Sex ist verboten (German Edition)
diese baltische Sturheit. Dicke blasse Lippen, schiefes Lächeln. Sie weiß, dass die Sojamayonnaise nicht so wichtig ist. Ines ist in Tränen ausgebrochen, weil sich die Kipppfanne immer wieder von selber ausschaltet. Ihr Curry wird nicht gar. Paul ist besorgt. Paul hätte niemals zum Küchenchef ernannt werden dürfen. Ich ziehe meinen gedünsteten Reis mit Kichadabohnen aus dem Rational-Ofen. Das Weiß und das Gelb sind jetzt wunderbar flockigweich. Wie ein Kuscheltier. Meilenweit entfernt von den harten Körnern, die ich gewaschen habe.
»Füll es um in Kasserollen«, schlägt Tony vor, »und koch es auf dem Herd zu Ende.«
Tony ist gestern erst angekommen. Er ist bei diesem Retreat der älteste Helfer. Professor, sagt er. Bei allem, was man ihm zu tun gibt, muss man ihm zeigen, wie es geht: wie man eine Steckrübe schrubbt, wie man eine Zucchini schält, wie man Kartoffeln stampft. Schöner Professor.
»Zu spät!«, jammert Ines. »Das dauert ewig.« Sie hat die Regel vergessen, dass man zum Meditieren in die Halle gehen soll, wenn man nicht ruhig bleiben kann. Sie fangen gerade an, das Curry in Kasserollen umzuschöpfen, da gehe ich hin und zeige ihnen den Trick mit dem Thermostat.
»Es klemmt. Seht ihr? Man muss dran rütteln.«
Die Pfanne zischt. Ines hält sich an dem großen hölzernen Rührlöffel fest, während ich an dem Knopf herumspiele. Sie hat Angst, dass ich übernehmen will, dass ich ihr die Show stehle. Ich beuge mich immer noch über die Pfanne – das Curry riecht wirklich gut –, als mir klar wird, dass Tony mir in den Ausschnitt stiert. Du meine Güte! Bei Ralph hätte ich ja damit gerechnet, aber nicht bei dem Professor, mit seiner Glatze und den buschigen Augenbrauen und dem Mundgeruch, dem man zeigen muss, wie man einen BH öffnet. Was ist das bloß mit mir und den älteren Männern?
Doch Irrtum! Als ich mich aufrichte, ist es
Meredith.
Sie hat sich direkt neben mir aufgepflanzt, streckt lächelnd ihren verbundenen Finger aus und stiert.
»Beth!«, ruft sie. »Du hast es hingekriegt!«
Das Roter-Ferrari-Syndrom hat Jonathan es genannt. »Oder vielmehr, die
zwei
roten Ferraris.« Selbst Leute, die überhaupt nicht interessiert waren, sagte er lachend, schauten unwillkürlich hin. »Deine Titten sind
unübersehbar,
Beth. Zwei funkelnagelneue Ferraris, die in zweiter Reihe auf dem Zebrastreifen parken.«
Jonathan. Jonathan Jothanan Thanajon. Ich dachte, ich hätte dich schon vor Wochen aus meinem Kopf verbannt, und jetzt hast du dich einfach in die Essensvorbereitungen eingeschlichen. Daran ist nur der Tagebuchschreiber schuld. Zur Hölle mit euch beiden. Das Curry hat angefangen zu blubbern. Ines ist glücklich. Ihre Titten sind schon vor Jahren den Gang alles Irdischen gegangen. Schrumpliges Fallobst. Gesegnet seien sie. Segne sie alle. Akzeptiere alles.
»Schade, dass wir die Kasserollen schmutzig gemacht haben«, sagt Tony. Ihm ist klar geworden, dass ich ihnen den Trick mit der Kipppfanne absichtlich erst im letzten Moment verraten habe. Er ist nicht blöd. Vielleicht ist er Psychologieprofessor?Meredith sagt, da sie weder schnippeln noch abwaschen kann, will sie mir im Speisesaal beim Tischdecken helfen.
Im Dasgupta-Institut bewegen wir uns ständig zwischen denselben vier, fünf Orten hin und her. Die Doppeltür in der Küche geht auf einen kurzen Flur hinaus. Geradeaus links sind die Doppelschwingtüren zum Speisesaal der Männer. Geradeaus rechts die zu dem der Frauen. Wir fahren ratternd mit unseren Servierwagen hin und her, schieben stapelweise Teller hinaus, Besteck, den Salat, den Reis und die Bohnen, und – heute gerade noch rechtzeitig – das Curry. Geschafft. Alles steht an seinem Platz. Nein, doch nicht, wir haben das Salatdressing vergessen. »Wer war fürs Dressing zuständig?« Auf dem Speiseplan steht Sesamdressing. Ich suche eilig die Zutaten zusammen. Ralph fängt an, abzumessen und zu mischen. Paul kommt herüber und sagt: »Vielleicht ist es besser, wenn du mit Kristin zusammen arbeitest, Elisabeth.« Was soll das denn heißen? Dann fällt mir der Gong ein. »O Gott, ich bin mit dem Gong dran, Paul. Ich muss los. Mach
du
das Dressing.«
Der Gong hängt an einem Ast des Weißdornbaums, der ein paar Meter von der Meditationshalle entfernt steht. Hier draußen ist es nach dem Dampf und der Hektik in der Küche frisch und still. Die niedrigen Hügel liegen schweigend im Dunst. In der Halle rührt sich nichts. Kaum zu glauben, dass hundertfünfzig Menschen
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