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Sex ist verboten (German Edition)

Sex ist verboten (German Edition)

Titel: Sex ist verboten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Parks
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einen Sack Haferflocken absetzt. Er muss auf die sechzig zugehen.
    »Die Lieferungen sind genau abgemessen, um den Speiseplan zu erfüllen«, sagt Vikram. Er hat einen indischen Akzent, aber eher Upper Class. »Wenn ihr die Zutaten austauscht, werdet ihr eines Tages feststellen, dass etwas fehlt, was ihr braucht.« Er steht im Kühlraum und stapelt die Sachen in die Regale, während wir rein- und rausgehen und die Kisten holen. Er weiß, wo alles hingehört. Ralph schleppte drei Säcke Kartoffeln auf einmal und riskierte einen Leistenbruch. »Du hast deine Schürze noch um«, sagte Vikram zu ihm. Ralph schaute ihn verständnislos an. »Die Schürze ist nicht dafür da, dass deine Sachen sauber bleiben, sondern um das Essen der anderen vor dem Kontakt mit deinen Sachen und dem, was sich daran befindet, zu schützen. Wenn du dich schmutzig machst, dann nimmst du die Schürze vorher ab.« Ralph legte den Kopf schief. Sein langes Haar fiel zur Seite und ein Ohrring kam zum Vorschein. Er ist wirklich ein süßer Junge.
    Dass ich mich frage, ob Vikram schwul ist, oder schwul war, liegt an seiner Zimperlichkeit, an seiner Art zu sprechen, sehr korrekt, sehr indisch, sehr vornehm. Das Dasgupta-Institut muss toll sein für Schwule, die sich nicht outen wollen. Hier kann man das ganze Thema abhaken. Wieso sollte man an einem Ort, an dem jeglicher Körperkontakt, selbst das Händeschütteln, verboten ist, ehrlich über seine sexuelle Orientierung sprechen? Ich werde Mi Nu nie umarmen. Nicht mal anfassen. Vikram verlangt von den Helfern bei jedem Retreat, dass die Küche wie ein Uhrwerk tickt, dass sie die Dasgupta-Rezepte immer wieder genau gleich herstellen, so wie der Dasgupta-Gesang jeden Morgen um sechs ertönt und das Dasgupta-Video jeden Abend um sieben läuft. Er hängt gedruckte Pläne mit den Putzdiensten auf: Tage oben quer, Aufgaben links abwärts: Mitarbeitertoilette – Männer/Frauen – Abflüsse in der Küche, Hauben und Schürzen (Wäsche). Wir sollen an dem Tag, an dem die Aufgabe erledigt wurde,jeweils unsere Initialen in das entsprechende Feld eintragen. Alles muss mit solcher Regelmäßigkeit geschehen, dass es gar nicht wirklich geschieht. Ergibt das einen Sinn? Ich meine, es wäre nur ein Ereignis, wenn es nicht geschähe.
    »Wo ist Paul?«, will er wissen. »Geschirrtücher sollen gewaschen werden, nicht zum Trocknen auf die Heizung gelegt. Sie sind wahre Nistplätze für Bakterien.«
    Ich mag Vikram. Was für Probleme er in der Vergangenheit auch gehabt haben mag, jetzt steht er darüber. So will ich auch werden. Er läuft in der Küche herum und überprüft alles. Die Gemüseschneider sind nicht richtig sauber gemacht worden. Das war Rob. Es gibt immer jemanden, der die Maschinen gerne benutzt, es aber hasst, sie zu reinigen. Wieso muss ich kichern, wenn Vikram seinen dunklen Kopf schüttelt und mit seinem braunen Finger droht? Ich frage mich, warum er mir nicht sagt, dass meine Haare aus der Haube fallen. Er schimpft mit allen außer mit mir. Vielleicht bin ich ein hoffnungsloser Fall. Wenn ich ihm ein strahlendes Lächeln zuwerfe, wendet er sich ab. Egal. Ich habe für ein paar Minuten meinen Tagebuchschreiber vergessen und gar nicht mehr an den Umschlag in meiner Tasche gedacht.
    Ab zehn Uhr ist in der Küche der Teufel los. Die Leute kennen sich noch nicht mal mit Namen, geschweige denn wissen sie, wo alles ist. Neue Helfer kommen an, alte reisen ab. Wir geraten in Panik. Das Mittagessen muss um elf auf dem Tisch stehen. Nach drei Stunden auf dem Allerwertesten müssen die Meditierenden ihr Essen vorfinden. Sie leiden unter ernsthaftem Entzug. Tag eins, Eintopf mit Adzukibohnen. Tag zwei, Ofenkartoffeln mit Käse überbacken. Tag drei, Reis, Kichadabohnen und Tofu-Curry. Die Leute vertilgen Berge von Essen. Dazu die Salate. Und die Speisen für besondere Bedürfnisse: Käse-Salat-Sandwich für Maureen Moss, Glukosedrink für Rita Howell. Und dieHinweise auf vegan oder nicht-vegan schreiben. Und dann noch die zugedeckten Portionen, die in die Bungalows der Lehrer gebracht werden müssen. Meredith hat sich in die Fingerkuppe geschnitten. Ich liebe die scharfen Messer hier. Zu gern suche ich für jedes Gemüse, das ich hacken muss, das richtige Messer aus. Blut ist auf den Brokkoli getropft. Kristin hat vergessen, die Waage auf null zu stellen, und jetzt ist ihr die Sojamayonnaise misslungen. Alle sind in totaler Hektik, vollkommen un-Zen-mäßig. Kristin bleibt allerdings ganz ruhig. Sie besitzt

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