Seuchenschiff
Stunde lang unterhalten«, sagte Linda mit ihrer mädchenhaften Stimme. »Sie ist lediglich eine Schauspielerin, die Mitglied einer Sekte von Spinnern ist. Sie ist viel zu populär, um in irgendetwas Ungesetzliches verwickelt zu sein. Und laut den Klatschblättern ist sie während der nächsten vier Monate sowieso mit den Aufnahmen für ihren neuen Film beschäftigt, offenbar sehr zum Unwillen ihres neuesten Galans, der mit seiner Band in Australien auf Tournee rumfährt, die übrigens, wie Mark Murphy meint, absoluter Mist sein soll.«
»Dann wird sie mir wahrscheinlich gefallen«, sagte Juan, während er diese letzte Information verarbeitete. »Wenn Gil Martell Severance gegenüber nicht ihren Namen nannte, nachdem wir in sein Büro einbrachen, dann muss er etwas anderes gesagt haben. Kannst du Hali bitten, sich das Tonband noch einmal anzuhören?«
»Er ist fast an die Decke gegangen, als ich andeutete, er könne sich vielleicht geirrt haben, bot dann aber an, sich die Aufnahme noch einmal vorzunehmen.«
»Sag ihm, dass ihm eine Sonderration Grog sicher ist. Sonst noch etwas?«
»Eddie ist aus Rom zurück, und wir bekommen ganz gute Aufnahmen von der Jacht des Waffenhändlers, aber bisher war nichts Wichtiges dabei.«
Cabrillo hatte diese Mission völlig vergessen. »Okay. Gut. Halte mich auf dem Laufenden. Linc und ich sind etwa drei Stunden von dem Ort entfernt, wo die Responsivisten ihr Zentrum auf den Philippinen eingerichtet haben. Wir halten euch auf dem neuesten Stand.«
»Okay, Juan, und gute Jagd.
Oregon
Ende.«
Juan schaltete das Telefon aus.
»War diese Donna-Sky-Geschichte ein Schlag ins Wasser?«, fragte Linc aus dem dunklen Innern des Jeeps. Ganz in Schwarz gekleidet, saß Linc nur als dunkler Schatten neben Cabrillo.
»Offensichtlich. Sie weiß nichts.«
»Es war sowieso nur ein verzweifelter Versuch. Frauen wie sie können noch nicht mal ihren Hund Gassi führen, ohne dass ihnen eine Meute Paparazzi im Nacken sitzt.«
»Linda hat etwas Ähnliches gemeint«, sagte Juan düster. »Ich hätte es wissen müssen.«
»Juan, wir greifen von Anfang an nach jedem Strohhalm. Du brauchst jetzt nicht in Depressionen zu verfallen. Wir verlassen uns auf das, was wir haben, und warten ab, wie weit wir damit kommen. Sackgasse oder nicht, wir müssen alles prüfen.«
»Ich weiß«, gab ihm Juan recht. »Es ist nur –«
»– dass Max’ Leben diesmal auf dem Spiel steht«, beendete Linc für ihn den Satz. »Und dass du dir große Sorgen machst.«
Cabrillo zwang sich zu einem müden Lächeln. »Das ist noch sehr gemäßigt ausgedrückt.«
»Hör mal, mein Freund, dies hier ist unsere beste Spur. Hier sind vierhundert Responsivisten für wer weiß wie lange gewesen, und jetzt sind sie alle tot, höchstwahrscheinlich damit sie nicht über das reden können, was sie hier getan haben. Wir gehen der Sache auf den Grund und holen Max und seinen Sohn zurück.«
Juan wusste die Aufmunterung zu schätzen, aber sie bewirkte kaum, dass er sich besser fühlte. Das träte erst ein, wenn Max wieder an Bord der
Oregon
war und Thom Severance und Zelimir Kovac an die nächste Wand genagelt wären.
Die Fähre schleppte sich in den Hafen und krachte nach einem der schlechtesten seemännischen Manöver, die Cabrillo jemals gesehen hatte, gegen den hölzernen Pier. Zehn Minuten später, nachdem das Boot vertäut und die Rampe herabgelassen worden war, ließ Linc den Motor des Jeeps an, und sie rollten vorsichtig auf den Kai. Sofort drehten sie die Fenster herunter, um den Gestank zu vertreiben, der das Fahrzeug ausfüllte.
»Ich kann es auch jetzt gleich erledigen«, sagte Juan und stellte einen Fuß auf das Armaturenbrett.
Er krempelte das Hosenbein hoch. Die Prothese, die er trug, war dick und hässlich, aus fleischfarbenem Plastikmaterial. Er nahm das Bein ab, löste die Verschnürung des Schuhs und streifte diesen und die Socke ab. In der Sohle des künstliches Fußes befand sich eine Öffnung. Aus der Tasche holte er einen kleinen Inbusschlüssel, führte ihn in die Öffnung ein und drehte ihn entgegen dem Uhrzeigersinn. Dadurch wurde ein Mechanismus innerhalb des Beins entriegelt, der ihm erlaubte, den Unterschenkel wie eine altmodische Butterbrotdose aufzuklappen. Im Innern dessen, was er liebevoll sein Schmugglerbein nannte, befanden sich zwei Kel-Tek-Pistolen.
Trotz ihrer geringen Größe feuerte die Kel-Tek Kaliber .380 Hochdruckgeschosse ab. Für diese spezielle Mission hatte der Waffenmeister an Bord
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