Sex - die 10 Todsünden
in sein Revier verstanden hat. Der Grund für die Trennung war einfach nur verletzter Männerstolz. Aber was soll man dagegen machen? Wie hätte ich ihm klarmachen können, dass mir nicht gefiel, was er machte, und er so leicht Abhilfe hätte schaffen können, was er aber nicht tun konnte, weil er gekränkt war? Ich habe Ekkehard nie mehr angerufen und ihn bis heute nicht mehr wiedergesehen.
Oswalt Kolle ganz persönlich
»Er sollte dankbar sein, wenn eine Frau ihm genau sagt, was sie im Bett möchte«
Zunächst etwas ganz Grundsätzliches: Wer keine Kritik verträgt, steht mit dem Rücken an der Wand. Ein starker Mann kann auch im Bereich der Sexualität akzeptieren, dass er bestimmte Schwächen hat. Nur ein schwacher Mann regt sich auf, wenn er auf seine Schwächen angesprochen wird. Dabei sollte er doch dankbar sein, wenn eine Frau ihm genau sagt, was sie im Bett möchte.
Claudia in unserer Geschichte möchte beim gemeinsamen Sex zum Höhepunkt kommen. Dies ist ein legitimer Wunsch. Und vielleicht hatte sie zudem im Sinn, ihrem Freund zu helfen, denn ein sexueller Akt, der länger als ein paar Minuten dauert, ist im Allgemeinen auch für einen Mann befriedigender als eine schnelle Abhandlung. Für den Höhlenmenschen in der Steinzeit galt dies sicher noch nicht: Wenn er beim Sex bemerkte, dass schon der Bär vor dem Eingang die Tatzen leckt, war er höchstwahrscheinlich froh, den Sexualakt schnell zu Ende bringen zu können. Auch als bereits zivilisierter Mensch war der Mann die längste Zeit in der Menschheitsgeschichte nicht dazu angehalten, Rücksicht auf die Frau zu nehmen. Zumindest nicht hier im westlichen Kulturkreis. Denn tatsächlich ist es erst seit den 1930er-Jahren wissenschaftlich nachgewiesen, dass auch eine Frau Lust am Sex empfindet. Und dann bedurfte es noch der Erfindung der »Pille« in den 1950er-Jahren, damit sich Frauen ohne Angst vor einer Schwangerschaft ihren Empfindungen hingeben konnten. Sex war also meistens ein reiner Männersport, und die Herren der Schöpfung sahen keine Veranlassung, sich auf die Frau einzustellen. Entsprechende Ideen mögen sicher bei vielen Männern noch eine Rolle spielen.
Aber selbst wenn man all diese Aspekte berücksichtigt, reagierte Ekkehard sehr heftig. Er flüchtete ja regelrecht. Ich vermute deshalb, dass Ekkehard auch schon früher von anderen auf dieses Thema angesprochen worden ist. Männer, die immer zu schnell kommen, wissen meist genau, es entgeht ihnen und ihrer Partnerin viel an Genuss. So hat Claudia sehr wahrscheinlich einen wunden Punkt getroffen, und er wollte sich reflexhaft schützen.
Vielleicht wäre die Geschichte anders verlaufen, wenn Claudia ihrem Freund erst einmal sensibel erklärt hätte, wann und wie sie zum Orgasmus gelangt und wie er mit seinen Fingern dazu beitragen kann, anstatt ihm einen Vibrator in die Hand zu drücken. Als Mann könnte man diese Erklärungen wunderbar aufgreifen, zum Beispiel durch gemeinsame Masturbation ( siehe auch Tipp ). Denn das Problem der zu frühen Ejakulation tritt meistens beim Eindringen auf und nicht bei anderen sexuellen Aktivitäten. Ich kann mir denken, dass es Ekkehard auch leichter gefallen wäre, Claudia mit dem Vibrator zu befriedigen, wenn er einmal hätte beobachten können, wie viel Lust ihr die Selbstbefriedigung bereitet. Wenn die Frau dann kurz vor dem Orgasmus steht, ist das ein guter Zeitpunkt, um entweder nacheinander mit den Hilfsmitteln oder gemeinsam und vereinigt den Orgasmus zu erleben.
Wie auch immer: In einer guten Partnerschaft müssen prinzipiell beide dazu bereit sein, Anregungen vom Partner sowie sexuelle Hilfsmittel in Anspruch zu nehmen. Es geht nicht immer alles von alleine.
Wie lange ist richtig, und was lehren die alten Bücher der Liebeskunst?
In Claudias Geschichte geht es – unter anderem – um die richtige Dauer von Sexualität. Ekkehard scheint mit wenigen Minuten zufrieden zu sein, Claudia aber benötigt wohl, wie viele Frauen, eine deutlich längere sexuelle Betätigung, um zu einem Höhepunkt zu kommen. Dieses Problem wäre aber sicher gemeinsam lösbar, wenn da nicht noch ein weiterer Faktor erschwerend mitspielen würde, nämlich dass sich Ekkehard nichts sagen lässt, sondern sich offenbar sofort angegriffen fühlt.
Mit drei Minuten waren einige Experten schon zufrieden
Doch bleiben wir beim Thema Zeit: Wie lange ist richtig? Diese Frage stellten die US-Psychologen Eric Corty und Jenay Guardiani am Behrend College 50 Mitgliedern der Society
Weitere Kostenlose Bücher