Sex ist verboten (German Edition)

bestimmt haben, wie mein Bewusstsein in Erscheinung tritt, nicht mehr ändern. Meine Frau lässt es nicht zu. Die Banken lassen es nicht zu. Die Buchhandlungen lassen es nicht zu. MeineAutoren lassen es nicht zu. Ich kann nicht einfach zu den Banken sagen, tut mir leid, kein Ich da. Das Konzept von anattā ist ihnen fremd. Sie weisen mich auf meine Verantwortung hin, sie zeigen mir, wo ich unterschrieben habe. Man ist seine Unterschrift.
    The Keeper war eindeutig das beste Buch, das Wordsmith je herausgebracht hat. Es hätte den Booker-Preis bekommen sollen. Wir sind darum betrogen worden!
    Ist das der Grund, warum Susie das macht? Nicht weil sie den Kerl liebt, sondern weil sie erkannt hat, dass ihr Erfolg das Einzige ist, was ihre Eltern zusammenhält? Sie will uns mit dieser Enttäuschung auseinandertreiben. Sie kann ihr erfolgreiches Leben nicht annehmen, weil sie das Gefühl hat, dass wir es mehr für uns selber als für sie geschaffen haben. Sie schadet sich selbst, um uns den Gnadenschuss zu versetzen.
    Ist es so?
    Die Bedingungen für ihr Entstehen. Und ihren Absturz.
    Oder willst du einfach nicht an ihre leidenschaftliche Liebe glauben? Weil du selbst zu so etwas nicht fähig bist. Deine Leidenschaft ist für dich beschämend. Denn als du mit T hättest weggehen sollen, hast du es nicht getan. Du warst in T verliebt und hast nichts unternommen. Du hast deine Liebe absterben lassen, weil dir der Mut fehlte. Du siehst, wie Susie aus Liebe beruflichen Selbstmord begeht, und fühlst dich beschämt, gedemütigt. Du erkennst die Schönheit der Liebe, wahrer, aufopferungsvoller Liebe, und du erkennst deine eigene tief sitzende Unfähigkeit zu lieben.
    Sie wird ihn retten, und dann leben sie glücklich bis an ihr Lebensende. Vielleicht.
    Bestand das Mysterium bei The Keeper nicht darin, dass zwischen den Einbalsamierungen der drei Opfer Jahre lagen? DieGroßmutter wurde vor dem Sohn einbalsamiert, der Sohn vor der Mutter. Also müssen zuerst der Sohn und dann die Mutter die Anwesenheit einer bzw. zweier Leichen in einem Sessel im Haus geduldet haben, und zwar jahrelang, ehe sie selbst zum Opfer wurden. Bizarr. Aber faszinierend. Komplizen, die zu Opfern werden. Selbst nachdem sie zugesehen haben, wie ein anderer Komplize zum Opfer wird.
    Wen kümmert’s, dass der Autor die Handlung eines alten Märchens übernommen hat? Das machen doch alle. Wordsmith stünde nicht kurz vor dem Ruin, wenn das Buch den Booker-Preis bekommen hätte.
    Dasgupta sagt, wir müssen geistige Wucherungen/Spekulationen/Tagträume/zweite Pfeile etc. vermeiden, aber wie sollte ich nicht über die Motive spekulieren, die mein einziges Kind dazu bewegen, ihr Talent wegzuwerfen, um am anderen Ende der Welt mit einem betrunkenen Verbrecher zusammenzuleben?
    Ist das eine unangebrachte Anhaftung?
    Vielleicht sind wir schuld. Sie läuft aus Liebe davon, weil ihre Eltern keine Liebe zeigen. Sie liebt leidenschaftlich, weil unser Zusammensein nur noch einbalsamierte Gehässigkeit ist.
    Ich finde schon, dass ich mich mit etwas beschäftigen muss, das ich verschuldet habe.
    Oder ist sie verrückt im klinischen Sinne? Sollte ich sie einweisen lassen?
    Wie kann ich von den Lehren Dasguptas profitieren, solange dieses Drama nicht beendet ist? Wie kann jemand, der so ins Leben verstrickt ist wie ich, der sich so tief mit anderen Menschen eingelassen hat wie ich, der mit Händen und Füßen an andere gefesselt ist, wie kann ein solcher Mensch von Dasguptas schlichten Regeln profitieren, wie kann jemand MEDITIEREN , während seine Frau in seinem Kopf wütet, seine Tochter ihm in denOhren klingt, seine Geliebte ihm ihren Atem in den Nacken haucht, seine Glyzinie ihm lockend winkt, sein Jasmin die Luft mit Wohlgeruch erfüllt, sein schöner Rasen flehentlich darum bittet, gemäht zu werden?
    Wäre es nur endlich vorbei. Aus und vorbei. Das Kind ist tot, und irgendwann wird der Mutter klar, dass sie es begraben und loslassen muss. Schmerz ist kein Schmerz mehr, wenn es keine Alternative gibt.
    Vielleicht gibt es in Wirklichkeit nur einen Pfeil: den zweiten.
    Der erste war gar kein richtiger Pfeil.
    Wie kann ein Molch leiden?
    So viel zum Thema Unentschiedenheit. Ich kann mich nicht mal entscheiden, welches Bein ich jetzt über das andere schlagen soll. Vor der Stunde der Festen Entschlossenheit habe ich panische Angst, die falsche Position zu wählen und schreckliche Schmerzen zu bekommen. Soll ich zuerst das rechte oder zuerst das linke Bein anziehen? Der Typ