Sex - die 10 Todsünden
beziehungsweise kann man sich einem Bedürfnis auf einer höheren Stufe widmen.
Die Bedürfnispyramide wurde seitdem von Maslow mehrfach überarbeitet. Sie ist bis heute nicht unumstritten, aber es ist dennoch etwas Wahres daran. Wir haben verschiedene Bedürfnisse auf verschiedenen Ebenen, die nicht alle gleichzeitig und gleichermaßen zu befriedigen sind. Dies bestätigt auch der Chronobiologe Till Roenneberg aus München. Er bezieht sich auf die Bedürfnispyramide, aber vereinfacht sie wie folgt: Nachdem wir unsere Grundbedürfnisse wie Hunger, Durst und triebhaften Sex befriedigt haben, drängen uns nur noch zwei weitere Bedürfnisse, nämlich »Rudelpunkte sammeln« und »Angst vermeiden«. Wobei »Rudelpunkte« für die Anerkennung in der Gesellschaft stehen. Angstvermeidung kann Verschiedenes bedeuten, etwa eine Sicherheitsanlage zu installieren oder aber erfolgreiche Forschungsergebnisse hervorzubringen, die Körper und Psyche erklären, vorhersagbar machen und somit ebenfalls Sicherheit schaffen – wie es offenbar dem Bedürfnis von Wolfgang entspricht – oder den Partner durch strategisches Handeln an sich zu binden, wie Katherine.
Und deswegen kommt es zu Konflikten innerhalb eines jeden Individuums, aber auch innerhalb von Beziehungen. Zwar streben beide, Katherine und Wolfgang, nach Sicherheit und Angstvermeidung, doch ihre Methoden sind unterschiedlich. Für Wolfgang steht im Vordergrund, erfolgreich in seinem Beruf zu sein. Für Katherine ist vorrangig, eine gute Beziehung zu führen. Da beide Partner im gleichen beruflichen Umfeld agieren, wird die unterschiedliche Wertung sehr deutlich.
Und deswegen muss die Beziehung der beiden Personen in unserer Geschichte scheitern, wenn sie ihre unterschiedlichen Bedürfnisse nicht einschränken. Fände Katherine einen Partner, der ähnlich gelagerte Bedürfnisse besitzt wie sie, hätte sie eine größere Chance, glücklich zu werden. Allerdings gilt auch in diesem Fall, dass ein zu stark geäußerter Besitzanspruch die Liebe tötet.
Doppelbindung treibt groteske Blüten
Wenn zwei Partner wichtige Aspekte ihrer Beziehung nicht auf derselben Ebene der Bedürfnishierarchie ansiedeln, empfinden sie subjektiv das jeweilige Verlangen und Vorgehen des anderen sogar als Vernichtung. Sie fühlen sich zerrissen zwischen verschiedenen Wünschen, zum Beispiel zwischen dem nach Sexualität und dem nach Selbstständigkeit, das heißt, sie befinden sich in einer unauflöslichen »Doppelbindung«.
Die Doppelbindung kann in Beziehungen groteske Blüten treiben, etwa wenn widersprüchliche Regeln aufgestellt werden. Zum Beispiel die Regel, ehrlich zu sein, und die Regel, sensibel zu sein. Beides geht nicht immer zusammen: »Sag ehrlich, sieht man, dass ich zugenommen habe?« – »Es könnte schon sein, dass du ein bisschen kräftiger wirkst. Aber das ist nicht schlimm.« – »Was, du findest, dass ich fett bin? Gefalle ich dir nicht mehr? Warum sagst du so etwas Gemeines?« Was will man darauf antworten?
Große Unterschiede in Bezug auf Nähe beziehungsweise Distanz führen oft auch zu ganz unglaublichen Strategien. Entweder um Zweisamkeit herzustellen, etwa indem man den anderen ständig mit Essen versorgt oder ihm die verruchte Geliebte vorspielt, die man eigentlich gar nicht ist – wie Katherine. Auch teure Geschenke können den Versuch darstellen, den Partner an sich zu binden, ja ihn von sich abhängig zu machen. Doch das bewirkt häufig genau das Gegenteil dessen, was man beabsichtigt, und treibt den Partner tatsächlich weg. Der oder die andere wird gerade dann sehr erfinderisch werden, wenn es darum geht, sich zu entziehen. Männer entdecken plötzlich ihre Liebe zum Golfspielen, zu Überstunden und Geschäftsreisen. Frauen, die zu stark bedrängt werden, brechen ebenfalls aus, indem sie Frauenabende einführen, das Telefon oder die Haustürklingel leise stellen und natürlich ebenfalls den Beruf besonders wichtig nehmen. Und wenn dann die Suche nach Freiräumen doch einmal in einen Flirt oder in ein sexuelles Abenteuer mündet, kann natürlich der Partner oder die Partnerin mit Recht sagen »Ich hab’s ja immer gewusst!«. Doch im vermeintlichen Triumph steckt oft nichts weiter als eine selbst inszenierte Erniedrigung. Denn die Ursache liegt nicht unbedingt im Freiheitsbedürfnis des anderen, sondern im eigenen Bedürfnis nach (zu) viel Nähe.
Die Griechen kannten fünf verschiedene Begriffe für die Liebe
All dies hat damit zu tun, dass einer der Partner
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