Seuchenschiff
russischen Waffenhändlers Ivan Kerikov und Ziel ihrer Abhörmission. Apartmenthochhäuser ragten rings um den Hafen herum in den Himmel, und Luxusvillen klebten an den Berghängen. Er wusste, dass die Baugrundstücke hier zu den teuersten der Welt zählten. Von seinem Aussichtspunkt aus konnte er das berühmte Kasino von Monte Carlo nicht sehen, aber er hatte ein paar schöne Erinnerungen an dieses Etablissement.
Aus dem inneren Hafen jagte soeben ein Speedboat auf das Schiff zu, das ungefähr zwei Kilometer vor der Küste ankerte. Die Hafenbehörden waren bereits informiert worden, dass die Maschinen des Schiffes einen Schaden hatten und die Mannschaft auf Ersatzteile aus Deutschland wartete. Obgleich sich das Schiff innerhalb der Drei-Meilen-Zone Monacos befand, hatte es der Hafenmeister abgelehnt, an Bord zu kommen, nachdem er eine Viertelstunde vorher die
Oregon
durch ein Fernglas betrachtet hatte.
Das Speedboat fraß die Distanz zum Schiff mit fast sechzig Knoten und glitt wie ein Offshore-Rennboot über die Wellen. Juan stieg zum Hauptdeck hinunter und ging zur Jakobsleiter des Schiffes. Linc wartete dort mit ihren Reisetaschen auf ihn, die Augen hinter einer extravaganten Sonnenbrille versteckt.
»Ich habe wenig Lust, ausgerechnet jetzt von Bord zu gehen«, sagte der athletische Ex-SEAL nicht zum ersten Mal.
»Das ist aber der beste Weg, Max wieder zurückzuholen. Ich habe das Büro von Thom Severance in Kalifornien ein Dutzend Mal angerufen, ohne ihm zu verraten, wer ich bin und was ich weiß, und der Bastard ruft einfach nicht zurück. Wir müssen ihn zum Handeln zwingen, und um das zu schaffen, müssen wir ihm Druck machen.«
»Will Langston Overholt uns nicht helfen?«
»Nicht ohne stichhaltige Beweise. Ich habe gestern eine Stunde lang mit ihm gesprochen. Das Fazit war, dass die Responsivisten über eine Menge Geld verfügen, was wiederum bedeutet, dass sie in Washington einigen Einfluss haben. Lang wird nur aktiv, wenn es einen soliden Beweis dafür gibt, dass er irgendetwas im Schilde führt.«
»Das ist doch großer Mist.«
»Wem sagst du das.«
»Warum schenken wir uns nicht den Abstecher zu den Philippinen und gehen direkt zur Quelle und nehmen uns Severance persönlich vor?«
»Meinst du nicht, ich hätte nicht schon selbst daran gedacht? Lang hat mich aber ausdrücklich davor gewarnt, mich mit Severance anzulegen. Und wir beide wissen genau, wenn wir in den Vereinigten Staaten geschnappt werden, werden wir wohl nie mehr ein Gefängnis von außen sehen.«
»Dann werden wir eben nicht geschnappt.«
Juan sah seinen Freund an. Er meinte es todernst. »Wenn es so weit kommt, überlasse ich die Entscheidung der Mannschaft.« Er wusste, dass jedes Mitglied der Corporation alles riskieren würde, um Hanley zu befreien, selbst wenn sie sicher sein konnten, dass sie dann nie mehr mit einem Auftrag von Overholt würden rechnen können, womit der übervorsichtige CIA-Veteran schon gedroht hatte, falls Thomas Severance und seine Frau auch nur eine Andeutung fallen ließen, dass sie unter Beobachtung stünden.
Das feudale Wassertaxi ging neben dem Schiff längsseits. So schnittig und schön das Boot war, es war nichts im Vergleich mit seiner Lenkerin, einer jungen Blondine, die eine Bluse trug, die nicht tiefer ausgeschnitten sein – und einen Rock, dessen Saum keinen Millimeter höher rutschen konnte. Da ihr Hubschrauber noch lädiert unten im Hangar stand, stellte das Hafentaxi die schnellste Möglichkeit dar, an Land zu kommen, ohne unliebsame Aufmerksamkeit auf die
Oregon
zu lenken.
»Capitaine Cabrillo, je suis Donatella«
, rief sie über das Blubbern des Bootsmotors hinweg. Ihr Akzent zauberte ein wölfisches Grinsen auf Lincs Gesicht.
»Nur in Monaco«, meinte Juan flüsternd zu Linc.
»Glaubst du, irgendein reicher Knabe wünschte sich einen hässlichen Fahrer, der ihn nach einer Nacht im Kasino zu seiner Jacht bringt?«
Die junge Frau blieb mit ihrem Boot in Position, da sie sich an der Jakobsleiter festhielt, während die beiden Männer, ihre Ledertaschen auf den Schultern balancierend, die Leiter hinunterstiegen. Am Ende der sechs Meter Abstieg warf Juan seine Tasche auf die Rückbank und kletterte über die niedrige Reling.
»Vielen Dank«, sagte er.
Als Linc ins Boot sprang, hüpfte es, als sei es von einer Welle getroffen worden. Donatella schenkte beiden ein strahlendes Lächeln, wobei ihr Blick viel länger auf Linc ruhte als auf Cabrillo, und streckte dann die Hand nach den
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