Seuchenschiff
möglicher Reflexe, die von seinem Fernglas ausgehen könnten, während er die Umgebung einer genauen Überprüfung unterzog. Die Responsivisten hatten ein einzelnes Gebäude aus Stahlbauteilen ein kurzes Stück von den Klippen entfernt errichtet. Es war so groß wie ein Lagerhaus und besaß ein leicht geneigtes Dach als Schutz vor den Mengen jährlichen Regens, die fielen. Milchige Glasscheiben im Dach ließen diffuses Sonnenlicht ein, da das Gebäude über keinerlei Fenster verfügte. Die Seitenwände bestanden aus nacktem Stahl, der mit einer roten Rostschutzfarbe gestrichen war, und eine einzige Tür ging auf einen Parkplatz hinaus, der für gut fünfzig Autos groß genug war.
Etwa dreißig Meter vom Lagerhaus entfernt befanden sich vier Reihen rechteckiger Betonplatten. Cabrillo zählte vierzig leere Platten pro Reihe.
Linc tippte ihm auf die Schulter. Er zeichnete ein Rechteck ins lockere Erdreich und deutete auf das Lagerhaus. Dann zeichnete er ein zweites Rechteck und deutete auf das Feld mit den Betonplatten. So weit verstand Cabrillo ihn. Dann zeichnete Linc ein wesentlich größeres Quadrat um die ganze Anlage und deutete über das freie Feld.
Juan studierte das Gelände durch das Fernglas und bemerkte eine leichte Veränderung im Gras, die schnurgerade verlief, bis sie im rechten Winkel zur Seite abknickte. Er sah Linc an. Der Navy-Veteran legte eine Handkante auf die Linie, die er gezeichnet hatte, und deutete seine Vermutung an, dass einmal ein Zaun das gesamte Feld umgeben haben musste. Nun schob er mit den Fingern seine Augenwinkel nach oben.
Cabrillo nickte zustimmend. Dies war mal irgendeine japanische Einrichtung gewesen, höchstwahrscheinlich ein Kriegsgefangenenlager. Der Zaun war schon vor Jahren entfernt worden, und alles, was auf die Zellenblöcke schließen ließ, waren die Betonplatten. Er fragte sich, ob sich die Responsivisten für diesen Ort entschieden hatten, weil dort noch ein intaktes Fundament für ihr Gebäude vorhanden war.
Die beiden beobachteten den Bau weitere zwei Stunden lang, in denen sie das Fernglas zwischen sich hin und her wandern ließen, sobald ihre Augen ermüdeten. Nichts rührte sich auf der Lichtung – außer wenn eine Brise vom Ozean aufkam, die das kniehohe Gras in eine Wellenbewegung versetzte.
Juan stieß plötzlich einen Fluch aus und erhob sich. »Das wär’s dann. Niemand zu Hause.« Seine Stimme klang nach der langen Stille erstaunlich laut.
»Wie kannst du dir so sicher sein?«, fragte Linc im Flüsterton.
»Hör doch.« Sein Tonfall machte klar, dass er sich über sich selbst ärgerte.
Linc legte den Kopf schief und lauschte. »Nichts außer dem Ozean, der gegen die Klippen schlägt.«
»Genau. Siehst du die leeren Klammern auf dem Dach? Hier draußen müssen es an die fünfunddreißig Grad sein, was bedeutet, dass in diesem Gebäude mindestens fünfzig Grad herrschen. Diese Klammern müssen mal große Klimaanlagen gehalten haben. Sie haben sie mitgenommen, als sie ausgezogen sind. Wenn dieser Bau nicht bis zum Dach mit Wasser gefüllt ist, dürfte es ein Wachkommando keine Stunde da drin ausgehalten haben, geschweige denn die Wochen, die verstrichen sind, seit sie diesen Ort aufgegeben haben.«
Cabrillo streckte eine Hand aus, um Linc hochzuziehen. Es war eine Folge von Juans intensivem Training an Bord der
Oregon,
dass er sich bei dieser Kraftleistung keinen Rückenmuskel zerrte.
Obwohl er sich seiner Schlussfolgerung ziemlich sicher war, näherten sie sich dem Gebäude mit äußerster Vorsicht und blieben der Tür möglichst fern, bis sie sich dicht an die Stahlwand pressen konnten. Sie war so heiß, dass sich Juan die Fingerspitzen versengte, als er sie berührte.
Mit gezogenen Pistolen schoben sie sich zur Tür. Juan stellte seinen Rucksack auf dem Boden ab und holte ein Stück Gummischlauch heraus. Er wickelte den Schlauch um den Türknauf und reichte eines der Enden Linc, während er das andere in der Hand behielt. Sie bauten sich rechts und links von der Tür auf, und Juan zog an seinem Schlauchende. Die Reibung des Gummis am Stahlknauf bewirkte, dass er sich drehte und das Türschloss sich öffnete. Wäre es mit einer Sprengladung präpariert gewesen, so hätten sie sich dank Cabrillos Trick außerhalb des Explosionsradius befunden.
»Nicht einmal abgeschlossen«, meinte Linc.
Juan schaute hinein. »Es gäbe auch keinen Grund dafür. Sieh selbst.«
Bei dem gedämpften Schein, der durch die Oberlichter hereinfiel, blieb das
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