Sex ist verboten (German Edition)
Arbeiterin. Sie zu Hause, wir auf Achse. Sie der Kopf, wir der Körper.
Wurde ich kritisiert, nahm sie mich in Schutz. Sie war meine Verteidigerin. Ich brauchte sie.
War ich erfolgreich, wurde sie neidisch, kritisierte mich. Sie vertrat die Anklage. Ich musste sie loswerden.
Als ihr klar wurde, dass ich mich nach jungen Frauen umschaute, hasste und verachtete sie mich. War Richterin und Geschworene.
Sie hatte eine Schlange an ihrem Busen genährt.
Ihre Verdauungsprobleme. Ihre Verstopfung. Ihre Wutanfälle.
Die Kommunikation versiegte ebenso wie der Sex. Kein Ficken, kein Reden.
Wie kann Dasgupta glauben, dass die geistige Falle, in der wir sitzen, allein dadurch aufgehoben wird, dass wir uns von allen Anhaftungen und jeglicher Identifizierung freimachen? Es ist keine Frage des zweiten Pfeils, sondern der dritten vierten zehnten zwanzigsten hundertsten tausendsten Pfeile, die alle vor langer Zeit abgeschossen wurden und alle genau ins Schwarze getroffen haben.
Der heilige Sebastian.
Ich bin in einer Geschichte eingesperrt, die ich nicht wegwünschen kann. Sie wird sich nicht in Luft auflösen, bloß weil ich »Geschichte, Geschichte, nicht meine Geschichte« sage.
Es ist kein Theaterstück, aus dem ich einfach abtreten kann.
Oder vielmehr, es ist ein Theaterstück, aber ich bin einer der voll bezahlten Schauspieler. Die lässt man nicht gehen. Oder wenn doch, dann verhungern sie.
Enttäuscht von mir fing L an, Susie zu erdrücken. Wenn Susie Klavierstunden nahm, nahm L auch Klavierstunden. Um ihrer Tochter zu helfen, um ihre Tochter zu übertrumpfen. Wenn Susie Spanisch lernte, lernte L auch Spanisch, mit größerem Erfolg. Um ihrem Mann zu zeigen, wie viel Genie und Potenzial geopfert wurden, indem sie ihre Karriere für mich und Susie aufgegeben hatte.
Dann trank sie ein paar Monate lang.
Susie fing an zu tanzen, weil L das nicht konnte. L ist zu ungelenkig. L hat eine schlimme Hüfte. Susie wurde eine hervorragende, umwerfende, begeisterte Tänzerin, weil ihre Mutter nicht tanzen konnte, aber sehr schnell alles Wissenswerte über Choreografie lernte. L wusste binnen Kurzem über jede Premiere und jede Karriere in der Tanzwelt Bescheid. L kaufte die Kleidung, die Schuhe. L fuhr ihre Tochter zum Tanzunterricht und holte sie wieder ab, sie erzählte jedem, den sie traf, von ihr. L förderte und unterstützte sie bei jeder Gelegenheit.
L tanzte nicht: sie glänzte mit ihren Tanzkenntnissen.
L hörte auf zu trinken, um ihre Tochter als Tänzerin zu bewundern.
Ich fühle mich krank.
Ich habe das Gefühl, es gibt nichts zwischen uns außer dem Bewusstsein, dass es zwischen uns nichts gibt. Das ist das Einzige, was wir gemeinsam haben. Das Wissen um unsere Niederlage. Welche Intimität.
Das macht den Erfolg umso wichtiger.
Bedeutet Susie L und mir wirklich so viel, oder wollen wir einfach nicht zugeben müssen, dass unsere Tochter eine Versagerin ist? Susie hat versagt. Das wollen wir den Leuten nicht erzählen müssen. Wir können nicht davon schwärmen, dass unsere Tochter mit einem Alkoholiker im mittleren Alter davongelaufenist, den eine Gefängnisstrafe wegen Totschlags erwartet. Unsere Ehe hält nur dank des gemeinsamen Stolzes auf Susies Erfolg, ihre erfolgreiche Karriere. Ohne die waren alle Opfer, die L gebracht hat, umsonst. Die Schönheit und der Erfolg unserer Tochter rechtfertigen die Fortsetzung unserer (verfaulten) Ehe. Verfault, zerrüttet, erstarrt.
Ist es so?
Ist das gemeint, wenn Dasgupta von tiefen, tiefen sankharas spricht?
Ich muss alles tun, was ich kann, damit Susie es sich anders überlegt und wir unsere alte Pattsituation aufrechterhalten können.
Patt. Platt.
Ist es so?
Erinnert mich an das Buch The Keeper. Der Held balsamiert die ganze Familie ein, damit alles so bleibt, wie es ist. Heim und Herd genau so, wie es ist.
Wenn Wordsmith pleitegeht, verlieren wir auf jeden Fall das Haus. Das Erkerfenster. Den Garten. Die Glyzinie. Ich liebe die Glyzinie. Heute Morgen beim Meditieren, seltsamer Moment, habe ich das Gartentor aufgemacht, habe sogar den Jasmin am Zaun gerochen. Alles war sehr präsent. Ich schob ein paar Blätter beiseite und ging hindurch bis zur Terrasse. Ich war zu Hause. In Sicherheit. Es war total intensiv.
Wäre ich vor zwanzig Jahren ins Dasgupta-Institut gekommen, dann hätte es vielleicht einen Sinn gehabt. Wie soll ich mich von allem loslösen, mitten in diesem Drama, das mich zwingt, ich zu sein? Ich kann die Bedingungen, die vor langer Zeit
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