Seuchenschiff
dieser Zwangslage zu befreien, dass aber er, Max, seinen Sohn nicht im Stich lassen würde. Eddie sah Max’ Erlaubnis, sein Glück zu versuchen, sowie die Bereitschaft, die Konsequenzen zu tragen.
Sie gingen durch den Korridor zu ihrer Suite. Vor der Tür blieben sie stehen. Eddie dachte daran, einen neuen Angriff zu versuchen. Kovacs Leutnant war nahe genug, um ihn mit einem einzigen gezielten Hieb zu töten, aber der Serbe selbst war noch mehrere Schritte entfernt. Es war klar, dass er wusste, wie man mit gefährlichen Gefangenen umzugehen hatte.
»Benutzen Sie die linke Hand, und holen Sie damit die Schlüsselkarte aus der Tasche«, befahl Kovac.
Auch diesmal wurde Eddie die Taktik klar. Die meisten Rechtshänder verstauten die Schlüsselkarte in der rechten Jacken- oder Hosentasche. Es wäre ziemlich umständlich, mit der anderen Hand danach zu greifen.
Eddie drehte sich halb zu Kovac um. »An der Tür befindet sich ein spezielles Schloss. Wir können nicht rein.«
»Ich kenne diese Vorrichtung. Man kann trotzdem eintreten. Noch ein Wort, und du kriegst eine Kugel in die linke Kniescheibe.«
Eddie rammte seine linke Hand in die rechte Hosentasche, fischte die elektronische Schlüsselkarte heraus und benutzte sie. Das Kontrolllicht am Schloss wechselte von Rot auf Grün, und er konnte die Klinke niederdrücken.
»Weg von der Tür«, befahl Kovac.
Eddie und Max gehorchten. Kovacs Partner betrat die Suite. Nach wenigen Sekunden hörten sie Dr. Jenner rufen: »Was soll das? Was hat das zu bedeuten?« Der Mann ignorierte ihn, als er die Frage wiederholte. Zwanzig Sekunden später rief der Partner in sauberem amerikanischem Englisch Kovac zu: »Die Suite ist sauber. Nur der Deprogrammierer und der Junge.«
Kovac machte mit dem Pistolenlauf eine knappe Bewegung, und Max und Eddie betraten den Raum. Der Serbe untersuchte die Sperre, die Jenner am Türknauf befestigt hatte, und achtete klugerweise darauf, dass die Tür nicht zufiel.
»Dad?« Kyle Hanley erhob sich vom Sofa. Die Drogen, die seit vierundzwanzig Stunden durch seinen Organismus kreisten, trugen nicht gerade zu seinem guten Aussehen bei.
»Kyle.«
»Wie konntest du mir das antun?«, rief Kyle.
»Ich habe es getan, weil ich dich liebe«, erwiderte Max hilflos, überwältigt von widersprüchlichen Emotionen.
»Ruhe!«, brüllte Kovac.
Er ging zu Jenner hinüber und beugte sich mit seinen zwei Metern Körpergröße über ihn. Jenner schien zusammenzuschrumpfen, als wollte er sich in seiner eigenen Haut verkriechen. Sein Protest erstarb ihm auf den Lippen.
Als der serbische Killer das Wort ergriff, konnte er seine Wut kaum im Zaum halten.
»Mr. Severance gab mir den ausdrücklichen Befehl, Sie nicht zu töten, aber von dem hier hat er nichts gesagt.« Er schmetterte den Griff seiner Pistole gegen den Schädel des Psychiaters.
Zwei Dinge geschahen in diesem Moment. Jenner begann zu Boden zu rutschen, wobei Blut in einem dicken Strom aus der Kopfwunde quoll, und Eddie Seng startete durch und nutzte die augenblickliche Verwirrung.
Die Glastüren, die auf den Balkon führten, waren zehn Schritte weit entfernt, und er hatte drei Viertel dieser Distanz bereits überwunden, ehe überhaupt jemand begriff, dass er sich bewegte. Max schob instinktiv einen Fuß nach rechts, um dem zweiten Mann das Zielen zu erschweren, während Kovac noch mit dem zusammenbrechenden Seelenklempner beschäftigt war.
Eddie rammte die Türen in vollem Lauf und zog im letzten Moment die Schultern hoch, während er durch das kunstvoll verzierte Holzwerk und die Scheiben aus facettiertem Glas brach. Splitter ritzten seine Haut, während ein Projektil an ihm vorbeipfiff, das gegenüberliegende Gebäude traf und eine Wolke Ziegelstaub hochwirbelte.
Er wurde kaum langsamer, als er das Geländer erreichte. Indem er nur seine Beine einsetzte, sprang er über das Geländer und drehte sich so in der Luft, dass er auf das Gebäude schaute, als er zu fallen begann. Er packte zwei der zahllosen schmiedeeisernen Geländerstangen, die Hände waren von seinem Schweiß glitschig genug, um daran herabzurutschen, während ihn ungefähr fünfundzwanzig Meter freie Luft vom Verkehr trennten, der sich unter ihm träge durch die Straßen quälte.
Seine Hände landeten auf dem rauen Zementboden des Balkons, während seine Fußspitzen das Balkongeländer im Stockwerk unter ihm berührten. Ohne zu zögern ließ er los, machte einen Schritt nach hinten und setzte seinen Sturz in Richtung
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