Sex ist verboten (German Edition)
böses Mädchen bin? Wollen Sie ein böses Mädchen bekehren?«
Mrs. Harper lächelte. »Wir haben im Dasgupta-Institut nicht den Wunsch, irgendjemanden zu bekehren, Elisabeth. Das wissen Sie genau. Ich bin mir nicht mal ganz sicher, was dieses Wort bedeutet. Ich möchte Sie in keinerlei Hinsicht umstimmen.«
»Meine Freunde nennen mich Beth«, sagte ich.
Ich fragte mich, ob sie den Rauch gerochen hatte. Ich fragte mich, was sie um halb vier Uhr morgens in der Küche wollte. War sie auf einen Snack aus? Es war offensichtlich, dass sie nicht hungerte.
»Ian und ich haben den Eindruck, dass Sie trotz Ihres langen Aufenthaltes im Dasgupta-Institut nicht hier sind, weil Sie hier sein wollen, sondern weil Sie Angst haben wegzugehen. Wir wünschen uns, dass Sie sich entscheiden, entweder aus Überzeugung zu bleiben oder mutig zu gehen.«
Ich hätte sie umbringen können. Ian und ich. Ian und ich.
»Warum fragen Sie mich nicht einfach, was mein Problem ist?«, wollte ich wissen. Ich knallte die Schere hin. »Warum fragen Sie nicht? Wie können Sie so tun, als wollten Sie mir helfen, ohne irgendetwas über mich zu wissen? Ich könnte eine Serienmörderin sein. Oder eine Nymphomanin.«
Ich schaute ihr in die Augen. Ich wollte Pfeile abschießen. Falls sie trafen, ließ sie es sich nicht anmerken.
»Vermutlich machen wir uns Sorgen, dass Sie etwas Unerfreuliches tun könnten, um hinausgeworfen zu werden. Weil Sie sich nicht trauen, diese Entscheidung selbst zu treffen.«
»Was denn zum Beispiel?«
Sie lächelte nachsichtig. »Schwer zu sagen. Auf dem Gelände rauchen. In den Pub gehen. Oder auf die Männerseite.«
Ich starrte sie an. Sie stand leicht vorgebeugt, die Hände über ihrem dicken Bauch gefaltet. Was, wenn ich auf sie zuginge und ihr einen Kinnhaken verpasste?
Ich nahm den Brokkoli wieder in die Hand und machte fünf, sechs schnelle Schnipse.
»Sie wissen gar nichts über mich.«
»Sie stehen hier vor mir, Elisabeth. Mit Ihrer Schere. Nachts. In der Küche. Und schneiden Brokkoli.«
»Beth.«
Sie sagte nichts.
»Das heißt nicht, dass Sie mich kennen.«
»Sie sind hier«, wiederholte sie. »Jetzt. Was bedeutet es denn, jemanden zu kennen?«
Ich dachte daran, wie schön es gewesen war, in der Küche zu arbeiten, allein, und wie aufgebracht ich jetzt war. Ihre Ruhe machte mich wahnsinnig. Ich wollte Streit. Ich sollte ihr den Brokkoli an den Kopf werfen.
»Warum fragen Sie mich nichts? Fragen Sie mich, was mirzu schaffen macht. Fragen Sie mich, warum es mir schlecht geht.«
»Sie haben gesagt, es läge an Ihrer Regel.« Sie zögerte. Plötzlich fürchtete ich, sie könnte tatsächlich fragen.
»Was machen
Sie
denn hier?«, sagte ich schnell. »Ich blute. Und was haben Sie für eine Ausrede?«
Sie zog lächelnd die Lippen ein.
»Brauchen Sie eine Schüssel Müsli, so wie Ralph? Der war vorhin auch schon hier. Er isst wie ein Scheunendrescher.«
Mrs. Harper drehte sich um, rollte hinüber zum Heißwasserboiler, nahm sich einen Becher und einen Beutel grünen Tee und füllte den Becher mit dampfendem Wasser.
»Ich habe Halsschmerzen. Ich brauche eine Tasse Tee.« Wieder zögerte sie. »Sie fragen, warum ich nicht wissen möchte, was Ihnen zu schaffen macht, warum ich keine Fragen stelle. Aber überlegen Sie mal, Elisabeth – warum sollte ich etwas über Ihre
sankharas
hören wollen? Was würde das nützen? Wenn ich Bescheid wüsste? Ihre vergangenen
sankharas
sind nicht Sie. Ich bin keine Psychologin. Ich kenne mich nicht aus im Analysieren der Lebensgeschichte anderer Menschen. Sie sind schon eine ganze Weile hier. Ihre Geschichten sind nicht mehr Sie. Sie können sie loslassen.«
»Einfach so?«
Ich nahm ein Stück rohen Brokkoli und schob es mir in den Mund. Es war fest und kühl, wie das Ding, das der Zahnarzt einem zwischen die Kiefer klemmt.
»Wenn Sie mir Ihre Vergangenheit erzählen, werden Sie zu Ihrem Unglück zurückkehren, was es auch war. Sie werden sich wieder darin verstricken.«
Ich biss mir auf die Lippen. Es lag etwas in der Luft.
»Vielleicht komme ich darüber hinweg, wenn ich es jemandem erzähle.«
Sie fischte den Teebeutel aus ihrer Tasse und nippte daran. Als sie sich zur Arbeitsfläche umdrehte, sah ich ihren breiten Rücken, ihren dicken Po.
»Machen wir ein Experiment«, sagte sie heiter. »Wenn es Ihnen wirklich ein Bedürfnis ist, können Sie mir Ihre Geschichte erzählen, aber warum erzählen Sie sie nicht so, als wäre sie jemand anderem zugestoßen? Einer
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