Sex ist verboten (German Edition)

vermasselt.
    Schöner Willkommensgruß. Jeder Start ein Fehlstart.
    So viel zum Optimismus.
    Auf der anderen Seite ist es besser, als Mensch geboren zu werden denn als Tier. Da kann man an sīla samādhi und paññā arbeiten. So gesehen ist das Glas dann doch halb voll.
    Wegen des überlegenen Bewusstseins des Menschen.
    Wer glaubt schon solchen Quatsch?
    Wir müssen aus unserem Menschsein das Beste machen, denn die Chance auf eine menschliche Wiedergeburt ist genauso groß wie die, als blinde Meeresschildkröte zurückzukehren, die nuralle hundert Jahre an die Wasseroberfläche kommt und beim Auftauchen feststellt, dass sie ihren Kopf rein zufällig genau in das einzige enge Joch gesteckt hat, das auf dem Ozean schwimmt.
    Was soll das denn heißen? Wieso Joch? Was für ein Joch? Schwimmen Joche auf den Meeren herum und warten darauf, dass blinde Schildkröten ihren Kopf in sie hineinstecken?
    Welche Schildkröte kann hundert Jahre unter Wasser bleiben? Wie viele von ihnen muss es geben angesichts des ganzen menschlichen Lebens um uns herum?
    Soll das ein Witz sein?
    Was soll diese Geschichte bedeuten?
    Eigentlich ist es sehr angenehm, über dieses abwegige buddhistische Zeug nachzudenken statt über mein persönliches Elend. Vielleicht sollte ich als ultimative Realitätsflucht ein esoterisches Religionsverzeichnis herausbringen – »Tantrische Meditation für Anfänger. Hundert Reinkarnationen, die Sie um jeden Preis vermeiden sollten«.
    Dafür gibt es bestimmt einen Markt.
    Mir macht das hier auch Spaß, Mr. Tagebuchschreiber. Wenn wir beide uns zusammentäten und ein bisschen plaudern und rauchen und in aller Ruhe ein Glas trinken und eine Partie Pool spielen würden, dann könnten wir die ganze Scheiße, die uns wahnsinnig gemacht hat, vielleicht einfach vergessen.
    Keine Tagträume von Sex mehr, jetzt, wo ich unrein bin. Jonathan hat es nie gestört.
    Als wir zum ersten Mal miteinander geschlafen haben, blutete ich wie ein Schwein.
    Er sagte …
    Halt.
    Atme.
    Damals, als ich nach Hause kam, um meine Sachen zu holen, nachdem ich gesagt hatte, ich würde ausziehen. Für immer. Sie hatte Fleischtomaten mit Couscous-Füllung gemacht. Sie hatte eine Flasche Whisky und Pralinen gekauft. Susie war aufgeregt wegen einer Audition. Ich setzte mich auf meinen Stuhl und aß die Tomaten mit Couscous, der mit Muskat und Pinienkernen gewürzt war. Ich setzte mich auf die Gartenbank unter die Glyzinie, schenkte mir einen Whisky ein und wählte eine Praline aus. Ich stand nie wieder auf. Vielleicht ist das die wahre Bedeutung des Wortes bourgeois. Das Erstgeburtsrecht verkauft für ein paar Gläser Schnaps.
    Dann die Kälte. Der Groll.
    Mum hat für Dad immer Steak Tatar gemacht, wenn er gedroht hat, auszuziehen. Und die Katzen ins Gästezimmer gescheucht.
    Traum. Ich liege auf dem Boden und ringe mit einer Art Mann-Tier-Monster, das zugleich ein Teil von mir ist, in mir ist, und ich versuche, es wegzustoßen, aber es ist dunkel und ich kann nicht sehen, was zu mir gehört und was nicht. Es ist ein wilder Kampf. Ich unternehme übermenschliche Anstrengungen, um dieses Wesen, das in mir ist, das nicht von mir zu unterscheiden ist, von mir wegzustoßen. Schweißgebadet aufgewacht, das Wort »Exorzismus« auf der Zunge. Exorzismus, Exorzismus. Noch nicht bereit. Ich fühle mich nicht bereit. So viele Träume. Alle sehr intensiv. Das verschlossene Zimmer mit dem abgebrochenen Weihnachtsbaum. Der Autounfall.
    In meinem Traum laufe ich mit Jonathan am Strand entlang. Die Brandung tost und die Wellen kommen direkt bis an unsere Füße. Er hat einen Arm um mich gelegt, und wir sind verliebt.Dieser Traum bricht mir das Herz. Er wirft mich um Wochen zurück.
    Nehmen wir spaßeshalber mal an, ich werde als Molch wiedergeboren. Natürlich weiß ich nicht, dass ich vorher schon mal ein Mensch war. Ich weiß nicht, dass ich vorher mit L verheiratet war. Erleichterung. Ich weiß nicht, dass es ganze Gebirgsketten von negativem Ehe-Karma waren, die zu dieser entwürdigenden Herabstufung geführt haben. Vom Prinzen zum Molch. Tatsächlich fühle ich mich kein bisschen herabgestuft oder entwürdigt. Mir ist noch nicht mal klar, dass mir der Frosch erspart geblieben ist. Ich bin ein Molch. Ich bin damit zufrieden, in meinen schlammigen Tümpel hinein- und wieder hinauszugleiten. Ich muss mich nicht mal zwischen Land und Wasser entscheiden. Ich bin eine Amphibie. Das Leben als Molch ist toll. Dukkha ist etwas für Menschen. Menschen leiden,