Seuchenschiff
Säulen aus Onyx gesäumt, und Marmor und buntes Glas beherrschten alle Räume. Als Juan eintraf, parkten drei Ferraris und zwei Bentleys unter dem Dach über der Auffahrt. Das Klientel, das in das Gebäude strömte, war die Creme der Gesellschaft. Die Männer trugen einheitlich Smokings, während die Frauen in ihren Kleidern und Kostümen wie wandelnde Juwelen aussahen.
Er zupfte seine Hemdmanschetten zurecht, um auf die Uhr zu schauen. Kerikov und al-Asim erschienen nie vor zehn Uhr, daher war er eine halbe Stunde zu früh. Mehr als genug Zeit, um sich einen unauffälligen Ort zu suchen, wo er auf seinen Auftritt warten konnte. Es hätte wenig Sinn, wenn al-Asim seinem Doppelgänger am Roulettetisch begegnete.
Sein Mobiltelefon zwitscherte leise.
»Chef, Ski und ich, wir sind in Position«, meldete Mike Trono.
»Gab es Probleme?«
»Verkleidet als Angehörige des Hausmeister-Service sind wir so gut wie unsichtbar.«
»Wo befindet ihr euch zur Zeit?«
»In der Nähe der Laderampe. Wir sind damit beschäftigt, ein paar Eimer Frittieröl zu beseitigen, die Ski mit Absicht verschüttet hat.«
»Okay, macht weiter, und wartet auf mein Signal.«
Cabrillo zeigte seinen Reisepass vor und bezahlte die Eintrittsgebühr. Die Besucher wandten sich alle nach rechts in Richtung des eleganten Spielsaals. Daher folgte Juan dem Menschenstrom. Er bummelte nach oben, fand eine Bar und bestellte sich einen Martini, den er nicht zu trinken beabsichtigte, aber als ausreichende Tarnung benutzte. Dann suchte er sich ein ruhiges Plätzchen, von wo aus er seine Umgebung beobachten konnte, während er abwartete.
Hux meldete sich wenige Sekunden später, um Bescheid zu sagen, dass sie ebenfalls eingetroffen sei und sich im
Salon
de l’Europe
befand, dem großen Spielsaal des Kasinos.
Während er wartete, ließ sich Juan durch den Kopf gehen, wie er Max retten würde, ehe sie Eos mit dem Orbital Ballistic Projectile dem Erdboden gleichmachten. Für ihn stand es außer Frage, dass sie die Insel vernichten würden, auch wenn sie Max nicht würden retten können. Das Risiko, das sich daraus ergab, wenn sie diese Stätte des Verderbens verschonten, wäre einfach zu groß. Dem würde sogar Max zustimmen.
Er wünschte sich, es gäbe eine Möglichkeit, Hanley mit Hilfe der ELF-Einrichtungen zu antworten, aber es gab ja nur einen Sender, keinen Empfänger. Juan ging mindestens ein Dutzend Möglichkeiten durch, beleuchtete sie von allen Seiten und verwarf letztlich jede als zu wenig durchdacht.
»Sie sind da«, gab Julia über das Mobiltelefon durch, nachdem er zwanzig Minuten lang untätig in der Bar gesessen hatte. »Sie gehen zum Baccara-Tisch.«
»Sie sollen sich setzen und ein paar Drinks nehmen.«
Unten im Kasino teilte Julia Huxley ihre Aufmerksamkeit zwischen dem Roulettekessel und ihren Zielpersonen auf. Der Stapel ihrer Chips schwand und wuchs in stetigem Wechsel, während Ibn al-Asim auf der anderen Seite des Raumes seinen dritten Drink bestellte.
Sie musste bei dem Gedanken innerlich grinsen, dass er einerseits bereit war, fundamentalistische islamische Terrorgruppen zu unterstützen, trotzdem aber eine der bekanntesten muslimischen Regeln verletzte, indem er Alkohol trank. Sie vermutete, dass er sich selbst als
takfir
betrachtete, einen überzeugten Islamisten, der die religiösen Gesetze und Regeln missachtete, um die westliche Gesellschaft zu infiltrieren. Natürlich könnte ihm das gelingen, indem er auf traditionelle Kleidung verzichtete und sich keinen Vollbart stehen ließ. Das Trinken und der Frauenkonsum waren überhaupt nicht nötig. Es waren ganz einfach Aktivitäten, die ihm offensichtlich großen Spaß machten.
»Ich glaube, es wird Zeit, Juan«, sagte sie in ihr Telefon und tat so, als lese sie eine Textnachricht.
»Okay. Mach’s. Mike, halten Sie sich für Operation V bereit.«
Julia wartete, bis die Roulettekugel im Fach Nummer sechs landete und der Croupier die Chips, ihren eingeschlossen, zusammenraffte und vom Tisch wischte, ehe sie ihm ein Trinkgeld hinüberschnippte und ihre restlichen Chips einsammelte. Sie nahm die beiden Pillen aus ihrer Tasche und durchquerte den Raum. Ein paar Männer gafften sie an, während sie den Tisch verließ, aber fast alle anderen konzentrierten sich ausschließlich auf ihr Spiel.
An dem Tisch, an dem Kerikov und al-Asim spielten, war kein Platz frei, daher hielt sich Julia zurück und wartete auf ihre Chance. Als ein Russe einen besonders großen Gewinn zu verzeichnen
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