körper nicht widerstandsfähig genug.
Jake hängte die Hintertür aus, und ein feuchter Windstoß fegte durch die Küche.
    Mississip schauderte zusammen, wickelte
den Schal fester um den Hals, gab der Hoffnung Ausdruck, der Schnupfen würde
sich nicht auf die Brust schlagen, sonst müßte er wieder den ganzen Winter
hindurch bellen, und fragte mich, was ich mir wünschte — eine gewöhnliche,
routinemäßige Renovierung oder etwas richtig Künstlerisches. Jake hängte das
Fenster gegenüber der Tür aus und begann einzelne Bretter aus der
dazwischenliegenden Wand zu entfernen. Die Kinder kamen in die Küche und
beklagten sich, es sei ihnen kalt _ jemand hätte eine Tür offengelassen. Ich
stellte den Ölbrenner auf dreißig Grad. Mr. Worden kam herein, legte seinen
nassen Regenmantel über einen Stuhl, stellte drei Werkzeugkästen vor den Kühlschrank,
fragte mich, ob er für ein paar Minuten den Strom ausschalten dürfe, und ging
in den Keller hinunter. Mississip zog über seine Arbeitskleidung eine dicke
Windjacke und hustete mehrere Male. Ob ich Hustensirup hätte! Zu Hause im Süden
pflegte er gegen den Husten Rüsterrinde zu kauen, aber die gäb’s hier oben
nicht!
    Ich holte Hustensirup, machte Feuer im
Kamin und zog die Kinder warm an.

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