Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Setz dich über alles weg

Setz dich über alles weg

Titel: Setz dich über alles weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Bard
Vom Netzwerk:
Kühlschrank standen jetzt neben den Kisten und Ballen
im Eßzimmer, und die Kinder waren schon längst zu Butterbroten und Milch
zurückgekehrt, statt nach den Stullendosen der Arbeiter zu schielen.
Schließlich würden sie sich ja auch nicht mehr für Bären begeistern, wenn man
sie hundertunddreißig Tage hintereinander in den Zoo führte.
    Mississip war über Weihnachten nach
Hause gereist. Seinen sonstigen Kunden hätte er nicht zu sagen gewagt, daß er
mitten in der Arbeit wegzufahren gedenke, während die Küche noch keine Türen
und Fenster hat, aber bei der Familie eines Arztes ist das etwas ganz anderes.
Sowohl Dr. Jim als auch ich würden ohne weiteres begreifen, daß er vier Wochen
in warmem Sonnenschein zubringen müsse, um seine Erkältung loszuwerden. Schuld
sei das trostlose Wetter, und er müsse sich ordentlich aufwärmen, um die
Erkältungen ein für allemal los zu sein...
    Mr. Worden ließ seine Krampfadern
abbinden. Es hätte keinen Zweck weiter zu arbeiten, wenn einen die Füße und
Beine fast umbrächten! Der Herr Doktor würde das verstehen — ja, eigentlich
hätte er ja selber den Eingriff vorgeschlagen. Und in Mississips Abwesenheit
könne er ohnedies nicht viel ausrichten.
    McNaughten verrenkte sich den Rücken,
als er das neue Ausgußbecken hob. Die Muskelzerrung im Verein mit seinem
Ischias wurde ihm zuviel, und der Herr Doktor war der Meinung, er täte gut
daran, sich zwei Wochen zu Bett zu legen.
    Jake machte über die Feiertage eine
Garage für seine Wirtin. Solange Mississip im Süden war, konnte er ohnedies
nicht bei uns arbeiten, und er hatte jetzt zum erstenmal eine Hausfrau
gefunden, die auf seine Diät Rücksicht nahm.
    Dick strich die Vorrätsschränke
inwendig blau, damit ich sehen könne, wie mir’s gefalle, tünchte den Keller und
paßte auf die Kinder auf, damit ich Zeit hätte, in die Stadt zu fahren, aber
wie zum Donnerwetter hätte er ahnen können, daß dieser gottverd —
Entschuldigung! — dieser hirnverbrannte Mississip mitten unter der Arbeit für
einen Monat nach dem Süden fahren würde!...
    Jetzt aßen sie wieder ihre warme Suppe
und unterhielten sich über den Gewürzschrank. Mississips Gesicht strahlte in
seliger Erinnerung, als er berichtete, daß sich unten im Süden die
Gewürzschränke von Familie zu Familie vererbten — sie seien sozusagen das
Rückgrat der ganzen Küche.
    »Ja«, sagte Dick, »ja — aber kann die
kleine Dame sich ein Gewürzschränkchen für 75 Dollar leisten — darauf kommt es
an! Selbst bei eineinhalb Dollar pro Stunde geht diese Trödelei ordentlich ins
Geld. Gottverd — Entschuldigung! — bei Gott, fast fünf Monate lang hast du
jetzt herumgebastelt — die Familie friert sich zu Tode — und du erzählst uns
von dem Rückgrat der Küche. Dort wo ich zu Hause bin, sind die Türen und
Fenster das Rückgrat der Küche. Setz sie erst mal ein, dann wollen wir an den
Schnickschnack denken!«
    Mississip erhob sich und sagte: »Mein
Herr, dort wo ich zu Hause bin, vergißt ein Gentleman nie, daß er ein Gentleman
ist!« — ging in die Küche hinaus und begann seine Werkzeuge einzupacken. Als
ich dem gähnenden Loch im Küchenfußboden auswich — aus dem einmal, wenn ich
lange genug lebte, ein Besenschrank werden sollte — erinnerte ich mich an das
Versieht, das Jim zu zitieren pflegte:
     
    »Ohne
Fußboden geht sich’s nicht gut —
    Weil
das Gehn auf dem Boden beruht.
    Jetzt
hab’ ich’s bald satt,
    Denn
es macht mich so matt,
    Daß
die Schose mich langweilen tut.«
     
    Ich bat Mississip zu bleiben, erklärte,
ich freute mich auf seine Schränke mehr als über alles andere. Dick hätte nur
gescherzt, und sowohl ich wie der Herr Doktor fragten nicht danach, wie lange
es dauere, seine Kunstfertigkeit sei so ungeheuer anregend!
    Er erwiderte, dort wo er zu Hause sei,
pflege kein Gentleman sich über einen anderen Gentleman lustig zu machen, und
packte weiter. Außerdem sei wieder eine Erkältung im Anzug, wahrscheinlich
schwitze er — falls ich den Ausdruck entschuldigen wolle! — bei der Arbeit, und
wenn er dann in den Regen hinauskäme, erkälte er sich. Nein, ich sollte mir
lieber jemanden besorgen, der die Arbeit beenden würde, während er sich eine
andere Arbeit suchte. Ich betrachtete das Durcheinander halbfertiger Schränke,
die Öffnung am Ausguß, wo das Abflußbrett fehlte, das mysteriöse Loch im
Fußboden, das den ebenso mysteriösen Besenschrank enthalten sollte — »genauso
einen Schrank, wie wir ihn bei uns zu

Weitere Kostenlose Bücher