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Sex - die 10 Todsünden

Titel: Sex - die 10 Todsünden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrice Oswalt & Wagner Kolle
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oder auch beide meinen, alles im anderen finden zu müssen. Menschen aus anderen Kulturen und aus anderen Zeiten können und konnten unterschiedliche Liebesbeziehungen auseinanderhalten. So differenzierten die alten Griechen fünf Begriffe für die Liebe: Da gibt es einmal Eros, die erotische Liebe, die von sexueller Lust und Anziehung geprägt ist. Dann Agape, die uneigennützige altruistische Liebe. Weiterhin gibt es noch Pragma, die pragmatische Liebe, bei der beide Seiten einen Nutzen aus der Beziehung ziehen und diese deshalb aufrechterhalten. Es gab Mania, die verrückte Liebe, die eifersüchtig, besitzergreifend und hemmungslos ist. Und letztendlich Storge, der Zuneigung auf eher freundschaftlicher Basis, die auf gemeinsamen Interessensgebieten beruht und gar nicht auf Sexualität.
    Auch hierzulande war es bis ins 20. Jahrhundert hinein in bürgerlichen Kreisen völlig normal, zu heiraten, um rechtliche und finanzielle Probleme in den Griff zu bekommen. Und bei den Bauern hieß es, das »Sach zum Sach tun«. Anziehung war überhaupt kein Kriterium, und die Lust wurde gerne auch außerhalb der Ehe befriedigt. Eigentlich entstand erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Idee, dass die Anziehung, also die romantische Liebe, auch in die Ehe einfließen sollte.
    Und nun soll plötzlich ein Partner für die Befriedigung aller Bedürfnisse zuständig sein. Aus Sicht der Paar- und Sexualtherapie ist das aber eine gefährliche Falle, da es den Bereich des Selbstseins nicht mehr gibt. Man kann sich in keinen eigenen Bereich mehr zurückziehen. Die Kontakte sind vorherbestimmt, die Abläufe des Zusammenseins geregelt. Das vernichtet jegliche Spontaneität, das zufällige Ergattern von Gelegenheiten, sich zu sehen, sich zu treffen, sich zu lieben.
    Schauen wir noch einmal in die Schatzkammer der Biologie hinein. Sie lehrt uns: Das Warten auf etwas Schönes, ein Erobern, das lange Hinauszögern einer Belohnung regt die Dauer und Intensität der Dopaminproduktion im Belohnungszentrum des Gehirns an. Wenn wir also lange um jemanden werben müssen und ihn schließlich erobern, wertet das Gehirn dies als wertvoller und schüttet mehr vom »Glückshormon« aus, als wenn wir nur mit dem Finger zu schnippen brauchen, um jemanden zu bekommen. Und gar kein Dopamin wird ausgeschüttet, wenn sich der andere einem aufdrängt. Insofern sollten wir es mit dem irischen Schriftsteller Oscar Wilde halten, der sagte: »Das Wesen der Romanze ist die Ungewissheit.«
    Katherine hat aus ihrer Sicht folgerichtig gehandelt: Sie war verliebt, wollte viele Bezüge herstellen und eine partnerschaftliche Verbindlichkeit auf mehreren Ebenen erreichen. Doch ihr geliebter Wolfgang hat diese vielen Bezüge als bedrohlich erlebt. Er war psychologisch anders gepolt und hatte zudem Angst, dass seine anderen Bedürfnisse ins Hintertreffen geraten könnten. Dass eine solche Differenz der Bedürfnisse generell bestehen könnte, hätte Katherine wissen können. Und darüber hinaus hatte sie es ihm auch noch zu leicht gemacht: Wolfgang musste nicht mehr erobern, nichts mehr für die Beziehung tun und konnte damit keinerlei stimulierende Erfahrungen machen. Insofern hat Wolfgang aus Angst und aus »Reizmangel« die Beziehung beendet, aus seiner Sicht zu Recht. Eine Option wäre gewesen, dass Katherine ihre Sehnsucht nach Nähe aufspart und dadurch Wolfgang die Gelegenheit gibt, seine Angst vor Vereinnahmung zu überwinden. Die Beziehung scheiterte also letztlich an einer mangelhaften Synchronisation der Bedürfnisse.
    Der Heisse Tipp
Wie Sie Nähe und Distanz miteinander in Einklang bringen
    Das beste Rezept für eine gute Partnerschaft kann man in wenigen Worten ausdrücken: Bleibt immer ein bisschen unverheiratet. Nicht klammern. Die Beziehung nicht als selbstverständlich betrachten. Immer noch umeinander werben. Und: Geben Sie dem anderen die Freiheit, selbstständig und allein Freundschaften von früher pflegen zu können. Der Vorteil dabei ist: Wenn Sie den Partner oder die Partnerin nicht ständig mit Nähe überschütten, geben Sie der anderen Person die Möglichkeit, sich an Sie anzunähern.
    Die Vorstellung, dass man für den anderen verantwortlich ist, nachdem man ein paar Nächte miteinander verbracht hat, ist überholt. Zwei Menschen müssen einen Weg finden, auch als zärtliches Paar zwei Individuen mit verschiedenen Zeitabläufen und Bedürfnissen zu bleiben. Wichtig ist dabei, dass Sie diesen Wunsch nach Unabhängigkeit auf eine Weise äußern, die

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