Setz dich über alles weg
nötig sind, um
Änderungen durchzuführen. Wer den niedrigsten Preis verlangt, erkält den
Auftrag, persönliche Rücksichten spielen keine Rolle, Beschwerden werden nicht
geduldet, die Rechnung wird mit der Zeit bezahlt, und die neue Küche, das neue
Badezimmer oder was es nun eben ist, sieht wunderschön aus und bereitet den
Besitzern ewige Freude. So zumindest stellt es sich die Frau eines Arztes vor,
wenn sie sehnsuchtsvoll über den medizinischen Stacheldraht zu den Arbeitern
schaut, die im Dienst der Außenwelt stehen.
Der Umbau unserer Küche wurde durch
einen Korb mit Grapefruits erzwungen, den uns ein dankbarer Patient von seiner
Farm in Texas schickte. Als das Geschenk ankam, befand sich Jim gerade auf
einem Ärztekongreß in St. Louis, und ich und die Kinder machten es auf. Riesige
Früchte, groß wie Melonen, mit dunkelrosa Fleisch. Ich setzte mich hin und las
den Begleitbrief.
›Lieber
Herr Doktor!
Ich wollte Ihnen nur zeigen, warum ich
vor lauter Heimweh Magengeschwüre bekam. Noch nie in meinem Leben habe ich mich
so wohl gefühlt wie jetzt — und das habe ich Ihnen und Texas zu verdanken. Wenn
Sie einmal mit Ihrer Familie in diese Gegend kommen, besuchen Sie uns und
bleiben Sie eine Zeitlang bei uns, wir würden uns bestimmt sehr freuen.
Bill und Emmy Randall.‹
Ich strahlte vor Wärme und Stolz, da
sagte Mari: »Schau, Mama, ein paar Texaskäfer sind auch mit dabei!« Mehrere kleine,
braune Käfer liefen mit erstaunlicher Schnelligkeit über den Fußboden. »Sind
das texanische Ohrwürmer, Mama?« Ich sagte: »Mhm, vermutlich«, befahl den
Kindern, sich Servietten umzubinden, und gestattete ihnen, eine ganze
Grapefruit zu essen, ein unerhörter Luxus, während ich hinaufging, um schnell
einen Dankbrief an die Randalls zu schreiben, bevor ich abgelenkt würde.
Als Jim aus St. Louis zurückkehrte,
waren die Früchte verschwunden, aber die Käfer noch da. Wir gingen in die
Küche, um Jims Weizenflocken zu holen, ehe er sich schlafen legte, und als er
die Küchenbeleuchtung anknipste, stoben kleine, braune, texanische Ohrwürmer in
alle Ritzen und Laden davon.
Während ich die Schüssel aus dem einen
Schrank, die Flocken aus einem anderen und die Sahne aus dem Kühlschrank holte,
erzählte ich ihm von den riesigen Früchten und wies darauf hin, daß in Texas
alles größer zu sein und sich rascher zu vermehren scheine als sonstwo in der
Welt.
»Küchenschaben!« sagte Jim, seine
Flocken kauend.
Hätte er gesagt, es seien
pestinfizierte Ratten, wäre ich nicht entsetzter gewesen. Natürlich waren es
keine Küchenschaben — Küchenschaben hausen in schmutzigen Küchen — und meine
Küche ist nicht schmutzig...
»Auch in Krankenhäusern ist es nicht
schmutzig, trotzdem werden wir von den Kakerlaken geplagt. Sie sind kaum
loszuwerden. Beschaffe dir Insektenpulver, und wenn es nicht wirkt, mußt du
einen Kammerjäger kommen lassen. Das Viehzeug nistet sich überall ein.«
Ich öffnete sämtliche Schranktüren, und
jedesmal kamen Kakerlaken herausgesaust und verschwanden hinter Töpfen oder in
Ritzen.
Der kommende Monat war eine Hölle. Das
Insektenpulver veranlaßte die Kakerlaken, ein wenig mit den Beinen zu zappeln,
sonst aber schien es ihnen nicht merklich zu schaden. Der Kammerjäger füllte
das Haus mit übelriechenden Gasen und ermahnte uns, vierundzwanzig Stunden lang
nicht in die Küche zu gehen — ja, noch besser, das Haus überhaupt zu meiden.
Wir fuhren übers Wochenende mit den Kindern nach Victoria, und als wir nach
Hause kamen, erstickten wir fast und mußten tonnenweise gelben Staub schlucken,
der aus allen Ritzen und Spalten kam. Die Kakerlaken wackelten und wedelten
wild mit den Fühlern. Manche starben sogar — wahrscheinlich an Altersschwäche —
, aber ihre Nachkommen vermehrten sich frisch und fröhlich.
Jetzt begann eine schreckliche
Heimlichtuerei. Wenn ein Gast sich ein Glas Wasser aus der Küche holen wollte,
sagten wir schnell, o nein, wir würden es gern für ihn holen.
An dem Tag, da ich die Truhe öffnete
und mir die Kakerlaken aus der Wäsche entgegenhüpften, rief ich Jim in der
Praxis an. »Du mußt dir etwas ausdenken! Und gib mir ja nicht den guten Rat,
ein Aspirin zu nehmen.«
Jim regte sich nicht weiter auf. »Ich
habe heute früh mit Dick Dayton gesprochen. Er hat mich wegen seiner Flechte
konsultiert. Ich werde ihn hinschicken — vielleicht kann er die Küche
renovieren. Er sagt, Kakerlaken gedeihen in altem Holz.«
Dick Dayton
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